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Amelia Peabody 10: Die Hüter von Luxor

Titel: Amelia Peabody 10: Die Hüter von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Scotland Yard leistete gute Arbeit. Die Daily Yell war die erste, die von meinem kleinen Abenteuer berichtete, das Kevin in der für Journalisten typischen Manier völlig übertrieben dargestellt hatte. Ich las die Geschichte am Abend, nachdem ich am Victoria-Bahnhof mit Emerson den Zug bestiegen hatte. Gargery und sein Knüppel begleiteten Emerson und mich. Er hielt den Knüppel so lange verborgen, bis wir unsere Plätze eingenommen hatten, aber ich hatte das verfluchte Ding bereits gespürt, da er so dicht hinter mir herging, daß es mich pausenlos in den Rücken stieß. Ich bin so liberal gesinnt wie jeder Mann (oder jede Frau), deshalb hatte ich nichts dagegen, ein Erster-Klasse-Abteil mit meinem Butler zu teilen, doch die Anwesenheit von Gargery (und dem Knüppel) wirkte ernüchternd auf mich. Was Emerson und seine Hilfsbereitschaft anbelangte, so kümmerte er sich wirklich rührend um mich. Er nahm die Sache doch ernster, als ich gedacht hatte. Ich bezweifelte, daß Sethos die Kühnheit besaß, es erneut zu wagen, falls er allerdings so dreist war, waren wir in Ägypten sicherlich besser aufgehoben als in England. Unsere getreuen Männer, die unisono schon seit vielen Jahren für uns arbeiteten, hätten zu unserer Verteidigung sogar ihr Leben riskiert.
    Wir konnten England nicht so rasch verlassen, wie Emerson gehofft hatte, doch nach weniger als zwei Wochen standen wir winkend an der Reling des Dampfers und warfen unseren Lieben zum Abschied Kußhände zu. Es regnete zwar nicht, doch der Himmel war bedrohlich bewölkt, und der eisige Wind zerrte an Evelyns Schleier. Gargery hatte seinen Hut abgenommen, obgleich ich ihm das aufgrund der Unbilden der Witterung strikt untersagt hatte. Er wirkte besonders betrübt, denn ich hatte nicht erlaubt, daß er mitkam, um »auf Sie und Miss Nefret aufzupassen, Madam«. Jedes Jahr machte er den gleichen Vorschlag, und er war stets betrübt, wenn ich ablehnte.
    Evelyn versuchte zu lächeln, und Walter winkte stürmisch. Mit ihren vom Weinen verquollenen Augen wirkte Lia wie ein Häufchen Elend. Ihr Kummer war so groß gewesen, daß Walter ihr versprochen hatte, nach Weihnachten mit ihr und Evelyn nach Ägypten zu reisen, sofern sich keine weiteren Zwischenfälle ereigneten. Als das zwischen Schiff und Dock plätschernde Band des dunklen Wassers breiter wurde, bedeckte sie ihr Gesicht mit einem Taschentuch und warf sich in die Arme ihrer Mutter. Die sichtliche Betrübnis der Zurückbleibenden dämpfte unsere gute Laune. Sogar Ramses wirkte niedergeschlagen. Ich hatte nicht damit gerechnet, daß ihm seine Tante und sein Onkel so sehr fehlen würden.
    Als das Schiff sich schließlich Port Said näherte, waren wir zu unserer alten Betriebsamkeit zurückgekehrt, und Vorfreude hatte unsere Melancholie verdrängt. Nachdem wir mißtrauisch jeden Passagier beäugt hatten, insbesondere die Reisenden, die in Gibraltar und Marseille an Bord gegangen waren, hatte Emerson seine Wachsamkeit etwas abgelegt, was mehrere alte Damen, zu denen er besonders reizend gewesen war, sichtlich enttäuschte. (Die jüngeren Damen waren ebenfalls enttäuscht, obwohl er ihnen weniger Aufmerksamkeit schenkte, da selbst er zugab, daß es Sethos einige Schwierigkeiten bereitet hätte, als ein Meter fünfzig große Frau mit glatter Haut und kleinen Füßen aufzutreten.) Nach der üblichen Hektik und Verwirrung am Hafen nahmen wir schließlich unser Gepäck in Empfang und bestiegen den Zug nach Kairo, wo unsere Dahabije vor Anker lag. Diese entzückenden Hausboote, einstmals das bevorzugte Fortbewegungsmittel reicher Touristen auf dem Nil, waren vielfach von Dampfschiffen und dem Zugverkehr ersetzt worden, doch Emerson hatte eines dieser Boote gekauft und es auf meinen Namen getauft, weil er meine Vorliebe für diese Art der Fortbewegung kannte. (Und auch deshalb, weil wir während unseres Aufenthalts in Kairo statt im Hotel auf dem Schiff wohnen konnten. Emerson verabscheut elegante Hotels, Touristen und die Vorstellung, Abendgarderobe tragen zu müssen.)
    Als ich die Amelia wiedersah, fühlte ich mich so glücklich, wie es mir nach einer entsprechend langen Abwesenheit noch nie bewußt geworden war. In den zurückliegenden Jahren hatten wir stets Abdullah, unseren Rais, damit beauftragt, alles für unsere Ankunft vorzubereiten. Abdullah war ein Mann. Muß ich mehr dazu sagen?
    Unter der Besatzung, die zur Begrüßung auf uns wartete, befand sich auch die Person, die Abdullahs Aufgabe übernommen hatte –

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