Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
Vom Netzwerk:
vor. Wie er sich Einlaß verschafft hatte, wußte ich nicht; er kam und ging, wie es ihm gefiel, so geheimnisvoll wie der böse Geist, für den die Diener ihn hielten. Abdullah haßte das arme Tier so sehr, wie er ihn fürchtete, und gab ihm die Schuld an Emersons Entführung. Selbstverständlich war das Unsinn. Man kann Katzen nicht für ihre Handlungen verantwortlich machen, denn schließlich verfügen sie nicht über moralische Werte. Wäre ich abergläubisch gewesen, hätte ich mir einbilden können, daß Anubis seine unglückselige Beteiligung an der Katastrophe bedauerte. Er verbrachte eine Menge Zeit damit, daß er im Haus umherschlich, als würde er etwas – oder jemanden? – suchen. Außerdem hielt er sich oft in meinem Zimmer auf, ließ meine Liebkosungen über sich ergehen, ja er verlangte geradezu danach. Das weiche Fell einer Katze zu berühren, hat eine erstaunlich beruhigende Wirkung.
    Nachdem ich den Kater angemessen, wenn auch etwas hastig begrüßt hatte, zog ich mich rasch um. Ich konnte nicht solange warten, bis Cyrus das Haus verlassen hatte: Abdullah und ich mußten den Fluß überqueren und eine beträchtliche Wegstrecke zurücklegen, und ich wollte das verdächtige Haus noch vor Einbruch der Dunkelheit erreichen. Heimlich in unbekanntes Terrain einzudringen, kann des Nachts sehr gefährlich werden. Es dauerte nur ein paar Minuten, bis ich mein Rüschenkleid aus- und mein Arbeitsgewand angezogen hatte. Automatisch griff ich nach meinem Gürtel, doch eine innere Stimme ließ mich innehalten. »Damit schepperst du wie eine Blaskapelle, Peabody«, kam es mir in den Sinn. Eisern bezwang ich das Gefühl, das mich zu überkommen drohte, legte den Gürtel beiseite und steckte Revolver und Messer in die Hosentaschen. Dann schloß ich die Tür ab – wobei ich mich vergewisserte, daß Anubis im Zimmer war –, und trat auf den Balkon. Wie sich herausstellte, war der verdammte Weinstock, an dem ich hatte hinunterklettern wollen, zu weit entfernt. Also mußte ich mich, an den Armen hängend, aus einer beträchtlichen Höhe hinunterfallen lassen. Zum Glück befand sich unter mir ein Blumenbeet. Cyrus’ Petunien und Stockrosen federten meinen Sprung gut ab. Abdullah wartete bereits. Ich verlor kein Wort über die Vorbereitungen, die er getroffen hatte – die Esel, die ablegebereite Felukka, die Pferde, die am anderen Ufer warteten. Mich beherrschte ausschließlich ein einziger Gedanke: Bald würde ich ihn sehen, ihn berühren, spüren, wie er den Arm um mich legte. Denn – wie ich sicherlich nicht betonen muß – beabsichtigte ich keineswegs, mich mit einer vorsichtigen Erkundung und einem strategischen Rückzug zu begnügen. Meine Finger glitten über die Pistole in meiner Tasche. Wenn er in diesem Haus war, würde ich ihn herausholen, und zwar heute, ganz gleich, wer sich uns in den Weg stellen mochte.
    Der Pfad, den Abdullah einschlug, folgte einem Bewässerungsgraben durch Kohl- und Baumwollfelder. Halbnackte Arbeiter richteten sich auf und blickten uns nach, als wir an ihnen vorbeipreschten. Kinder, die in einem Hof spielten, winkten und riefen zu uns herüber. Doch Abdullah verlangsamte seine Geschwindigkeit für nichts und niemanden. Als ein unvorsichtiger Ziegenbock – dessen Bart und langgezogenes Gesicht in gewisser Weise an meinen Freund Cyrus erinnerten – auf die Straße hinaustrottete, stieß Abdullah seinem Pferd die bloßen Fersen in die Flanken und setzte mit einem Sprung über das Tier hinweg. Ich folgte seinem Beispiel.
    Schließlich hielt Abdullah mitten in einer Ansammlung von Hütten an, wo ein anderer Pfad den unseren kreuzte. Wir stiegen ab. Der Ort wirkte seltsam verlassen; außer ein paar Männern, die unter einem grobgezimmerten Holzdach saßen und Kaffee tranken, war niemand zu sehen. Einer von ihnen kam auf uns zu und überreichte Abdullah ein Kleiderbündel, dann führte er die Pferde weg.
    »Ab hier müssen wir zu Fuß gehen«, sagte Abdullah.
    »Willst du das hier überziehen, Sitt?«
    Er öffnete das Bündel – es war ein bodenlanges pechschwarzes Frauengewand mit dem dazugehörenden Burko, dem Gesichtsschleier. Nachdem ich es angelegt hatte, nickte Abdullah zustimmend. »Sehr gut. Du mußt hinter mir gehen, Sitt, und darfst nicht wie ein Mann schreiten. Schaffst du das?«
    Die Lippen unter seinem Bart zuckten. Ich lächelte zurück. »Wenn ich es vergessen sollte, Abdullah, mußt du mich schlagen. Aber ich werde daran denken.«
    »Gut. Komm jetzt. Es ist nicht

Weitere Kostenlose Bücher