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Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden

Titel: Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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hinzu, als ich ihm die Anlage reichte – die vertrauliche Epistel, sozusagen. Er überflog sie und machte ein langes Gesicht.
    »Was genau hast du ihr erzählt?«, erkundigte er sich.
    »Alles. Nefret und ich haben beschlossen, einander nichts vorzuenthalten. Weißt du, sie hat Recht. Wir können diese kleinen Zwischenfälle nicht auf unbegrenzte Zeit vor ihm geheim halten. Irgendwann wird er sehr wütend auf uns sein, und es ist auch nicht fair, Nefret in die Position hineinzumanövrieren, mit uns gegen ihn zu konspirieren.«
    »Uns? Es war deine Idee, diese – kleinen Zwischenfälle, gütiger Himmel – geheim zu halten. Hast du deine Meinung geändert?«
    »Möchtest du noch etwas Kaffee, Emerson?« »Ich versuche schon seit einigen Minuten, dir die Kaffeekanne abzujagen, Peabody.«
    »Verzeihung, mein Schatz.« Ich füllte seine Tasse. »Also? Beantworte meine Frage, wenn ich bitten darf.«
    »Letzte Nacht habe ich von Abdullah geträumt.« Manch einer hätte jetzt auf eine irrige Folgerung getippt, aber Emerson verstand oder meinte zu verstehen. Seine umwölkte Miene wurde noch finsterer. Er ist ein dermaßen ausgemachter Skeptiker, dass er den Bedeutungsgehalt von Vorahnungen, Träumen und anderem »Aberglauben« weit von sich weist. Erst im letzten Jahr hatte ich ihm von meinen seltsamen Traumvisionen von unserem geschätzten, verstorbenen Rais erzählt, und obwohl zutiefst schockiert, sah er davon ab, seinen Unglauben unwirsch kundzutun, da er wusste, dass die Träume mir Trost spendeten – und das taten sie auch. Ich würde Abdullah, der mir lieb und wert gewesen war, stets vermissen; ihn in der Umgebung wiederzusehen, die er ebenso liebte wie ich, voller Tatendrang, stark und vital, war, als würde ich einen lebenden Freund treffen. Viele Dinge, die er mir in ebendiesen Träumen geschildert hatte, waren eingetreten; er hatte mich vor Gefahren gewarnt und mich getröstet, wenn ich Kummer hatte, und inzwischen hatte ich einen starken, ja beinahe vernunftwidrigen Glauben an die Tragweite solcher Visionen entwickelt.
    Da Emerson sich nicht recht überwinden konnte, sich nach Einzelheiten zu erkundigen, informierte ich ihn aus freien Stücken. »Er hat mir nicht geraten, welchen Kurs wir verfolgen sollen. Ich hätte ihn gefragt, wenn sich die Gelegenheit ergeben hätte, aber dieser Traum war anders als die anderen. Die Szenerie war dieselbe – die Klippen hinter Deir el-Bahari bei Sonnenaufgang –, aber als ich diesmal das Plateau erreichte, wartete er dort nicht auf mich. Ich sah, wie er sich von mir entfernte, über den Pfad in Richtung Tal, und rief ihn. Er blieb stehen und drehte sich um, aber statt zurückzukommen, hob er seinen Arm und bedeutete mir zu folgen. Dann ging er weiter … Und ich wachte auf.«
    »Ah«, murmelte Emerson. »Hmhm. Äh … ich hoffe, er sah gut aus?«
    »O ja. Gut und glücklich. Er lächelte, als er mir zuwinkte. Was meinst du, was das zu bedeuten hatte?«
    Das war zu viel verlangt von meinem geliebten Gatten. »Die Traumdeutung ist dein Spezialgebiet, Peabody, nicht meins. Was sollen wir im Hinblick auf Ramses unternehmen?«
    »Im Augenblick nichts. Ich habe eine Vor … ich habe das Gefühl, dass sich die Sache von selbst erledigt.«
    »Wie?«, bohrte Emerson.
    »Entweder er erfährt über Dritte von Asads Tod oder Nefret bricht ihr Schweigen und erzählt es ihm. Was die Verschwiegenheit anbelangt, so ist das liebe Mädchen durch eine harte Schule gegangen, aber in diesem Fall bedrängen wir sie zu sehr, und ich vermute auch, dass das ihre Beziehung in gewisser Weise belastet. Ihre Charaktere sind so grundverschieden – ihr aufbrausendes Temperament und ihre Offenheit, und seine Verschlossenheit …«
    »Du hast selber gesagt, sie seien offensichtlich sehr glücklich«, protestierte Emerson. »Was liest du jetzt zwischen den Zeilen?«
    »Es ist offensichtlich, dass sie einander sehr lieben, aber das hindert sie nicht daran, Differenzen zu haben. Damit hatte ich bereits gerechnet.«
    »Differenzen, inwiefern?«, fragte Emerson irritiert.
    »Zum einen denke ich, dass jeder der beiden den anderen geradezu lächerlich überfürsorglich behandelt – du weißt, wie du mich damals behandelt hast. Und Ramses ist im Umgang beileibe nicht so einfach wie du, mein Lieber; er behält seine Empfindungen für sich und grübelt, statt zu brüllen. Sie wird ihm etwas entgegenkommen müssen und er ihr. Es dauert eine Weile, bis sich die Ecken und Kanten einer Ehe abschleifen. Wie du

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