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Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden

Titel: Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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hatten wir damit begonnen, einige der Privatgräber in Gizeh zu exkavieren, die auch Mastaben genannt werden, da ihre Form den Bänken vor den ägyptischen Häusern ähnelt. Diese herausragenden Grabstätten gehörten den Adligen und Prinzen des Alten Reiches; zur letzten Ruhe gebettet neben ihrem Fürsten, hofften sie darauf, die endlosen Wonnen der Ewigkeit zu teilen, die ihn erwarteten.
    Die akribisch gezeichneten Pläne, die der Leser in Exkavationsberichten findet, einschließlich unserer eigenen, vermitteln ein irreführendes Bild. Die präzisen Rechtecke repräsentieren die Reihen der Grabstätten, wie sie vor 4000 Jahren angelegt wurden. Als die ersten Forscher der Neuzeit das Gebiet besuchten, war es ein Chaos aus zerschellten Felsbrocken und verwehten Sandmassen. Nur der Kopf des Sphinx ragte aus dem Sand; Tempel und Gräber waren verschüttet. Und wie die spätere Exkavation bewies, waren die Gräber in der Frühzeit ausgeraubt, die Tempel geschändet worden. Dieselben Pharaonen, die fromme Inschriften entwarfen, mit denen sie ihre blaublütigen Vorfahren priesen, zerstörten die Monumente ebendieser Ahnen, um die Steinquader für ihre eigenen Tempel zu benutzen. Einige unserer archäologischen Vorgänger trugen zu dieser Verwirrung bei, indem sie mehr oder weniger willkürlich gruben und Statuen sowie Wandmalereien und Säulen aus den Kapellen entfernten. Viele davon hielten es nicht einmal für nötig, genaue Aufzeichnungen ihrer Funde und der entsprechenden Fundorte anzufertigen. Diese Objekte befanden sich nun in den unterschiedlichsten Museen, überall in Europa und Amerika verstreut. Nach der Gründung der Antikenverwaltung unterlagen Möchtegern-Exkavatoren strengeren Regeln. Niemand durfte unerlaubt graben und nichts konnte ohne Zustimmung des Direktors aus Ägypten ausgeführt werden.
    So sollte es zumindest funktionieren. Es war schon immer ein Ding der Unmöglichkeit gewesen, illegale Ausgrabungen und den Antiquitätenschmuggel zu verhindern, doch in neuerer Zeit nahmen diese Aktivitäten dramatische Formen an. Nach der Ausweisung der deutschen und der militärischen Einberufung der französischen und englischen Archäologen waren viele Ausgrabungsstätten unbewacht. Laut Selim, dessen Familie und Verbindungen ganz Ägypten umfassten, gab es kaum ein Gebiet, das nicht betroffen war.
    Von daher waren wir erleichtert, als wir keinerlei Hinweis auf Übergriffe in unserem Tätigkeitsgebiet fanden; allerdings war die Situation in Gizeh auch nicht so prekär, wo unsere loyalen Männer über unsere Konzession wachten und Mr Reisners amerikanische Expedition ihren dauerhaften Sitz hatte. Die Grabfelder von Gizeh waren so ausgedehnt, dass man das Gebiet unter mehreren Forschertrupps aufgeteilt hatte. Die Amerikaner hielten den Löwenanteil. Dies ist keine Beschwerde meinerseits, ich nenne lediglich die Fakten. Mr Reisner war ein hervorragender Exkavator und ein guter Freund von uns.
    Wir hatten einen der Bereiche übernommen, die der österreichisch-deutschen Gruppe unter Herrn Professor Junker zugewiesen worden waren. Es war eine vorübergehende Lösung; wollte Gott, dass unsere deutschen Freunde nach Kriegsende zurückkehrten! (Sie waren Freunde, und als solche würde ich sie immer bezeichnen, trotz anderslautender Definitionen der Regierungen.) Ich betete, dass der Tag bald kommen möge, gleichwohl muss ich zugeben, dass es ein erhebendes Gefühl war, in der Nähe der berühmtesten ägyptischen Pyramide zu arbeiten.
    Jeder gebildete Leser kennt die Große Pyramide, deshalb will ich deren bemerkenswerte Ausmaße nicht näher erläutern. Ihr Erbauer war bei den Griechen als Cheops bekannt; Emerson zog Chufu, die exakte, weil ägyptische Übersetzung, vor. Außer der eigentlichen Pyramide existierten eine Reihe von Nebenbauten – Tempel am Fuße der Pyramide und am Fluss, verbunden durch einen langen Aufweg, drei kleinere Pyramiden für die Bestattungen der Königinnen und, südlich und westlich gelegen, mehrere Friedhöfe mit Privatgräbern. Ich habe nichts gegen Privatgruften; einige dieser in das Gestein getriebenen Monumente verfügen über hübsche, tiefe Grabkammern und lange Stollen voller Geröll und Fledermäuse. Leider fehlt den Mastaben dieser reizvolle Aspekt. Ihre Grabkammern bestehen aus einem steil abfallenden Stollen mit einem einzigen kleinen Raum am Ende. Es ist extrem frustrierend, an solchen Grabstätten zu arbeiten, wenn die größte ägyptische Pyramide nur einen Steinwurf entfernt

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