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Amelia Peabody 09: Ein Rätsel für Ramses

Titel: Amelia Peabody 09: Ein Rätsel für Ramses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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die Gegend betrachtete, zeigte keine Reaktion. Vielleicht bewunderte sie das Licht der späten Nachmittagssonne auf dem goldenen Sand. Allerdings keimte in mir langsam der Verdacht auf, daß das nicht der Fall war. Sie hatte auch kaum mit dem Arzt gesprochen.
    Dolly sah die sich nähernden Reiter als erste. Warum sie nicht hinter den Ställen geblieben waren, wußte ich nicht, aber ich vermutete, daß Ramses irgendwie das Bedürfnis hatte, sich zu profilieren. Das machte er auch hervorragend, muß ich zugeben. Er brachte das schöne, gelehrige Tier mit einem spektakulären Aufbäumen vor der Veranda zum Stehen. Selbst ich hielt vor Bewunderung den Atem an. Ich kannte meinen Sohn gut genug, um zu wissen, daß er keine Gewalt angewandt hatte; seine Hände umfaßten die Zügel ganz locker, und als er sich nach vorn beugte, um den Hals des Pferdes zu tätscheln, warf dieses seinen Kopf zurück wie ein hübsches Mädchen, dem man ein Kompliment gemacht hat.
    Dolly klatschte in die Hände und rannte zum Eingang. »Oh, wie reizend!« schrie sie. »Was für eine schöne Kreatur! Und wie schön Sie reiten können!«
    Ramses warf der eitlen kleinen Gestalt einen verständnislosen Blick zu, und ich revidierte meine frühere Meinung. Wenn er sich wirklich hatte profilieren wollen, war es sicherlich nicht Dolly gewesen, die er beeindrucken wollte. Dann fiel mir ein, daß er auch gar nicht wissen konnte, daß sie hier war; die Entscheidung, den Colonel in unser Haus zu bringen, war erst gefallen, nachdem er und David uns mit der Mumie verlassen hatten.
    Die Jungen sprangen von ihren Pferden, und ich erklärte die Situation. »Miss Bellingham wartet auf Dr. Willoughbys Diagnose, denn er untersucht gerade ihren Vater. Wir dachten, daß es das beste sei, den Colonel hierherzubringen.«
    »Ich werde die Pferde in den Stall bringen«, fing David an. »Nein, warten Sie.« Dolly raffte mit geschickter Hand ihre Röcke und ging auf Risha zu, die sie mit höflichem Desinteresse beobachtete. »Welche Schönheit! Gehört sie Ihnen, Mr. Emerson?«
    »Äh – ja.«
    »Ich darf sie doch sicherlich einmal ausprobieren, oder?«
    »Jetzt?«
    Sie antwortete mit einem glockenhellen Lachen. »Sie Dummkopf! Wie soll ich denn in dieser Aufmachung reiten können?«
    Ramses, offensichtlich der Verzweiflung nahe, wurde durch die Rückkehr von Dr. Willoughby erlöst. Dieser lehnte mein Angebot, eine Tasse Tee mit uns zu trinken, ab und meinte statt dessen: »Ich möchte den Colonel unverzüglich in meine Klinik einweisen. Nicht, daß irgendein Anlaß zur Sorge bestünde«, fügte er mit einem aufmunternden Blick auf Dolly – allerdings mehr auf deren Kehrseite, denn sie hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, ihn anzusehen – hinzu. »Aber ich möchte ihn für einige Tage unter Beobachtung halten. In unserem Hause wird Ihnen keine Annehmlichkeit fehlen, Miss Bellingham, und im Hinblick auf Ihren Vater sind Sie sicherlich auch beruhigter.«
    Das machte Dolly hellhörig. Eine kleine Falte verunzierte die ebenmäßige Haut ihrer Stirn. »Sie wollen, daß ich bei ihm im Krankenhaus bleibe? Aber Sie sagten doch, daß kein Grund zur Sorge bestünde. Warum muß ich denn dann dahin?«
    Ich wußte, was das egoistische kleine Luder dachte. Die ruhige Atmosphäre einer Klinik mit verantwortungsbewußten Mitarbeitern, die sich um sie kümmerten, das war so gar nicht nach ihrem Geschmack. Sie hoffte, daß ich vorschlagen würde, sie könnte bei uns bleiben, und ich war mir sicher, daß sie selbst den Vorschlag machte, wenn ich es nicht tat.
    »Sie können nicht allein im Hotel bleiben«, sagte ich in einem Ton, der keine Widerrede duldete. »Das ist ein sehr vernünftiger Vorschlag. Ich danke Ihnen, Dr. Willoughby.«
    Dolly warf mir einen kühlen, berechnenden Blick zu. Da sie erkannt hatte, daß sie an ihre Grenzen gestoßen war, senkte sie den Kopf und murmelte unterwürfig: »Ja, ich danke Ihnen, Doktor.«
    Dabei hatte sie Ramses mit Sicherheit aus einem Augenwinkel beobachtet, denn als er sich zum Gehen anschickte, gebärdete sie sich wie ein verspieltes Kätzchen. »Ich danke Ihnen so sehr für Ihre Liebenswürdigkeit, Mr. Emerson. Sie werden Ihr Versprechen nicht vergessen?«
    »Ich habe doch gar nichts gemacht«, sagte Ramses. »Äh – welches Versprechen?«
    »Daß ich Ihr wunderschönes Pferd reiten darf.« So langsam riß mir der Geduldsfaden mit Miss Dolly. »Das steht völlig außer Frage, Miss Bellingham. Risha ist Damensättel nicht gewohnt. Sie

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