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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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es ihm gelungen, Sie zu entführen. Und heute nacht …«
    »Heute nacht hat er meinem Befehl gehorcht«, sagte Emerson. »Ich hatte es nicht darauf angelegt, Vincey zu töten, aber ich war dazu bereit, falls mir keine andere Wahl bleiben sollte. Er fing allmählich an, mir lästig zu werden. Allerdings hätte ich ihn lieber lebend gefaßt, und ich habe damit gerechnet, daß er dem Kater folgen würde, wenn dieser mir folgte.«
    »Wie haben Sie ihm das beigebracht?« rief ich aus. »Mit Hühnchen«, sagte Emerson. Er hielt vor meiner Tür an und drehte mit einer Hand den Knauf. »Und natürlich mit Hilfe meiner charismatischen Persönlichkeit.«
    Der Steward hatte die Lampen entzündet. Als sich die Tür öffnete, stieß ich einen Schrei aus, denn vor mir standen zwei undeutlich erkennbare, aber schreckliche Gestalten, mit zerfetzten Kleidern, wildem Blick aus rotumränderten Augen, die abgezehrten Gesichter mit grauem Staub bedeckt.
    Es war unser Spiegelbild in dem großen Spiegel. Emerson stubste den Kater beiseite, stieß die Tür mit dem Fuß zu, legte mich auf dem Bett ab und ließ sich mit einem tiefen Seufzer neben mich niederfallen. »Werden wir allmählich alt, Peabody? Ich fühle mich ein wenig erschöpft.«
    »Oh, nein, mein Lieber«, erwiderte ich geistesabwesend.
    »Jeder wäre nach so einem Tag erschöpft.«
    Emerson richtete sich auf. »Diese Beteuerungen überzeugen mich nicht. Ich werde sie einmal überprüfen.« Und mit festem Griff preßte er mich an sich und senkte seinen Mund auf den meinen.
    Er küßte mich ziemlich lange und überschüttete mich mit weiteren Zärtlichkeitsbeweisen, so daß ich fast die erstaunliche Erkenntnis vergaß, die sich meinem benommenen Kopf schlagartig eröffnet hatte. Schließlich gelang es mir, meine Lippen lange genug freizubekommen, um zu keuchen: »Emerson! Sind Sie sich im klaren, daß ich verheiratet bin …«
    »… mit mir?« Emerson rückte ein Stück von mir ab. »Das hoffe ich doch, Peabody, denn falls du nicht meine Frau wärst, wäre das, was ich jetzt vorhabe, möglicherweise ungesetzlich, sicherlich unmoralisch und wahrscheinlich eines englischen Gentlemans nicht würdig. Diese verdammten Knopflöcher soll der Teufel holen, sie sind immer zu …«
    Die Bluse war jedenfalls ruiniert.
    *
    Einige Zeit später (eine gehörige Zeit später, um genau zu sein) flüsterte ich: »Wann hast du dein Gedächtnis wiedergefunden, Emerson?«
    Er hatte den Arm um mich gelegt, mein Kopf ruhte auf seiner Brust, und alle Wonnen des Himmels hätten die meinen nicht übertreffen können. (Obgleich ich eine solche unchristliche Ansicht nur im Rahmen dieser vertraulichen Aufzeichnungen eingestehen würde.) Wir waren in vollkommenem Gleichklang, und das würde immer so bleiben; denn wie hätte ein Mißton eine solche Harmonie verderben können?
    »Es war ein denkwürdiger Augenblick«, erwiderte Emerson. »Als ich sah, wie du herangestürmt kamst und mit dieser lächerlichen kleinen Pistole herumgefuchtelt hast, ohne dich im geringsten um deine eigene Sicherheit zu kümmern … Und dann hast du die Worte gesprochen, die den Bann gebrochen haben: ›Schon wieder ein Hemd ruiniert.‹«
    »O Emerson, wie unromantisch! Und ich habe gedacht …« Ich schob seinen Arm beiseite und richtete mich auf. Er versuchte mich zu fassen; ich krabbelte auf allen vieren aus seiner Reichweite. »Zum Teufel, Emerson!« rief ich zornig aus. »Das war schon vor vielen, vielen Tagen! Du willst also sagen, daß du zugesehen hast, wie ich im Ungewissen schwebte, wie ich von Zweifeln gemartert wurde, wie ich das Schlimmste befürchtete, und das Tag für Tag und Tag für …«
    »Aber, Peabody, beruhige dich doch.« Emerson hievte sich in Sitzposition und lehnte sich gegen die Kissen. »So einfach war das nicht. Komm her, dann erkläre ich es dir.«
    »Mit einer Erklärung ist es nicht getan!« schrie ich. »Du bist der schlimmste …«
    »Komm her, Peabody«, sagte Emerson.
    Ich kam.
    Nach einer kurzen Unterbrechung hob Emerson zu seiner Erklärung an: »Diese plötzliche Erkenntnis verschlug mir regelrecht die Sprache; sie traf mich wie ein Blitzschlag, so betäubend und auch so abrupt. In den folgenden Tagen kehrten immer mehr Bruchstücke der Erinnerung wieder, aber es dauerte einige Zeit, bis ich all diese Mosaiksteine zusammenfügen und sie an der richtigen Stelle einordnen konnte. Wenn ich sage, daß ich vollkommen verwirrt war, ist das eine glatte Untertreibung. Du wirst doch wohl zugeben, daß

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