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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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gezielt war, daß es Robin Hood zur Ehre gereicht hätte (falls man der Legende trauen kann, was ich bezweifle).
    Den Bogen, den sie unter ihrem schweren Umhang verborgen hatte (es war ziemlich kühl), hatte sie aus Nubien mitgebracht. Anders als die Kompaktbogen, die das Militär benutzt, handelt es sich um eine Waffe mit nur einem Bogenholz, nur etwa neunzig Zentimeter lang, wie man ihn zur Jagd benutzt. Aber warum, könnte man sich fragen, hatte sie es für ratsam gehalten, diese Waffe bei sich zuführen? Ich stellte diese Frage in der Tat, und sie antwortete mir, nachdem sich meine lieben Freunde zum Kriegsrat um mein Bett versammelt hatten.
    »Seit dem Telegramm des Professors hatte ich immer eine Waffe griffbereit«, sagte sie seelenruhig. »Er ist kein Mann, der vor einem Schatten erschrickt, und obwohl ich unseren treuen Freunden für ihren Schutz sehr dankbar bin, ist es nicht meine Art, mich zu verkriechen, während andere bei meiner Verteidigung ihr Leben aufs Spiel setzen. Der Professor hat deutlich gemacht, daß Ramses und ich in Gefahr schweben, nicht etwa ermordet, aber entführt zu werden. Wir wissen, was die Entführer wollen. Wer könnte ihnen diese Auskunft geben? Nur deine Mutter und dein Vater, Ramses. Nur sie wissen den Weg zu dem Ort, den die Verbrecher suchen.«
    »Ich könnte versuchen, den Weg wiederzufinden …«, setzte ich mit einiger Entrüstung an.
    Sie hob den Finger an die Lippen. »Ich weiß, liebster Bruder. Aber in dieser Welt behandelt man Kinder wie Haustiere und traut ihnen kein Gedächtnis zu. Du gehörst zu den wenigen, die das, was sie sagen, auch in die Tat umsetzen können. Ich könnte es nicht. Wenn die Verbrecher dich entführen wollen, dann nur, weil sie eine Geisel brauchen, um aus den Menschen, die dich lieben, Informationen herauszupressen.«
    »Dich auch«, beeilte ich mich, ihr zu versichern. »Die Schurken haben es sich wahrscheinlich so gedacht. Fürchte dich nicht, ich werde mich verteidigen. Ich habe außer dem Bogen auch noch ein Messer bei mir und werde nicht zögern, eines von beiden zu benutzen.« Ihr Gesicht wurde ernst. »Ich habe nicht um uns Angst, sondern um den Professor und um Tante Amelia. Anders als wir, haben sie keine starken Beschützer. Sie schweben in großer Gefahr.«
    Bei ihren weisen Worten fiel mir ein, liebe Mama, lieber Papa, daß ich vor lauter Sorge um sie Eure mißliche Lage vergessen hatte. Ich sollte an Eurer Seite sein. Als ich das gegenüber Onkel Walter zur Sprache brachte, weigerte er sich, mir ein Billett für den Dampfer zu beschaffen, und da ich nur noch ein Pfund, und sieben Shilling besitze, kann ich ohne seine finanzielle Unterstützung den Kauf nicht tätigen. Bitte telegraphiert ihm sofort und sagt ihm, er soll mir erlauben zu fahren. Ich lasse Nefret nur ungern allein, aber die Pflicht (und natürlich die Liebe) eines Sohnes ist stärker als alle übrigen Verbindlichkeiten. Sie kommt auch ohne mich gut zurecht. Außerdem hat sie Gargery und die anderen. Bitte telegraphiert sofort. Bitte seid vorsichtig.
    Euer liebender (und im Augenblick von schrecklicher Sorge gequälter) Sohn Ramses
    P.S.: Gargery war sehr enttäuscht, daß er keine Gelegenheit hatte, Nefret so heldenmütig wie Sir Galahad zu retten.
    P.P.S.: Wenn Ihr sofort telegraphiert, kann ich in zehn Tagen bei Euch sein.
    P.P.P.S.: Höchstens in dreizehn.
    P.P.P.P.S.: Bitte paßt auf Euch auf.
    Es war fast unmöglich, meine Aufmerksamkeit in diesem Augenblick von Emerson abzulenken, aber diesem erstaunlichen Brief gelang es beinahe. Wenn ich mich recht erinnerte, hatte ich Ramses einmal gesagt, man sollte literarische Schnörkel am besten auf die Schriftform beschränken. Offenbar hatte er diesen Rat ernst genommen; doch auch seine zweifelhaften Stilmittel (»Mir schwanden die Sinne«, du meine Güte! Was hatte das Kind bloß gelesen?) konnten seine wahre Besorgnis nicht verbergen. Armer Ramses! Geretteter anstatt Retter zu sein, von einem Pferd zu fallen, aus einem Graben gezogen und – und mit schlammigem Wasser durchweicht – wie ein Sack Schmutzwäsche gepackt zu werden. Und das vor den Augen des Mädchens, das er so gern beeindruckt hätte … Er war entsetzlich gedemütigt worden.
    Und er hatte diese Schlappe wie ein Mann, wie ein Emerson, weggesteckt! Er war voll des Lobes für sie, deren Leistungen die seinen in den Schatten gestellt hatten. Und wie sehr rührte sein klägliches Geständnis mein Mutterherz: »Sie kommt gut ohne mich zurecht.« Armer,

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