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Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden

Titel: Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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weder Esel noch Transportkörbe, gleichwohl hätte er sich eher einen Strick umbinden als Sennia allein gehen lassen. Sein Fauchen und Knurren bildete eine störende Untermalung unseres Gesprächs.
    Wir ließen die Pferde und die Esel am Mena House zurück und gingen zu Fuß weiter. Sennia thronte auf Emersons Schultern und Horus stakste hinter ihnen her. Alle, die uns begegneten, starrten ihnen lachend nach: Emerson, groß und stattlich wie ein Sagenheld, der riesige Kater, der wie ein abgerichteter Hund folgte, das kleine Mädchen, kichernd und schwatzend winkte sie ihren Freunden zu – denn zu diesem Zeitpunkt kannte und mochte sie bereits jeder Kafir und jeder Fremdenführer in Gizeh. Sie machten ihr ständig kleine Geschenke, und wir mussten ein waches Auge darauf haben, dass sie diese fragwürdigen Süßigkeiten nicht verzehrte.
    Sie wirkte überaus pittoresk in ihrer »Arbeitskleidung«, wie sie diese stolz bezeichnete. Wir hatten ihr einen Tropenhelm anfertigen lassen, und ich hatte nach kurzer Auseinandersetzung zugestimmt, dass Jungengarderobe wesentlich praktischer sei als Röcke. Ich hatte ihr ein Mitspracherecht bei der Auswahl besagter Bekleidung eingeräumt (und in der Jungenabteilung des Kaufhauses Harrods bei mehreren Angestellten tiefes Entsetzen ausgelöst) und war keineswegs überrascht, als sie ähnlichen Stoffen den Vorzug gab, wie Ramses sie trug. Einmal abgesehen von den langen schwarzen Locken, die unter ihrer Kappe hervorlugten, war sie eine Miniaturausgabe ihres Idols, einschließlich der winzigen Stiefel, die wir für sie hatten anfertigen lassen.
    Wie gewöhnlich hatte ich für ein schattiges Plätzchen gesorgt, wo wir Rast machen konnten. Während die anderen ihr Arbeitsgerät einsammelten, drückte ich Sennia auf einen Klapphocker und hielt ihr denselben Vortrag, den ich jeden Tag zum Besten gab – denn ich hatte durch schmerzvolle Erfahrung gelernt, dass ständige Wiederholung der einzige Weg ist, um einem jungen Menschen gewisse Dinge nahe zu bringen. Sie war wesentlich leichter zu beeinflussen als Ramses seinerzeit (jedes Kind wäre einfacher gewesen als Ramses), denn ihr fehlte die unbestechliche Logik, die ihn befähigt hatte, sich über meine Anordnungen hinwegzusetzen.
    »Vergiss nicht, du darfst unter gar keinen Umständen ohne Gargery oder einen von uns umherstreifen. Iss nichts, was du von fremden Leuten geschenkt bekommst. Steh den Korbträgern nicht im Weg. Stell dich nicht auf die Loren und überquere keinesfalls die Schienen; diese schweren Wagen sind kaum zu bremsen, wenn sie erst einmal in Fahrt geraten.«
    »Ja, Tante Amelia«, erwiderte Sennia.
    »Keine Sorge, Madam«, sagte Gargery. »Ich folge ihr auf Schritt und Tritt.«
    »Ganz recht«, bemerkte Emerson. »Was hast du heute vor, kleine Taube?«
    »Ich werde noch mehr Knochen für Tante Nefret sammeln.«
    »Vielen Dank«, meinte Nefret mit Grabesstimme. Sie hatte bereits mehrere Körbe mit den unterschiedlichsten Tierknochen bekommen, alle waren ausgebleicht von der Sonne und keiner älter als zehn Jahre.
    Sennia nickte gönnerhaft. »Keine Ursache.«
    Ich gewahrte Gargerys Hinken, als er Sennias flinker, kleiner Gestalt folgte. Was soll’s, dachte ich bei mir; schon bald wird er wieder in Form sein und in ein paar Tagen ist der schmerzhafte Sonnenbrand auch vergessen. Er hielt sie fest und blickte in beide Richtungen, bevor sie die Schienen überquerten, die unsere Ausgrabungsstätte mit dem etwas abseits liegenden Schuttabladeplatz verbanden.
    Danach verlor ich sie aus den Augen, da Emerson meine Dienste beanspruchte. In der Tat war ich keineswegs besorgt, dass sie in eine gefährliche Situation geraten könnte. Gargery folgte ihr auf den Fuß, genau wie Horus; das unberechenbare Temperament dieses Katers und seine frappierende Ähnlichkeit mit den Jagdkatzen auf den antiken Wandreliefs ließen selbst Wächter und Führer zurückschrecken. Meine Warnung, nicht mit Touristen zu plaudern, hatte indes andere Beweggründe. Diese Bande zeigte eine unstillbare Neugier an uns und unserer Arbeit. Sennia war ein so goldiges kleines Geschöpf in ihrer Jungengarderobe, dass sie einfach Aufmerksamkeit erregen musste, und sie war zu naiv, um impertinente Fragen abzuschmettern.
    Wir hatten mit der Arbeit an einer neuen Mastaba begonnen, nahe den anderen, die wir im Jahr vorher freigelegt hatten. (Ich wage zu behaupten, dass die meisten Archäologen alle in einem Winter durchkämmt hätten, doch die bereits erwähnten

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