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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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sich andere, noch beunruhigendere Symptome. Sie rührten, wie Dr. Wallingford vermutete, von weiteren Drogen her, die man Emerson verabreicht hatte. Doch eine Behandlung war nicht möglich, da wir nicht wußten, welcher Art sie waren.
    Abdullah war zu dem Haus, das als Gefängnis gedient hatte, zurückgekehrt und hatte alles leer vorgefunden. Die Polizei behauptete, nichts entfernt zu haben, und ich war geneigt, den Beamten zu glauben, da ich ihnen nicht den Verstand zutraute, Spuren am Tatort zu sichern. Ganz offensichtlich war der Entführer zurückgekehrt, um alles zu beseitigen, was ihn hätte belasten können. Das war ein unheilverkündendes Zeichen, doch ich hatte nicht die Zeit, über die tiefere Bedeutung nachzudenken oder mich mit den Reportern zu befassen, die, wie Cyrus vorausgesagt hatte, das Haus belagerten und nach Nachrichten gierten. Dr. Wallingford bezog eines der Gästezimmer und kümmerte sich um seinen interessantesten Fall. Seine gesamte Aufmerksamkeit war gefragt, denn nach dem Koma folgte ein Delirium, und zwei Tage lang bedurfte es all unserer Kräfte, um Emerson daran zu hindern, entweder sich selbst oder uns Schaden zuzufügen.
    »Wenigstens wissen wir, daß seine Körperkraft nicht gelitten hat«, stellte ich fest, während ich vom Boden aufstand, wohin mich Emersons ausschlagender Arm geschleudert hatte.
    »Das ist die krankhafte Kraft des Wahnsinns«, verkündete Dr. Wallingford und rieb sich die schmerzende Schulter.
    »Trotzdem empfinde ich es als beruhigend«, sagte ich. »Ich habe ihn auch schon früher so erlebt. Es ist meine Schuld, ich hätte eigentlich wissen müssen … Halten Sie seine Füße fest, Cyrus, er versucht schon wieder aufzustehen!«
    Anubis hatte sich klugerweise auf die Kommode zurückgezogen, wo er kauerte und uns aus großen grünen Augen beobachtete. In der kurzen Ruhepause, die auf Emersons Anfall von Erregung folgte, vernahm ich ein leises, grollendes Geräusch. Der Kater schnurrte! Abdullah hätte das als weiteres Zeichen für das Vorhandensein einer teuflischen Intelligenz gedeutet, aber ich verspürte ein merkwürdiges Gefühl wiedererwachender Hoffnung – als sei das Schnurren des Tieres ein gutes Omen.
    Während dieser schrecklichen Stunden bedurfte ich jeglicher Aufmunterung, die ich bekommen konnte. Doch schließlich, als sich die dritte Nacht bereits ihrem Ende näherte, wagte ich zu glauben, das Schlimmste sei überstanden. Endlich lag Emerson still. Wir anderen saßen um sein Bett herum, rieben unsere schmerzenden Beulen und schnappten nach Luft. Alles verschwamm mir vor den Augen. Mir war schwindelig und ich konnte vor Schlafmangel keinen klaren Gedanken fassen. Die Szene war unwirklich, wie die zweidimensionale Photographie eines vergangenen Ereignisses – die qualmende Lampe warf ihr Licht auf die angespannten Gesichter der Zuschauer und die ausgemergelten Züge des Kranken. Es war totenstill bis auf das Rascheln der Blätter draußen vor dem offenen Fenster und Emersons langsamem, regelmäßigem Atem.
    Zuerst wagten meine Sinne nicht, das Zeichen wahrzunehmen. Als ich aufstand und auf Zehenspitzen zum Bett hinüberschlich, folgte mir Dr. Wallingford. Seine Untersuchungen dauerte nicht lange. Dann richtete er sich mit freudiger Miene auf.
    »Er schläft … ein gesunder, natürlicher Schlaf. Gönnen Sie sich jetzt etwas Ruhe, Mrs. Emerson. Wenn er am Morgen aufwacht, möchte er Sie lächelnd und wohlauf sehen.«
    Ich hätte mich gern gesträubt, aber ich konnte es nicht. Cyrus mußte mich fast ins angrenzende Ankleidezimmer tragen, wo für mich ein Feldbett aufgestellt worden war. Mein Unbewußtes – an das ich, obwohl seine Existenz von vielen angezweifelt wird, fest glaube – wußte, daß ich nun nicht mehr wachen mußte. Deshalb schlief ich sechs Stunden lang wie eine Tote. Als ich aufwachte, strotzte ich vor Tatkraft. Ich sprang aus dem Bett und eilte ins Nebenzimmer.
    Zumindest war das meine Absicht, denn eine Erscheinung, die plötzlich vor mir auftauchte, ließ mich mitten im Schritt innehalten. Sie war schrecklich bleich, entsetzlich zerrauft, mit wildem Blick und ungekämmtem Haar. Es dauerte einige Sekunden, ehe ich mein eigenes Spiegelbild im Spiegel über dem Frisiertisch erkannte.
    Ein rascher Blick ins Nebenzimmer sagte mir, daß Emerson noch schlief und daß der gute Doktor mit verrutschter Brille und gelockerter Krawatte in einem Sessel neben dem Bett döste. Eilig machte ich mich daran, einige dringend notwendige

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