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Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden

Titel: Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Nefret rasch. »Wir haben uns noch nicht überlegt, wie wir Cyrus beibringen wollen, dass er eine kränkelnde Schwester hat.«
    »Ach du meine Güte«, seufzte ich. »Vermutlich wird er es früher oder später erfahren müssen.«
    »Wir zählen auf dich, Mutter.« Mein Sohn grinste. »Dir wird bestimmt eine überzeugende Erklärung einfallen.«
    »Du meinst wohl Lüge«, brummte Emerson. »Das ist deine starke Seite, Peabody. Schieß los.«
    »Nicht hier, Emerson, wir sind da. Überlass es einfach mir.«
    Ich gestehe, ich habe mich eines Anflugs der Selbstüberhebung schuldig gemacht, als ich im Eifer des Gefechts beteuerte, eine Erklärung für eine schier unerklärliche Situation parat zu haben. Allerdings bin ich es gewohnt, dass dergleichen undankbare Aufgaben an mir hängen bleiben, und ich zweifelte nicht daran, dass mir nach einer gewissen Bedenkzeit eine Lösung einfallen würde. Leider ließ man mir überhaupt keine Zeit. Cyrus empfing uns an der Tür – eine freundschaftliche Geste der Begrüßung. Doch als die anderen in den Salon strebten, nahm er mich beiseite.
    »Also, Amelia, was geht da vor sich?«
    In der Hoffnung, dass er nicht das meinte, was ich befürchtete, versuchte ich es mit einer ausweichenden Reaktion. »Wie bitte, Cyrus?«
    »Wie geht es Emmeline?«
    Ein Grinsen glitt über sein faltiges Gesicht, dieweil er einer Antwort harrte. Unversehens streikten meine grauen Zellen. Ich möchte den Leser sehen, dem es in meiner Situation anders ergangen wäre.
    »Selim war so freundlich, sich nach ihr zu erkundigen«, fuhr Cyrus fort. »Er hatte es von seinem Onkel Yusuf erfahren und der wiederum von Jamil, der über euren Steward von meiner armen Schwester gehört hatte. Für mich kam es natürlich überraschend, dass ich eine Schwester haben soll.«
    »Was haben Sie Selim gesagt?« Ich spielte weiterhin auf Zeit.
    »Nun, ich habe ihm für sein Interesse gedankt. Wer ist die Dame?«
    »Herrgott, Cyrus! Das ist eine irgendwie … äh … komplizierte Geschichte. Ich werde es Ihnen später erklären. Katherine wird sich fragen, wo wir so lange bleiben, und Emerson …«
    »Heute Abend«, meinte Cyrus entschieden.
    »Aber gewiss doch. Heute Abend.«
    Ich hoffe, man unterstellt mir nicht Prahlerei, wenn ich behaupte, dass ich, als wir uns zu den anderen gesellten, bereits die geistreiche Lösung gefunden hatte. Nachdem ich dieses Problem bewältigt hatte, konnte ich mich auf meine Verdächtigen konzentrieren.
    Wir selber waren bereits eine recht große Gruppe, aber Cyrus schätzte es über die Maßen, wenn jeder Platz an seinem Esstisch besetzt war. Er hatte an jenem Abend nur zwei weitere Gäste geladen: Mr Barton, der sich überreden ließ (mit Leichtigkeit), zum Abendessen zu bleiben, nachdem er Bertie seine Hieroglyphenstunde gegeben hatte, und Mr MacKay, den Cyrus auf dem Rückweg aus dem Tal aufgegabelt hatte.
    Aufgrund der eher spontanen Zusammenkunft (und Emersons weithin bekannter Abneigung gegenüber Abendkleidung) waren Garderobe und Gespräche ungezwungen. Da Emerson den Großteil der Unterhaltung bestritt, befand ich mich in der glücklichen Lage, meine Verdächtigen zu beobachten – drei von ihnen, darunter auch William. Mr MacKay hatte ich bereits kennen gelernt, Mr Barton hingegen nicht.
    Der arme Kerl wirkte nicht sonderlich gewinnend. Seine Züge waren kantig, seine Bewegungen linkisch. Letzteres war teilweise vielleicht darauf zurückzuführen, dass er Nefret nicht aus den Augen ließ, was wiederum die ästhetische Nahrungsaufnahme schwierig gestaltete. Der Hang zur Schwärmerei und seine Jugend waren natürlich unerheblich; ich kannte eine ganze Reihe von Kriminellen mit ähnlichen Voraussetzungen. Seine offenbar fehlende Erfahrung auf dem Gebiet ließ vermuten, dass er aller Wahrscheinlichkeit nach kein neues Grab entdeckt hatte, aber solche Entdeckungen sind ohnehin häufig Zufallstreffer. Ich konnte sicher davon ausgehen, dass ihm der Name Sethos und dessen Karriere vertraut waren; die Heldentaten dieses Gentleman (wie auch unsere) sind Teil der Legendenbildung, die sich um die Ägyptologie rankt.
    Mr Barton schien für mindestens einen der Vorfälle ein glaubhaftes Alibi zu haben. Er hatte gemeinsam mit Nefret und Ramses beobachtet, wie die Gestalt von den Klippen stürzte, also konnte er nicht derjenige gewesen sein, der sie hinuntergestoßen hatte. Allerdings war ich nicht gewillt, kommentarlos Ramses’ Urteil hinzunehmen, dass der Mann vorsätzlich ermordet worden war. Ich

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