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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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armer Ramses.
    Was Nefret betraf, bestätigte ihr Verhalten meinen anfänglichen Eindruck von ihr und überzeugte mich, daß sie wirklich ausgezeichnet in unsere Familie paßte. Sie hatte ebenso entschlossen und selbständig gehandelt, wie ich es getan hätte – und ebenso wirkungsvoll. Auch meine Art ist es nicht, mich zu verkriechen.
    Die bloße Vorstellung, Ramses könne an meine Seite eilen, um mich zu beschützen, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren, und ich hoffte, Walter würde ihn daran hindern können, eine Bank zu überfallen oder Straßenräuber zu spielen, um das Fahrgeld aufzutreiben. Allerdings zweifelte ich nicht an der Aufrichtigkeit seiner Beteuerungen. Ich durfte nicht vergessen, am nächsten Tag zu telegraphieren, obwohl ich vor der Schwierigkeit stand, zu entscheiden, wie genau ich die Botschaft abfassen sollte, wenn ich ihnen alles mitteilen wollte, ohne sie zu ängstigen …
    In diesem Augenblick ließ mich ein Rascheln des Leinenlakens an Emersons Seite eilen. Er hatte den Kopf gewandt! Es war eine kaum merkliche Bewegung, und er rührte sich nicht mehr, aber den Rest der Nacht saß ich über ihn gebeugt, zählte jeden Atemzug und fuhr mit sanften Fingern jede Falte auf seinem Gesicht nach.
    Der Bart mußte auf jeden Fall weg. Im Gegensatz zu seinem Haar ist Emersons Bart hart und kratzig. Auch aus ästhetischen Gründen konnte ich ihm wenig abgewinnen, denn er verbarg die wunderbar männlichen Konturen von Kiefer und Kinn und das Grübchen.
    In Zeiten gefühlshafter Erregung neigt man dazu, seine Gedanken um Nichtigkeiten kreisen zu lassen. Das ist eine altbekannte Tatsache und wahrscheinlich auch der Grund, warum ich nicht über weitere Probleme nachdachte, die weit wichtiger waren als Emersons Bart.
    Als Cyrus am folgenden Morgen hereinkam, um mir ein Frühstückstablett zu bringen und sich zu erkundigen, wie wir die Nacht verbracht hatten, fielen sie mir wieder ein. Ich überredete ihn – mühelos –, mit mir eine Tasse Kaffee zu trinken, und unterhielt ihn, indem ich ihm Auszüge aus Ramses’ Brief vorlas.
    »Ich muß sofort telegraphieren, um sie zu beruhigen«, sagte ich. »Die Frage ist nur, wieviel ich berichten soll. Sie wissen nicht, was geschehen ist …«
    »Meine liebe Amelia!« Cyrus, der kichernd den Kopf geschüttelt hatte, wurde sofort ernst. »Wenn sie es auch noch nicht wissen, werden sie’s doch bald erfahren. Wir haben aus seinem Verschwinden kein Geheimnis gemacht – verflixt, wir haben die ganze Stadt mit Plakaten zugepflastert. Wenn ich nicht völlig falsch liege, werden die englischen Zeitungen durch ihre Kairoer Korrespondenten Wind davon bekommen, und dann sind wir in den Schlagzeilen. Wie Sie sicher wissen, sind Sie und Ihr Gatte den Reportern immer einen Bericht wert.«
    Wie ernst unsere Lage war, wurde mir sofort klar. Mit Cyrus’ Hilfe entschied ich, was zu tun sei. Wir mußten sofort telegraphieren und unseren Lieben mitteilen, daß Emerson gefunden war und es uns beiden gutging. Zudem mußten wir sie warnen, nichts zu glauben, was in den Zeitungen stand. »Bei dem Gedanken, wie die Journalisten die Tatsachen verdrehen werden, wird mir übel«, sagte ich finster.
    »Verflixt, Cyrus, ich hätte damit rechnen müssen. Schließlich hatte ich schon genügend unangenehme Begegnungen mit den ›Herren‹ von der Presse.«
    »Sie hatten Wichtigeres im Kopf, meine Liebe. Jetzt kommt es vor allem darauf an, den armen Emerson wieder auf die Beine und in den Vollbesitz seiner geistigen Kräfte zu bringen. Dann kümmert er sich schon um die Presse.«
    »Keiner kann das besser als er«, antwortete ich mit einem sehnsüchtigen Blick auf das stille Gesicht meines Gatten. »Doch die Gefahr ist noch nicht ausgestanden. Der Mann, der für dieses Verbrechen verantwortlich ist, konnte entkommen. Wir dürfen nicht davon ausgehen, daß er sein Vorhaben aufgeben wird. Wir müssen jeden Augenblick auf der Hut sein. Besonders solange Emerson hilflos im Bett liegt.«
    »Machen Sie sich deswegen keine Sorgen.« Cyrus strich sich über den Spitzbart. »Abdullahs Verwandte haben das Haus umzingelt wie eine Horde Apachen, die ein Fort belagern. Sie haben bereits meinen Koch verprügelt und einem Dattelverkäufer die Hölle heiß gemacht.«
    Da ich in diesem Punkt also beruhigt sein konnte, widmete ich mich, nachdem das Telegramm abgeschickt worden war, wieder dem, woran mein Herz am meisten hing. Es war eine schreckliche Zeit, denn als die Wirkung des Opiums nachließ, zeigten

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