Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden

Titel: Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
Vom Netzwerk:
Bitte.
    Bilder des Erlebten stürmten auf sie ein, sie überdachte die Ereignisse, die zu der Katastrophe geführt hatten. Jumanas ohnmächtige Gestalt in ihren erlahmten Armen, die entsetzten Mienen der Familie, als sie in den Hof ritt, Emerson, der ihr das Mädchen entrissen hatte, die harschen Anweisungen ihrer Schwiegermutter … sie wegreiten zu sehen, zu wissen, dass sie erst aufbrechen konnte, wenn Jumana sie nicht mehr brauchte … Margaret Mintons angespanntes, aschfahles Gesicht. Margaret begriff die Gefahr, spürte aber nicht das lähmende Entsetzen, das Nefret befiel. Sie wusste, was es bedeutete, sie hatte es schon zuvor gespürt: die unerklärliche, aber eindeutige Gewissheit, dass er in diesem Augenblick in tödlicher Gefahr schwebte. Sobald sich Jumanas Zustand stabilisiert hatte, hatte sie das Schloss verlassen, getrieben von dem Wunsch, zu ihm zu gelangen, unfähig, auch nur eine Sekunde länger zu warten. Sie war Cyrus entwischt, nicht aber Margaret; sie waren zusammen gewesen, als Jamil hinter einem Geröllhaufen auftauchte, winkte und inständig um Hilfe bat. Seine Galabija war an einer Schulter zerrissen und er hatte Blutspuren im Gesicht.
    Sie zögerte nur einen Augenblick. Vielleicht hatten sie sich in dem Jungen getäuscht; vielleicht hatte er Kuentz aus einem belanglosen Grund aufsuchen wollen, oder er hatte gar nicht realisiert, wie gefährlich sein Verbündeter war. Wenn er nun Protest erhoben oder mit einem Geständnis gedroht hatte …
    Jamils Gesicht war nicht blutig, sondern lediglich schmutzig, doch als sie das bemerkte, war es bereits zu spät. Es gelang ihr noch, ihre Pistole zu ziehen, und sie vernahm Jamils Aufheulen, als sie blindlings abfeuerte, aber der andere Mann, das Narbengesicht, schlug ihr die Waffe aus der Hand und packte sie an der Gurgel. Sie konnte weder um Hilfe schreien noch Margaret oder die Pferde erkennen, sondern sah letztlich nur noch tiefe Schwärze.
    Was war mit Margaret geschehen? Sie hob den Kopf und schaute sich in dem Raum um. Er bot einen erbärmlich heruntergekommenen Anblick, als hätte jemand das Ambiente eines guten Hotels zu imitieren versucht, aber ohne die finanziellen Mittel oder den entsprechenden Geschmack – zerschlissene Matten auf dem Boden, zerrissene Vorhänge an den Fenstern, eine angeschlagene, schmutzige Waschtischgarnitur und, nachlässig über eine Stuhllehne geworfen, ein Männerhemd. Ein europäisches Oberhemd. Die Teile fügten sich zu einem Ganzen. Dann war es also Alain. Sie hatte ihn gemocht und gehofft, dass sie sich täuschten. Er hatte mindestens drei Leute auf dem Gewissen. Und Ramses war allein losgezogen, um ihn und seine Komplizen zu stellen, und Margaret konnte bereits tot sein, und die Fesseln ließen sich nicht lösen. Bitte, lieber Gott!
    Mubashir kam mit einer Flasche Wasser und einem Glas zurück, auf dem sich fettige Fingerspuren abzeichneten. Er setzte sich neben sie, zu nah, seine Hüfte berührte ihren Schenkel und sie rückte unwillkürlich von ihm ab. Er grinste erneut.
    »Hast du Angst? Ich könnte dir wehtun. Es würde mir gefallen. Aber mein Meister hat nein gesagt, es sei denn, jemand kommt, um dich zu suchen. Du hoffst, dass es dein Mann ist, ja? Du solltest hoffen, dass er nicht auftaucht. Ich habe von dem Bruder der Dämonen gehört, aber er kriegt mich nicht.« Seine Finger betasteten ihr Gesicht, rissen den Knebel heraus. »Möchtest du Wasser? Der Meister hat gesagt, du könntest welches haben, und Essen, wenn du willst.«
    »Nein.« Ihr Mund war ausgetrocknet vor Angst und ihre Kehle brannte, dennoch konnte sie die Vorstellung nicht ertragen, dass sein Arm sie anhob und das schmutzige Glas an ihre Lippen setzte. »Binde mich los. Die Fesseln sind zu fest. Der Meister hat gesagt, dass du mir nicht wehtun darfst.«
    »Ah, aber dann müsste ich dir wehtun, weil du einen Fluchtversuch unternehmen würdest.« Seine schwieligen Finger streichelten ihre Wange. »Du hast hart gekämpft für eine Frau. Das hat mir gefallen. Möchtest du Wasser?«
    Nefret schüttelte den Kopf.
    »Wenn du es dir anders überlegst, wirst du fragen müssen«, sagte er mit einem weiteren grotesken Grinsen. Er füllte das Glas und trank, dann begann er zu erzählen – von all den Männern, die er getötet hatte, und bis ins kleinste Detail, wie er sie getötet hatte. Er begreift wohl nicht, dass er mit einer Frau spricht, die vermutlich mehr Leuten den Garaus gemacht hat als er, sinnierte Nefret. Allerdings wesentlich

Weitere Kostenlose Bücher