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Amelia Peabody 09: Ein Rätsel für Ramses

Titel: Amelia Peabody 09: Ein Rätsel für Ramses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Allerdings ließen mich mein Anstand und meine Christenpflicht diese Meinung für mich behalten.
    Ich ordnete einen therapeutischen Schluck aus meiner Brandyflasche an, und dann erhob sich der Colonel, gestützt auf Emersons muskulöse Arme, wieder vorsichtig. »Wo ist Ihre Kutsche?« fragte Emerson. »Und Ihr Dragomane?«
    Ein Mann, der schweigend in der Gruppe von Beobachtern verharrt hatte, kam auf uns zu. Er hatte die dunkle Haut der Nubier und die hervorstehende Hakennase der Araber. Seine übrigen Gesichtszüge wurden von einem dichten Bart verdeckt. »Ich bin der Diener des Howadji, Vater der Flüche.«
    »Und warum zum Teufel paßt du dann nicht auf ihn auf?« fragte Emerson.
    »Er wies mich an, Abstand zu ihm und der jungen Sitt zu halten, bis er mich riefe.«
    Emerson nickte. »Nun – wie heißt du?«
    »Mohammed.«
    »Ich habe dich noch niemals zuvor gesehen. Bist du aus Luxor?«
    »Nein, Vater der Flüche. Ich komme aus Assuan.«
    »Nun, Mohammed, bring den Howadji in seine Kutsche.«
    »Warten Sie«, sagte der Colonel mit schwacher Stimme. »Dolly …«
    Nefret zog mich beiseite. Sie wirkte beunruhigt. »Tante Amelia, wir können sie nicht allein ins Hotel zurückkehren lassen«, flüsterte sie. »Da sie seit gestern abend noch niemanden gefunden haben, hat sie nicht einmal ein Mädchen, das ihr behilflich sein kann. Sie ist doch nicht in der Lage, sich um ihn zu kümmern, und wenn er recht hat, daß sie sich in Gefahr befindet, ist er nicht in der Lage, sie zu beschützen. Ich könnte sie begleiten …«
    »Unter gar keinen Umständen!« rief ich.
    Sie schob ihr kleines Kinn vor. »Irgend etwas muß doch geschehen.«
    »Da stimme ich dir zu.« Ich wandte mich wieder Emerson zu, dem irgendwie mulmig zumute war. Er behauptet zwar, sämtliche Religionen abzulehnen, aber seine moralischen Standpunkte sind höher angesiedelt als die der meisten sogenannten Christen – wenn er sich die Zeit nimmt, darüber nachzudenken. Er hatte darüber nachgedacht; er stöhnte, fluchte allerdings nicht einmal heimlich, als ich den Dragomanen Mohammed bat, seinen Chef in unser Haus zu bringen.
    »Ibrahim wird euch begleiten, um euch den Weg zu zeigen«, schloß ich. »Und ich werde umgehend jemanden nach Luxor schicken, um Dr. Willoughby zu holen.«
    Dolly hatte keinen Ton gesagt und sich, selbst als ihr Vater sie rief, keinen Zentimeter von der Stelle bewegt. Mehr denn je ähnelte sie einer Wachspuppe; ihre braunen Augen waren so ausdruckslos wie Glasmurmeln. Ich stieß sie mit meinem Sonnenschirm an. »Gehen Sie mit Ihrem Vater.«
    »Ja, Ma’am«, sagte Dolly entrückt. »In Ihr Haus, Ma’am?«
    »Wir werden noch vor Ihnen dort eintreffen«, versicherte ich ihr. »Und jetzt beeilen Sie sich, sehen Sie nicht, daß er bereits auf Sie wartet? Je eher er medizinische Betreuung erhält, um so besser.«
    Emerson begleitete sie zu ihrer Kutsche. Ich würde gerne glauben, daß es aus christlicher Nächstenliebe und männlichem Anstand geschah, aber ich glaube eher, daß er sie so schnell wie möglich loswerden wollte. Nefret und ich machten uns auf den Weg über das Felsplateau. Obwohl wir rasch kletterten, hatte uns Emerson bald eingeholt. Natürlich fluchend – wie könnte es anders sein!
    »Das ist reine Atemverschwendung, Emerson«, sagte ich. »Mir gefällt die Situation ebensowenig wie dir, aber wir hatten keine andere Wahl.«
    »Doch, hatten wir. Allerdings«, meinte Emerson zähneknirschend, »wurde uns diese Entscheidung von unserem verfluchten Pflichtbewußtsein auferlegt. Aber auch das hat Grenzen bei mir, Amelia. Ich verlasse mich darauf, daß du sie so schnell wie möglich wieder aus meinem Haus verabschiedest.«
    »Dr. Willoughby möchte den Colonel vielleicht in seiner Klinik beobachten«, meinte Nefret.
    »Genau das wäre auch mein Vorschlag«, sagte ich. »Das ist eindeutig der beste Aufenthaltsort für den Colonel, und dort gibt es Krankenschwestern und Assistentinnen, die sich um das Mädchen kümmern können. Keine Angst, Emerson, bei Einbruch der Dunkelheit sind sie aus unserem Haus verschwunden.«
    »Das wäre auch verdammt besser für sie. Wir haben immer noch eine Mumie, mit der wir uns beschäftigen müssen, Peabody – oder hast du das vergessen? Ich möchte sie heute abend genauer untersuchen.«
    Ich murmelte irgendwelche Beteuerungen. Auch ich wollte mir die Mumie so bald wie möglich genauer ansehen, obwohl ich nun nicht mehr die Spur eines Zweifels an deren Identität hatte.
6. Kapitel
Eigentlich

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