Amelia Peabody 14: Die goldene Göttin
Sarkophage und Mumien der hier Bestatteten?«
»Jumana hat mich das auch schon gefragt«, gestand Ramses. »Sie hatte die romantische Vorstellung, dass sie versteckt wurden, um sie vor Grabräubern zu schützen.«
»Unfug«, knurrte Emerson.
»Wir wissen, wo zwei der Sarkophage sind beziehungsweise waren«, bemerkte ich. »Bei Deir el-Medina, in Grabschächten hoch oben in den Bergen. Dort wurden sie von Leuten hingeschafft, die sie für ihre eigenen Bestattungen benutzen wollten. Einer war bereits mit dem neuen Namen und den Titeln versehen von – äh –«
»Pamontu«, kam mir Ramses zu Hilfe. »Ein Priester aus der ptolemäischen oder frühen römischen Periode, schätzungsweise fünfhundert Jahre nachdem die letzte Gottesgemahlin gestorben und bestattet war.«
»Das wollte ich gerade sagen, Ramses.«
»Verzeih mir, Mutter.«
»Von daher ist es nicht unwahrscheinlich«, fuhr ich fort, seine Entschuldigung mit einem Nicken registrierend, »dass die ursprünglichen Grabkammern hier in Medinet Habu im ersten Jahrhundert nach Christus leer waren, bis auf die Sarkophage. Sie waren zu schwer und wertlos für gewöhnliche –«
»Ja, ja, Peabody«, unterbrach mich Emerson. »Vandergelt, Sie sind genauso schlimm wie Jumana. Ihr muss man das nachsehen, aber Sie sollten es doch wirklich besser wissen. Der Geröllhaufen westlich von hier könnte die Ruine einer fünften Kapelle sein.«
»Abu und Bertie arbeiten derzeit dort.« Cyrus deutete vage nach Westen. »Bislang ohne Erfolg. So langsam habe ich es wirklich satt, Emerson.«
»Was denn, die saitischen Kapellen? Sie spielen doch hoffentlich nicht mit dem Gedanken, in ein anderes Gebiet umzuziehen? Ihnen fehlen geschulte Leute, um die größeren Tempel anzugehen.«
»Das weiß ich selber!« Er spähte zu Ramses, der mit Nefret sprach, und senkte die Stimme. »Fakt ist, Emerson, dass keiner von uns das Potenzial für diese Aufgabe mitbringt. Sicher, wir können die Stätte freilegen und ordnungsgemäß vermessen, aber was wir wirklich brauchen, ist jemand, der die Inschriften und Reliefs überträgt.«
»Ramses können Sie nicht haben«, versetzte mein Gatte.
»Emerson«, murmelte ich.
»Nein, kann er auch nicht! Ich weiß, ich habe gesagt, der Junge kann tun, was ihm Spaß macht, und arbeiten, für wen er will, aber – äh – verdammt, Vandergelt, einem anderen den Mitarbeiterstab abzuwerben ist eine der miesesten, niederträchtigsten –«
»Zum … Donnerwetter, Emerson, so was würde ich nie tun!«
Ihre aufgebrachten Stimmen ließen Ramses aufmerken.
»Irgendwelche Probleme?«, erkundigte er sich.
»Keine Probleme«, versetzte Cyrus. »Hm – sehen Sie, Emerson, ich dachte nur gerade … Wie wäre es, wenn wir tauschen würden? Sie übernehmen Medinet Habu und ich Deir el-Medina.«
Emerson öffnete den Mund, um einen Protestschrei loszulassen. Dann glätteten sich seine Züge. Er kratzte sich sein Kinn. »Hmmm«, sagte er.
»Cyrus, das ist ja ein ungeheuerlicher Vorschlag«, entfuhr es mir. »Sie können archäologische Stätten doch nicht tauschen wie Küchengerät!«
»Ich sehe nicht, wer uns davon abhalten sollte«, beharrte Cyrus. »Die Antikenverwaltung hat zu viel um die Ohren, als dass sie sich mit zwei renommierten Exkavatoren wie uns anlegen würde. Was meinen Sie, Emerson, alter Knabe?«
Emersons Gesicht verzog sich zu einem Grinsen. »Sie wollen diese Gräber in Deir el-Medina?«
»Jedes Grab ist besser als gar keins«, konterte Cyrus.
»Und hier ist keins. Was mir vorschwebt, ist eine Expedition zum Friedhof der Affen, aber –«
»Sie würden sich den Hals brechen, wenn Sie durch diese Wadis kletterten«, erklärte Emerson ungehalten. »Und Ihre Zeit verschwenden. Die beste Methode, Gräber in diesem Gebiet zu lokalisieren, ist die, den Gurnawis zu folgen – oder nach einem heftigen Gewitter loszuziehen, wie diese Burschen es tun.«
»Es sieht aber nicht nach Regen aus. Kommen Sie schon, Emerson, diese Aufgabe ist ganz nach Ramses’ Geschmack. Sehen Sie sich den Jungen doch an.«
Er schien in seinem Element. Er und Nefret waren ganz in Anspruch genommen von den Reliefs – und voneinander. Sie hielten Händchen und diskutierten leise, während sie die Wand abschritten. Blitzschnell, wie es meine Art ist, erwog ich das Für und Wider von Cyrus’ Angebot. Einiges sprach dafür. Die Reliefs mussten übertragen werden, bevor der Zahn der Zeit und Vandalen sie zerstörten. Dies war der perfekte Ort für die fotografische
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