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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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kennenlernten.«
    »Hmmm. Vielleicht haben Sie den Schlüssel entdeckt, Mrs. Emerson. Er kann sich klar und deutlich an Ereignisse erinnern, die etwa dreizehn Jahre zurückreichen. Alles, was seitdem geschehen ist, hat er vergessen.«
    »Seit dem Tag, da wir … uns kennenlernten«, meinte ich nachdenklich.
    Der Arzt legte mir die Hand auf die andere Schulter. Offenbar glauben Männer, daß diese Geste eine tröstende Wirkung hat. »Verzweifeln Sie nicht, Mrs. Emerson. Er ist außer Gefahr, aber er ist immer noch viel schwächer, als seine … äh … brüske Art vermuten läßt. Möglicherweise kehrt sein Erinnerungsvermögen zurück, wenn sich sein Gesundheitszustand bessert.«
    »Oder vielleicht nicht«, murmelte Cyrus. »Sie sind aber ziemlich unbekümmert, Doc. Können Sie denn gar nichts tun?«
    »Ich bin kein Nervenarzt«, lautete die entrüstete Antwort. »Ich würde gern die Meinung eines Kollegen hören.«
    »Ich wollte Sie nicht kränken«, sagte Cyrus rasch.
    »Wahrscheinlich sind wir alle ziemlich müde und gereizt. Ein Nervenarzt haben Sie gesagt … Hey! Moment mal!«
    Seine Züge erhellten sich, und er hörte auf, seinen Spitzbart zu bearbeiten, der wegen des ständigen Zwirbelns schlaff herunterhing. »Ich glaube, der liebe Gott ist doch auf unserer Seite. Einer der größten Nervenärzte der Welt befindet sich gerade auf dem Weg nach Luxor. Vielleicht ist er sogar schon angekommen. So was nenne ich Glück im Unglück.«
    »Wie heißt er?« fragte der Arzt zweifelnd.
    »Schadenfreude. Sigismund Schadenfreude. Er ist ein As auf seinem Gebiet. Da können Sie Gift drauf nehmen.«
    »Der Wiener Spezialist? Seine Theorien sind ein wenig unorthodox …«
    »Aber sie funktionieren«, verkündete Cyrus begeistert. »Ich war selbst vor einigen Jahren sein Patient.«
    »Sie, Cyrus?« rief ich aus.
    Cyrus blickte zu Boden und scharrte mit den Füßen wie ein Schuljunge, der etwas ausgefressen hat. »Amelia, Sie erinnern sich gewiß noch an die Sache mit Lady Baskerville. Ich habe dieser Frau mein Herz geschenkt, und sie hat es in tausend Stücke zertrümmert. Einige Zeit lief ich herum wie ein geprügelter Hund, bis ich von Schadenfreude hörte. In wenigen Wochen hatte er mir wieder den Kopf zurechtgerückt.«
    »Es tut mir leid, Cyrus. Davon hatte ich keine Ahnung.«
    »Schnee von gestern, meine Liebe. Seither bin ich fröhlich wie ein Fisch im Wasser. Als ich mich von Schadenfreude verabschiedete, sagte ich ihm, er solle sich bei mir melden, wenn er je nach Ägypten käme. Ich würde ihm zeigen, wie es auf einer archäologischen Ausgrabungsstätte zugeht. Er muß kurz nach meiner Abreise in Kairo angekommen sein. Vor einigen Tagen habe ich seinen Brief erhalten – habe mich nicht darum gekümmert, hatte zu viel um die Ohren –, aber wenn ich mich recht erinnere, wollte er irgendwann diese Woche in Luxor eintreffen. Soll ich schnell loslaufen und nachsehen, ob er zur Verfügung steht?«
    Selbstverständlich ließ sich alles nicht so leicht in die Wege leiten, wie Cyrus in seiner vom Mitleid beflügelten Begeisterung geglaubt hatte. Es war Abend, als er – den berühmten Arzt aus Wien wie ein Hund im Schlepptau – wieder auftauchte.
    Schadenfreude war eine merkwürdige Erscheinung – er hatte ein sehr mageres Gesicht und einen sehr dicken Bauch. Seine Wangen waren so rosig, daß es aussah, als hätte er Rouge aufgelegt, sein Bart so silbrig schimmernd, daß er an einen verrutschten Heiligenschein erinnerte. Braune Knopfaugen spähten unsicher durch dicke Brillengläser. An seinem beruflichen Auftreten war allerdings nicht die geringste Unsicherheit festzustellen.
    »Ein sehr interessanter Fall, gnädige Frau«, verkündete er. »Herr Vandergelt hat mich schon über einige Einzelheiten in Kenntnis gesetzt. Sie haben sich Herrn Emerson doch nicht aufgedrängt, gnädige Frau?«
    Ich erstarrte vor Entrüstung, doch ein Zwinkern und ein Nicken von Cyrus erinnerte mich daran, daß diese unhöfliche Frage auf die mangelnden Fremdsprachenkenntnisse des berühmten Arztes zurückzuführen sein mußte.
    »Er hat fast den ganzen Tag geschlafen«, antwortete ich. »Und ich habe auf meiner Beziehung zu ihm nicht beharrt, wenn es das ist, was Sie meinen. Dr. Wallingford hielt es in diesem Stadium der Krankheit für unklug.«
    »Sehr gut, sehr gut.« Schadenfreude rieb sich die Hände und zeigte mir ein leuchtend weißes Gebiß. »Dann werde ich jetzt den Patienten allein untersuchen. Mit Ihrer Erlaubnis, Frau

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