Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
Vom Netzwerk:
mit bemalten Reliefs verziert. Diese hatte man aus Gips modelliert, der direkt auf den Felsen aufgetragen worden war. Hier, wo der Leichnam des Ketzers gelegen hatte, hatten seine Feinde ihre ganze Wut ausgetobt. Der Großteil der Gipsschicht war zerstört worden. Allerdings waren einige der Figuren vor dem Gipsauftrag grob auf den Stein skizziert worden, und diese Umrisse hatten die Jahrtausende überstanden.
    »Wir fangen an der hinteren Wand an«, sagte ich zu René. »Ich in der rechten Ecke und Sie in der linken. Schauen Sie zuerst zu, wie ich es mache. Ich weiß, daß Sie mit den Techniken vertraut sind, aber ich habe meine eigenen Methoden.«
    Trockene Abdrücke stellt man her, indem man ein dünnes Blatt Papier mit den Fingerspitzen auf das Relief preßt. Nasses Papier führt zu einem genaueren Abdruck, aber oft werden die bröckelnden Reliefs dadurch zerstört und die letzten Farbreste entfernt. Die Technik des Durchreibens muß eigentlich nicht weiter erläutert werden. Dazu sind weiche Bleistifte und ein kräftiger, gleichmäßiger Druck nötig. Diese Arbeit ist sehr anstrengend für Arm- und Handmuskeln, besonders, wenn man an einer vertikalen Oberfläche arbeitet.
    Über die Arbeitsbedingungen will ich mich nicht weiter äußern. Stellen Sie sich die heißeste, staubigste, abgestandenste und trockenste Luft vor, die Sie jemals erlebt haben und denken Sie sich das Ganze doppelt so schlimm. Das verschafft Ihnen eine vage Ahnung dessen, was René und ich an diesem Nachmittag aushalten mußten. Aber ich war fest entschlossen, bei der Stange zu bleiben, bis ich umfiel; und René hatte sich in den Kopf gesetzt, sich nicht von einer Frau übertreffen zu lassen (obwohl er zu klug war, um diese Haltung laut zu äußern). Also legte ich eher ihm als mir zuliebe von Zeit zu Zeit Ruhepausen ein, um frische Luft zu schnappen und etwas zu trinken. Riesige Mengen Wasser waren vonnöten, damit wir nicht völlig vertrockneten. Jedesmal, wenn wir an die Oberfläche kamen, sah ich mich nach Emerson um. Und jedesmal entdeckte ich ihn an einer anderen Stelle: Er maß einen Raum nach, den Charlie bereits abgemessen hatte, und sagte ihm, er habe alles falsch gemacht. Er tadelte Abdullah, weil er eine Tonscherbe in einer Bodenritze übersehen hatte. Oder er tyrannisierte die kleine Helferschar, die unter Cyrus’ Leitung schaufelte. René und mich ließ er den Großteil des Nachmittags in Ruhe. Als er schließlich den Gang hinuntergestapft kam, teilte er uns mit, es sei Zeit, das Tagwerk zu beenden.
    René stieß ein leises Stöhnen aus. »Sobald ich mit diesem Blatt Papier fertig bin.«
    Emerson nahm eines der durchgeriebenen Blätter zur Hand, mit dem ich eben fertig geworden war und hielt es gegen das Licht. »Hmmm«, brummte er und stapfte davon.
    Als wir herauskamen, lag das Tal in blauen Schatten. Keuchend sank René am Rand des Schachtes zusammen. Ich reichte ihm meine Feldflasche. Zwar war das Wasser heiß genug, um damit Tee zu kochen, aber es belebte ihn soweit, daß er seinen Weg fortsetzen konnte. Allerdings mußte ich ihm den Abhang hinabhelfen.
    »Glück gehabt?« fragte ich Cyrus, der unten wartete.
    »Nicht viel. Emerson besteht darauf, daß wir jeden verdammten Quadratzentimeter Sand durchkämmen. Auf diese Weise wird es zwei Wochen dauern, bis wir zum Felsboden vorgestoßen sind. Bis jetzt haben wir einen Hammer aus Feldspat, von der Art, mit der die Menschen im Altertum Steine zertrümmerten, sowie vier Tonkrüge gefunden.« Cyrus wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn und sah mich an. »Aber mein armes Mädchen, Sie sehen ja aus, als hätten Sie den Tag im Dampfbad verbracht. Bestimmt sind Sie völlig erschöpft.«
    »Nicht im mindesten. Eine Tasse Tee und ein bißchen warmes Wasser, um mir das Gesicht zu waschen, werden mich gleich wieder auf die Beine bringen.«
    »Da weiß ich etwas Besseres«, meinte Cyrus und nahm mich beim Arm. »Schauen Sie, was meine Männer geleistet haben.«
    Seine Männer hatten wirklich ein Wunder zustande gebracht. Das Gelände war für ein Lager denkbar ungeeignet. Zuerst einmal war es so eng, daß die Zelte in einer langen Reihe aufgestellt werden mußten, anstatt sie kreisförmig anzuordnen. Den Boden völlig von Felsbrocken zu befreien, hätte Wochen gedauert, aber die Männer hatten einige der größeren Steine beiseite gerollt und eine verhältnismäßig glatte Fläche geebnet, auf der man die Zelte errichten konnte. Teppiche und Matratzen polsterten den

Weitere Kostenlose Bücher