Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
Vom Netzwerk:
Frau, halten Sie mir keine Vorträge!« brüllte Emerson. Er tastete nach seinem Kinn. Da er dort keinen Bart vorfand, an dem er zerren konnte, rieb er besagte Gesichtspartie, bis sie sich rosig verfärbte. »Ich beabsichtigte selbstverständlich, all das zu tun, was Sie gütigerweise vorgeschlagen haben. Da Sie mir zuvorgekommen sind, werden Sie das Vergnügen haben, die Reliefs zu kopieren.«
    Ich wußte genau, was der Grund für diese Anweisung war: Er wollte es mir für den Bart heimzahlen. In den inneren Kammern des Grabes war es heiß wie im Höllenschlund.
    »Gewiß«, antwortete ich kühl. »An welche Technik hatten Sie denn gedacht? Trockene Abdrücke oder Pausen?«
    »An beides«, entgegnete Emerson. Seine Lippen verzogen sich in einer Weise, die man kaum Lächeln nennen konnte. »Ich möchte, daß jeder Kratzer an diesen Wänden festgehalten wird. Eine Technik kann Einzelheiten zutage fördern, die der anderen entgehen. Nachdem Sie beide Ergebnisse verglichen und eine endgültige Zeichnung angefertigt haben, gehen Sie damit zurück ins Grab und vergleichen Sie sie mit der Wand selbst. Wenn Sie wollen, wird René Ihnen helfen. Fangen Sie im Raum E an, und achten Sie darauf, jeden Zentimeter der Wand abzumalen.«
    Raum E war die Grabkammer – der am tiefsten gelegene, entfernteste und heißeste Teil des Grabes.
    »Gewiß«, wiederholte ich. Emerson machte sich mit einem schadenfrohen Grinsen davon. Während er den Männern Vorträge darüber hielt, wie sie weiterarbeiten sollten, nahm ich Abdullah beiseite.
    »Ich weiß nicht, was er vorhat, Abdullah, aber er hat mir befohlen, im tiefsten und abgelegensten Teil des Grabes zu arbeiten, wo ich kein Auge auf ihn haben kann. Er hat mir nicht verraten, was er tun will, doch ich befürchte das Schlimmste. Paß auf ihn auf! Laß ihn nicht allein umherlaufen.«
    »Sorge dich nicht, Sitt Hakim. Seit er uns das letztemal entwischt ist, kümmere ich mich darum, daß stets jemand auf ihn achtet, selbst wenn er schläft oder nur so tut. Er wird uns nicht mehr entschlüpfen.«
    »Ausgezeichnet. Ich vertraue dir wie mir selbst.«
    Ich wollte mich schon umwenden, als der alte Mann zögernd sagte: »Sitt Hakim …«
    »Was ist, Abdullah?«
    »Ich möchte nicht, daß du glaubst, deine Sicherheit läge uns weniger am Herzen.«
    »Das brauchst du mir nicht zu sagen, alter Freund«, erwiderte ich bewegt. »Du und ich, wir kennen, wie ich glaube, das Herz des anderen. Wir beide wissen, daß der Vater der Flüche Schutz nötiger hat als ich. Er ist zwar ein sehr tapferer Mann, aber er begibt sich gern leichtsinnig in Gefahr.« Während ich meinen Gürtel zurechtrückte, fügte ich hinzu: »Ich kann auf mich selbst aufpassen.«
    Abdullahs bärtige Lippen zitterten. »Ja, Sitt! Aber ich hoffe, es beleidigt dich nicht, wenn ich sage, daß ich dem reichen Amerikaner, der auch dein Freund ist, ebenso vertraue wie du mir. Er wird nicht zulassen, daß dir etwas zustößt, solange es in seiner Macht steht.«
    »Mr. Vandergelt ist ein wahrer Freund«, meinte ich. »Wir können von Glück reden, daß wir so treue Freunde haben – und du bist einer der wichtigsten, Abdullah.«
    Nachdem den Höflichkeiten und dem gebührenden Ausdruck der Zuneigung Genüge getan worden war, heftete sich Abdullah wieder an Emersons Fersen. Ich suchte René und wies ihn an, unsere Ausrüstung zusammenzusuchen.
    Selbstverständlich erbot sich Cyrus, mir behilflich zu sein, aber ich wußte, daß er wenig Lust auf eine so sorgfältige und eintönige Arbeit hatte – außerdem verfügte er auch nicht über die nötigen Kenntnisse. Als ich ihm versicherte, ich würde auch gut ohne ihn zurechtkommen, widersprach er nicht. Er hatte bereits ein Auge auf einen Schutthaufen am anderen Ende des Wadi geworden, der ganz in der Nähe der Stelle lag, wo andere Entdecker – einschließlich Emerson – Hinweise auf eine mögliche Graböffnung gefunden hatten. Ich sah ihm an, daß er es kaum erwarten konnte, darin herumzuwühlen.
    René und ich schleppten unsere Papierrollen und Stifte lange Schächte und Treppen hinab, über den halb zugeschütteten Graben hinweg (der mit Bohlen überbrückt war) und eine kurze Rampe hinunter in die Grabkammer. Sie war – um genau zu sein – 10,36 Meter mal 10,40 Meter lang und wies zwei viereckige Säulen und ein erhobenes Podest auf, auf dem einst der Sarkophag gestanden hatte. Der Boden bestand aus gestampftem Lehm, so hart wie gebrannter Ton war. Die Wände und auch die Säulen waren

Weitere Kostenlose Bücher