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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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weit.«
    Während unseres Fußmarsches blickte ich zur Sonne empor. Nach so vielen Jahren in Ägypten konnte ich an ihrem Stand genauso leicht die Zeit ablesen wie von einer Uhr; in eben dieser Minute hatten Cyrus’ Kundschafter wahrscheinlich schon ihre Plätze auf der Terrasse des Hotels Winter Palace eingenommen. War er dort, der unbekannte Schurke, der Urheber dieses feigen Komplotts? Ich betete, er möge dort sein. Denn es würde unsere Rettungsaktion erleichtern, wenn er sich nicht in seinem Haus befand.
    Mein Herz machte einen gewaltigen Satz, als ich eine hohe Mauer aus Lehmziegeln vor uns sah. Um sie herum standen Palmen und staubbedeckte Akazien, und über ihrem Rand konnte man ein ziegelbedecktes Hausdach erkennen. Es war ein großes Anwesen – für ägyptische Verhältnisse ein Landsitz – mit Haus, Gärten und Nebengebäuden, eingefriedet von einer Mauer, die vor neugierigen Blicken und ungebetenen Gästen schützte. Ohne den Schritt zu verlangsamen, ging Abdullah an der Mauer entlang; ich schlurfte demütig hinter ihm her, gesenkten Hauptes und pochenden Herzens. Aus den Augenwinkeln erkannte ich, daß die Mauer hoch und das hölzerne Tor geschlossen war.
    Als wir nach etwa zwanzig Metern das Ende der Mauer erreicht hatten, warf Abdullah einen schnellen Blick über die Schulter und bog um die Ecke, wobei er mich hinter sich her zog. Die Mauer verlief nun rechtwinklig zur Straße. Nach einem weiteren Richtungswechsel befanden wir uns an der dritten Seite der Einfriedung, und nach ein paar Metern blieb Abdullah stehen und fuchtelte mit den Händen.
    Was er damit sagen wollte, bedurfte keiner Erklärung. Ein Zuckerrohrfeld hinter uns bildete eine grüne Mauer, die uns vor den Blicken vorbeikommender Passanten schützte. Wir befanden uns nun an der Rückseite des Anwesens und so weit vom Haupthaus entfernt wie möglich. Lehmziegel, die in Oberägypten überall als Baumaterial verwendet werden, sind praktisch, aber nicht sehr haltbar; die Ziegel und ihre verputzte Außenfläche waren zerbröckelt, wodurch sich Risse und Spalten gebildet hatten. »Ich werde als erster hinaufsteigen«, flüsterte er. »Nein, das wirst du nicht«, erwiderte ich. »Wir müssen erst die Lage erkunden, ehe wir hineingehen, und ich bin jünger … das heißt, ich bin leichter als du. Hilf mir hinauf.«
    Ich streifte den schwarzen Umhang und den Schleier ab. Wenn man uns drinnen entdeckte, hätte uns eine Verkleidung sowieso nichts genützt. Ich stieg mit der Stiefelspitze in ein passendes Loch. Abdullah – der schon lange wußte, daß es reine Zeitverschwendung war, mit mir zu streiten – stützte meinen anderen Stiefel mit verschränkten Händen und hob mich soweit, bis ich über den Rand der Mauer blicken konnte.
    Ich hatte gehofft, einen Garten mit Sträuchern und Bäumen zu erblicken, hinter denen wir uns hätten verbergen können. Doch eine solche Deckung blieb uns versagt. Vor mir lag ein völlig nackter Platz, der mit den üblichen Haushaltsabfällen übersät war – Scherben zerbrochener Töpfe, rostige Metallteile, verfaulte Melonen- und Orangenschalen. Genau solcher Müll läßt das Herz eines Archäologen höher schlagen. Müllberge dieser Art entstehen in Ägypten immer noch zuhauf, denn normalerweise werfen die Hausbewohner ihre Abfälle einfach in den Hinterhof. Dieser Hof unterschied sich in seiner Häßlichkeit nicht von den anderen, die ich bisher gesehen hatte – ein deutlicher Hinweis darauf, daß der gegenwärtige Bewohner des Hauses nur vorübergehend hier lebte und sich nicht um Hygiene und Äußerlichkeiten scherte.
    Ungewöhnlich war nur, daß weit und breit kein Tier zu sehen war. Kein Huhn scharrte im Dreck, keine Ziege, kein Esel knabberte an dem spärlich sprießenden Unkraut.
    Ein offener, mit Schilfrohr bedeckter Stall hatte, wie dem ausgestreuten Stroh und anderen Anzeichen zu entnehmen war, einst als Unterstand für Tiere gedient. Eine Reihe dunkler Tamarisken verdeckten die Rückseite des Wohnhauses zur Hälfte. Ich konnte noch ein weiteres Gebäude erkennen: ein kleines, fensterloses Haus von etwa neun Quadratmetern Grundfläche. Anders als das übrige Anwesen zeigte es Spuren kürzlicher Renovierung. Seine Wände hatten keine Spalten; jeder Riß war frisch verputzt, wie man an den hellen Streifen auf dem alten graubraunen Untergrund erkennen konnte. Das Flachdach bestand aus festem Material, nicht aus dem üblichen, mit Mörtel beschmiertem Schilfrohr.
    Etwas Wertvolles mußte sich darin

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