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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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verfolgen sollte: nackt, kahl und tot; nicht ein Grashalm, kein Rinnsal. Die Felswände zu beiden Seiten waren wie zerbröckelnde Ruinen kreuz und quer von Furchen durchzogen. Die Schutthalden an ihrem Fuße und die kleinen und großen Steine, die den Boden des Tals bedeckten, waren der beängstigende Hinweis darauf, daß es hier häufig zu Gesteinslawinen kam. Außerdem zeugten sie von den seltenen, aber heftigen Springfluten, die das Wadi geformt hatten.
    Als wir das Tal betraten, wurden nur die Felswände zur Linken vom Sonnenlicht beschienen. Der Talboden lag in tiefem Schatten. Allmählich kroch das Licht die Felsen hinab und auf uns zu, während wir einem Pfad folgten, der sich zwischen Gesteinsbrocken hindurchwand. Schließlich brannte die Sonne mit voller Macht auf uns hernieder. Es erinnerte an die Glut in einem Backofen. Der nackte Erdboden flirrte in der Hitze. Nur das schwere Atmen der Männer und Esel, das Knirschen der Steine unter ihren Füßen und das fröhliche Klappern der Werkzeuge an meinem Gürtel waren zu hören.
    Noch nie war ich so dankbar für meine bequemen neuen Hosen und die glänzenden, kniehohen Stiefel gewesen. Nicht einmal die Pumphosen, die ich bei meinem ersten Besuch in Ägypten getragen hatte, hatten mir – obwohl sie, verglichen mit bodenlangen Röcken, eine Verbesserung darstellten – solche Bewegungsfreiheit verschafft. Ich beneidete die Männer lediglich um die Möglichkeit, mehr Kleidungsstücke abzulegen, als mir die Schicklichkeit gestattete. Emerson hatte selbstverständlich schon nach anderthalb Kilometer die Jacke ausgezogen und die Hemdsärmel hochgekrempelt. Und als die Sonne uns allen den Schweiß auf die Stirn trieb, hatte sich selbst Cyrus mit einem entschuldigenden Blick auf mich seines Sakkos entledigt und seine Krawatte gelockert. Die Baumwollgewänder der Ägypter eigneten sich besser für dieses Klima als europäische Kleidung. Früher hatte ich mich gefragt, wie sie so unbeschwert dahineilen konnten, ohne über ihre Röcke zu stolpern, aber bald stellte ich fest, daß sie keine Hemmungen hatten, den Saum in den Gürtel zu stopfen oder sich völlig zu entblößen, wenn die Umstände es erforderten.
    Nach etwa fünf Kilometern wurde der Abstand zwischen den Felswänden enger, und zu beiden Seiten taten sich schmalere Taler auf. Emerson blieb stehen. »Wir werden hier unser Lager aufschlagen.«
    »Zum Königsgrab geht es doch weiter in diese Richtung«, widersprach Cyrus und wischte sich die feuchte Stirn. »Dieses Wadi hinauf nach Norden …«
    »Im Wadi selbst ist der Boden aber nicht eben genug für Ihre verdammten Zelte. Außerdem befinden sich die anderen Gräber, die ich erwähnt habe, hier in der Nähe. Mindestens eines liegt in dem kleinen Wadi, das nach Süden führt.«
    Cyrus erhob keine weiteren Einsprüche. Das Wort »Grab« hat auf ihn die gleiche Wirkung, die das Wort »Pyramide« in mir auslöst. An Emersons spöttischem Gesichtsausdruck erkannte ich, daß er wußte, meine Vermutung würde sich bestätigen: Die anderen Gräber würden noch verfallener und ausgeplünderter sein als Echnatons verlassene letzte Ruhestätte. Allerdings ist die Hoffnung – wie es so schön heißt – die Kraft, die uns am Leben erhält, und ich konnte Cyrus’ Haltung gut nachvollziehen. Es ist viel vernünftiger, optimistisch anstatt pessimistisch zu sein. Denn wenn einem schon eine Enttäuschung droht, sollte man sich nicht schon im Vorfeld damit herumschlagen.
    Wir überließen es den Männern, das Lager zu errichten – auf einem Boden, der so mit Geröll übersät war, keine leichte Aufgabe – und gingen etwas hundert Meter weiter, wo das Königswadi nach Norden führte. Nach einigen Minuten Fußmarsch erreichten wir die Stelle.
    Schließlich ergriff Cyrus das Wort. »Dieser Ort hat etwas an sich …«, meinte er mit leiser, nachdenklicher Stimme. »Wie war er wirklich, dieser seltsame, geheimnisvolle Mann? Woran glaubte er?«
    An Emersons Gesichtsausdruck erkannte ich, daß auch er sich der Stimmung nicht entziehen konnte, doch als er antwortete, brachte er uns jäh auf den Boden der Tatsachen zurück: »Wichtiger sind die Geheimnisse des Grabes selbst. Echnaton wurde hier beerdigt, darauf würde ich meinen guten Ruf verwetten. Teile seiner Grabbeigaben, einschließlich seines Sarkophags, wurden gefunden. Allerdings wurde dieser massive steinerne Schrein zerschmettert; nur wenige der Bruchstücke sind größer als fünf Zentimeter. Kein Grabräuber würde sich

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