Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod
überzeugen, daß sie bei uns besser aufgehoben sei als bei Vincey. Sie … Warum grinst du so, Peabody?«
»Es ist nichts, mein Liebling. Sprich bitte weiter.«
»Hmmm«, meinte Emerson. »Ich legte ihr den ganzen Fall dar und versprach ihr, daß sie straffrei ausgehen würde, wenn sie mit uns käme, andernfalls jedoch würde sie ins Gefängnis wandern. Die Nachricht, die sie an diesem Tag weiterleitete, belastete sie nicht. Es war nur eine Mitteilung an Vincey, daß ich am Abend bei den nördlichen Klippen sein würde.«
»Aber«, sagte Abdullah, der weder an den üblen Machenschaften von Frauen und noch weniger an deren Läuterung interessiert war, »warum haben die Männer, die dich angeblich verteidigen sollten, statt dessen mich gefangengenommen? Standen sie denn auch im Sold dieses Schurken? Denn sicherlich hätte Vandergelt Effendi nicht …«
»Das ist richtig, Abdullah«, sagte ich. »Emerson, ich glaube, wir sollten jetzt besser gehen. Du hast noch nicht gegessen und mußt auch sehr müde sein.«
Emerson verstand meinen Wink. Das war kein Thema, das ich gerne erörtern wollte. Angesichts der noch frischen Erinnerung daran, wie Cyrus sich geopfert hatte, wollte und konnte ich nicht darüber nachdenken, daß er uns fast zum Verhängnis geworden wäre. Ich wußte, aus welchem Grund er diese einzige unehrenhafte Tat seines ehrenhaften Lebens begangen hatte, und ich machte mir Vorwürfe, da ich nicht erkannt hatte, wie tief seine Gefühle für mich waren. Dadurch, daß ich ihn zurückgewiesen hatte, hatte ich ihn in den Wahnsinn getrieben. Zeitweilige Geistesverwirrung war die freundlichste und wahrscheinlichste Erklärung für seinen Betrug an Emerson – den er mit seinem Leben büßen mußte.
Bertha erschien nicht zum Dinner. Als wir sie suchen gingen, fanden wir ihre Kabine leer vor; ihre wenigen Habseligkeiten waren verschwunden. Wir fanden heraus, daß mehrere Stunden zuvor eine Frau, auf die ihre Beschreibung zutraf – die, wie ich zugebe, auf die meisten Frauen im Dorf gepaßt hätte – ein Boot gemietet und über den Fluß gesetzt hatte.
Zu meiner Überraschung war Emerson nicht überrascht – oder zumindest tat er so. Um ganz aufrichtig zu sein – worum ich mich auch stets bemühe (zumindest auf den Seiten dieses vertraulichen Journals) –, war es für mich eine Erleichterung, sie loszusein. Ob wir in ihrer Schuld standen, war fraglich; eine Aufrechnung des Schlechten mit dem Guten wäre vermutlich nicht zu ihren Gunsten ausgefallen. Aber sie war eine Frau und hatte viel durchgemacht. Allerdings wäre es nun – wie ich Emerson darlegte – wirklich sehr schwierig geworden, für eine solche Person einen passenden Beruf zu finden.
»Hmmm«, meinte Emerson und strich sich über das Grübchen an seinem Kinn. »Ich würde eher vermuten, Peabody, daß sie bereits einen passenden Beruf gefunden hat.«
Er weigerte sich, diese rätselhafte Bemerkung näher zu erläutern, also drängte ich auch nicht darauf, um nicht Gefühle zu wecken, die womöglich die Aktivitäten beeinträchtigen würden, welche ich für den Rest des Abends geplant hatte.
*
Dank der fleißigen Hilfe von Cyrus’ Steward erreichten wir am folgenden Tag noch den Nachmittagszug. Er verabschiedete sich mit einer tiefen Verbeugung, als wir ihm dankten und Lebewohl sagten. Ich versicherte ihm, falls er eine Empfehlung benötige, würde ich mich glücklich schätzen, ihm das Lob zu bescheinigen, das seinen hervorragenden Diensten gebührte. Ich war traurig, von der Nofretete Abschied nehmen zu müssen. Ich glaubte nicht, daß ich sie wiedersehen würde, denn wie ich bereits sagte, verschwanden solche eleganten Segelboote allmählich vom Nil.
Den größten Teil der Strecke über schlief Emerson. Anubis hatte sich auf dem Sitz neben ihm zusammengerollt. Anscheinend besaßen wir jetzt eine zweite Katze. Anubis folgte Emerson so hingebungsvoll wie Bastet Ramses folgte, und ich kannte den sentimentalen Charakter meines Gatten gut genug, um sicher zu sein, daß er das Tier nicht weggeben würde – besonders, wenn es ihm solch schmeichelhafte Aufmerksamkeit zollte. Daß Anubis sich einem neuen Herrn anschloß, war kein Zeichen für kaltblütigen Eigennutz; vielmehr zeigte es, daß der Kater so klug war, Emersons überlegenen Charakter zu schätzen. Ich fragte mich, wie Bastet auf den Neuankömmling reagieren würde. Die Aussichten waren ein wenig beängstigend.
Allerdings gab es an jenem Tag wenig Platz für düstere Vorahnungen. Ich
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