Amelia Peabody 14: Die goldene Göttin
Bruder meinte.
»Hör auf zu fluchen und erzähl mir, was passiert ist.«
»Ich fluche, wann ich will«, murrte Emerson. »Murray könnte eine Nonne zur Blasphemie anstiften.«
Nefret hielt Ramses ihre Hand hin. Er ging sofort zu ihr und fasste diese.
»Du hättest besser mich erzählen lassen. Hier scheint ein Missverständnis vorzuliegen. Murray hatte uns nicht erwartet, und er war auch keineswegs erfreut über unser Auftauchen. Er wusste von der Sache, aber wenn wir um einen offiziellen Gesprächstermin gebeten hätten, wäre die Bitte an seinen Stabschef gegangen, der hätte sie weitergeleitet an den Leiter des militärischen Abschirmdienstes in Kairo, und der ist –«
»Boisdragon-Bracegirdle«, entfuhr es mir.
»Nein, Mutter. Mein alter Bekannter, Hauptmann – mittlerweile Major – Cartright.«
»Wie seltsam. Es ging um diese Sache, die er dir in knappen Worten telegrafiert hatte? Was hat denn dann Brace – verflucht, Smith – damit zu tun?«
»Ich weiß es nicht, und ich habe auch nicht nachgefragt«, erwiderte Ramses. »Die Geschichte ist höchst merkwürdig, und solange wir nicht mehr wissen, sollten wir uns so wenig wie möglich darüber auslassen. Vielleicht ist es lediglich eine Frage innerbetrieblichen Kompetenzgerangels. Das hat schon mehr Chaos angerichtet als der Feind.«
»Wie viel weiß Murray?«, fragte ich.
Da Emerson ununterbrochen fluchte, beantwortete Ramses meine Frage. »Er hat keinen Bezug auf unsere Verwandtschaft mit Sethos genommen. Vielleicht hat Smith die Wahrheit gesagt. Allerdings wissen sie, dass ich ihn getroffen habe und dass ich reichlich Gelegenheit hatte, ihn zu beobachten. Kein anderer als Cartright hat Murray überzeugt, dass ich der Beste sei, um Sethos zu stellen. Sie haben ihre Probleme damit, Agenten in türkisches Gebiet ein- und wieder herauszuschleusen. Keiner von ihren eigenen Leuten kann als Araber durchgehen, und die rekrutierten Einheimischen sind unzuverlässig und unerfahren.«
Emerson hatte sich wieder im Griff. »Sie sind eine Bande inkompetenter Banausen«, erklärte er. »Manchmal dauert es Wochen, bis Informationen über türkische Truppenbewegungen durchsickern – über die indirekten Kanäle, deren sie sich bedienen. Allerdings haben sie die Nachricht von Sethos relativ bald bekommen. Ich habe Murray dargelegt, dass er auch ein Gefangener sein könnte und kein Verräter, und dieses Schwein Murray –«
»Das war, als Vater handgreiflich werden wollte«, grinste Ramses. »Cartright hat uns blitzschnell aus Murrays Büro expediert.«
»Ich kann nicht glauben, dass Sethos freiwillig hochbrisante Informationen weitergibt«, brauste ich auf.
Hinter einer übel riechenden Rauchwolke murmelte Emerson: »Die Alternativen sind fast genauso unangenehm, mein Schatz.«
»Alternativen? Ich kann mir nur eine vorstellen.« Ich stand auf und trat ans Fenster, wo die Luft nicht gar so stickig war. »Emerson, diese Pfeife –«
»Beruhigt meine Nerven, Peabody. Aber wie du meinst.« Er klopfte das Ding in einem Aschenbecher aus, dass die Funken nur so flogen. »Die Folter ist sicherlich eine Methode, obwohl ich nicht sehe, wie sie ihn öffentlich zur Schau stellen wollen, sollte er verletzt und in Haft sein. Es gibt andere Möglichkeiten, einen Menschen zum Reden zu zwingen. Bist du sicher, dass Margaret Minton in Frankreich ist?«
»Was für eine grässliche Vorstellung!«, schrie ich. »Dass diese Schurken die Frau bedrohen könnten, die er liebt!«
»Eine weit verbreitete Technik, nicht nur beim Geheimdienst, sondern auch in der Unterhaltungsliteratur.«
»Ramses, ich bitte darum, diese indiskutablen Frotzeleien zu unterlassen. Ich werde so bald als möglich Margarets derzeitigen Aufenthaltsort eruieren.«
»Verzeih mir, Mutter«, sagte Ramses. Weiterhin Nefrets Hand haltend, streichelten seine Finger sanft ihr Handgelenk. »Solche Nachforschungen würden zu lange dauern und vermutlich zu nichts führen. Es gibt nur eine Möglichkeit, um die Wahrheit zu erfahren. Ismail Pascha ist derzeit in Gaza. Ich werde dorthin aufbrechen und versuchen, ihn zu finden.«
Mein Magen rotierte. »Schlag dir das aus dem Kopf, Ramses. Der Feind kennt dich viel zu gut. Sollen sie sich doch einen anderen suchen.«
»Ich muss es tun, Mutter. Ich kann es keinem anderen überlassen. Du begreifst das nicht.« Er sah von mir zu Nefret; in ihrer Miene spiegelte sich das gleiche aufkeimende Entsetzen wie in meiner.
»Sie haben dir befohlen, ihn zu töten«, flüsterte
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