Amelia Peabody 08: Der Ring der Pharaonin
eine beredte Fürsprecherin finden.«
»Hetzen Sie meine Angestellten nicht zur Meuterei auf, Carter«, knurrte Emerson.
Howard, der meinen Mann gut kannte, grinste nur, doch Gertrude rief aus: »Oh, Sir, ich hatte nicht die Absicht …«
»Dann sollten Sie lernen, sich klarer auszudrücken. Bei uns kommen Sie nicht weiter, wenn Sie um den heißen Brei herumreden.« Aber sein unwiderstehliches Lächeln und der nachsichtige Blick in seinen blauen Augen zauberten einen träumerischen Ausdruck auf Gertrudes Gesicht. Verflixt, dachte ich, wenn Emerson so weitermacht, wird er sich noch in eine äußerst peinliche Lage bringen.
Allerdings sollte der werte Leser daraus keineswegs schließen, daß ich eifersüchtig war. Eifersucht ist eine Gefühlsregung, zu der ich mich nie herablassen würde, und außerdem hatte Emerson ganz offensichtlich nicht das leiseste Interesse an der armen Gertrude.
Wir beschlossen, Howard nach dem Essen nach Deir el Bahri zurückzubegleiten und dann Gertrude ein paar von Thebens Sehenswürdigkeiten zu zeigen. Es wäre leichtsinnig gewesen, sie allein loszuschicken, denn sie verfügte nicht über die Durchsetzungskraft, die nötig ist, um aufdringliche Bettler, Eseltreiber und Antiquitätenverkäufer zu verscheuchen.
Überdies hatte mir Howard mit seinem Scherz bewußt gemacht, wie sträflich wir sie vernachlässigt hatten. Schließlich hatte ich immer noch keinen Beweis, daß Gertrude eine Spionin und unsere Feindin war; und wenn ich mich mit meinem Verdacht irrte, schuldeten wir ihr dieselbe Höflichkeit, wie sie eigentlich jedem Angestellten zusteht.
Nachdem das entschieden war, kehrte Emerson wieder zu dem Thema zurück, das ihm am Herzen lag. Er glaubte, er ginge diplomatisch vor, doch mich kann er nicht täuschen.
»Ich nehme wohl zu Recht an, daß Sie unter anderem beabsichtigen, den illegalen Antiquitätenhandel zu bekämpfen«, fing er an.
Howard warf mir einen Blick zu, und ich bedachte ihn mit einem aufmunternden Nicken. Dies wiederum verlieh ihm den Mut, eine Meinung zu äußern, die zwar durchaus berechtigt, allerdings nicht nach Emersons Geschmack war: »Professor, Sie wissen ebenso gut wie ich, daß das unter den gegebenen Umständen unmöglich ist. Ich werde mein Bestes tun, um Grabräuber und Leute, die ohne Genehmigung Ausgrabungen durchführen, an ihrem Treiben zu hindern oder festzunehmen. Befinden sich die gestohlenen Kunstgegenstände aber erst einmal im Besitz eines Händlers, bin ich machtlos. Diese Herren behaupten einfach, sie hätten nicht gewußt, daß die Ware aus illegalen Quellen stammt. Schließlich kann ich schlecht die Konsuln ausländischer Regierungen verhaften lassen.«
»Richtig«, pflichtete ich ihm bei. »Und auch nicht die ausländischen Sammler, die von besagten Händlern kaufen.«
Howard machte ein entsetztes Gesicht. »Gütiger Himmel, nein. Das würde einen schrecklichen Skandal heraufbeschwören! Es handelt sich ja nicht nur um Privatleute, sondern um Vertreter gewisser Museen. Ich möchte lieber keine Namen nennen.«
»Warum denn nicht, zum Teufel?« fragte Emerson. »Wir wissen alle, daß Sie auf Budge anspielen. Und er ist nicht der einzige Übeltäter, wenngleich auch der schlimmste. Stellen Sie den Schweinehund zur Rede. Sagen Sie ihm …«
»Emerson!« rief ich aus. »So etwas darfst du nicht verlangen. Howard, achten Sie nicht auf ihn. Wenn Sie auf meinen Mann hören, werden Sie nur Schwierigkeiten bekommen. Takt, mein lieber Howard. Sie müssen taktvoll vorgehen.«
»Aber natürlich«, bemerkte Emerson selbstgerecht. »Das ist auch meine Methode. Takt und Überredungskunst.«
»Indem du Mr. Budge einen Schurken nennst und drohst, ihn niederzuschlagen?«
Howards langes Kinn zitterte vor unterdrücktem Gelächter, doch als er das Wort ergriff, klang er sehr ernst: »Professor, Ihre Gradlinigkeit und Unbestechlichkeit sind uns allen ein Vorbild. Ich möchte Ihnen sagen … das heißt, ich weiß gut, daß ich diese Ernennung zum Großteil Ihnen und Mrs. Emerson verdanke. Ihr Einfluß bei Monsieur Maspero …«
»Unsinn«, brummte Emerson.
»Aber Sir …«
»Kein Wort mehr davon.« Emerson griff nach seiner Pfeife. »Ist in letzter Zeit irgend etwas Ungewöhnliches auf den Markt gekommen?«
»Das passiert ständig«, erwiderte Howard trocken. »Für gewöhnlich erfahre ich erst davon, wenn der Gegenstand von einem Sammler gekauft worden ist.«
Emerson machte eine ungeduldige Handbewegung. »Werden Sie deutlicher.«
»Nun …
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