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Amelia Peabody 14: Die goldene Göttin

Titel: Amelia Peabody 14: Die goldene Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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schossen fragend nach oben, während er das winzige Wesen auf seinem Knie maß, und Sennia beeilte sich hinzuzufügen: »Ich weiß, sie ist noch nicht sehr groß, aber sie wird wachsen.«
    Nefret wollte sie Osiris nennen, da sie quasi von den Toten zurückgekehrt war, aber von da an hieß sie die Große Katze des Re und hörte schon bald auf ihren Namen. Emerson, der Katzen liebt und über einen gelegentlich kindlichen Humor verfügt, hatte seinen Spaß daran, diese bombastische Bezeichnung zu brüllen, worauf auch prompt ein winziges, quirliges Kätzchen angesprungen kam. Anfangs war Horus fasziniert von dem Geschöpf.
    Von einem irgendwie unpassenden mütterlichen Instinkt geleitet, putzte er es, bis es kreischte, und schleppte es am Nackenfell herum. Doch das langweilte ihn schließlich.
    Dies ist keine Seltenheit, selbst bei unseren Artgenossen. Gegen Ende der Woche schlug Emerson vor, die Arbeit früher einzustellen und nach Medinet Habu aufzubrechen, um Cyrus’ Fortkommen zu inspizieren. Wir nahmen die Katze mit; sie war noch so klein, dass sie in Ramses’ Jackentasche passte, und ich muss sagen, es war ein niedlicher Anblick, wie sie, die Pfötchen über den Taschenrand gekrallt, neugierig in die Welt blinzelte. Unsere Katzen waren kleine Berühmtheiten in Ägypten, da man ihnen übernatürliche Kräfte nachsagte. Vermutlich würde diese keine Ausnahme bilden.
    Zur Zeit der Pyramiden waren die Totentempel der jeweiligen Monarchen in die Grabanlage integriert gewesen. Als die Pharaonen der 18. Dynastie beschlossen, ihre Grabstätten in die Schluchten der westlichen Wüstengebirge zu verlegen, mussten die Tempel an anderer Stelle errichtet werden. Vor langer Zeit hatten sie den Rand des Kulturlandes gesäumt. Die meisten befanden sich inzwischen in einem tragischen Zustand des Verfalls, aber Medinet Habu, der Tempel von Ramses III. (nicht zu verwechseln mit Ramses II.), war recht gut erhalten und sehr aufschlussreich. Die gewaltigen Pylone, durch die man den Tempelbezirk betrat, spiegelten die kriegerischen Auseinandersetzungen jener Zeit wider; im Innern fanden sich jedoch einige reizende Szenen von seiner Majestät im Getändel mit den Hofdamen. (Lassen Sie mich rasch hinzufügen, dass keine Obszönitäten abgebildet waren.) Der erste riesige Eingangspylon war fast intakt, seine Fassade und die Fassaden der Höfe und Kolonnaden mit Reliefs und Inschriften bedeckt. Der Ort war sowohl Residenz als auch religiöse Kultstätte gewesen; eingestürzte Ziegelmauern zeugten von der Stelle, wo einst ein Palast gestanden hatte. Neben den Monumenten von Ramses III. gab es noch zwei weitere Bauwerke, eines, begonnen in der frühen 18. Dynastie, war von späteren Herrschern in der römischen Periode vollendet worden. Ein anderer, kleinerer Komplex war den Gemahlinnen des Gottes Amun geweiht, der im Theben der späten Dynastien nahezu königlichen Status genoss. Und diese Kultstätte wollte Cyrus freilegen.
    Wir schritten durch die Eingangspylone in den riesigen, offenen Hof. Emersons scharfer Blick sondierte die Umgebung, von dem kleineren Tempel zu unserer Rechten vorbei an den gewaltigen Pylonen von Ramses III. und nach links, wo die Kapellen der Gottesgemahlinnen standen. Seine anziehenden Züge spiegelten seine Emotion: Neid, schlicht und ergreifend. Wenn Emerson eine besondere ägyptologische Leidenschaft hat, dann für Tempel, so wie ich für Pyramiden, und er hatte jahrelang darauf gehofft, Medinet Habu in Angriff nehmen zu können. Allerdings hatte er mir erst im letzten Jahr gestanden, dass es ein Lebenswerk werden würde. Er wiederholte dies, derweil er sich versunken umschaute – ein Mann, der sich Tatsachen zu stellen sucht, die er eigentlich nicht wahrhaben mag.
    »Wir haben zu wenig Arbeiter«, sagte ich wie schon damals. »Und es besteht keinerlei Hoffnung, dass wir derzeit erfahrene Leute anheuern können. Viele der jüngeren Kollegen sind in der Armee.«
    »Verfluchter Krieg«, grummelte Emerson. »Aber mit Lia und David, und mit Walter und Evelyn –«
    »Ja, mein Schatz, das wäre fabelhaft, und ich hoffe von ganzem Herzen, dass sie sich uns irgendwann wieder anschließen. Bis dahin müssen wir das Beste aus unserem Schicksal machen, dankbar sein für das Positive und das Negative mit Fassung tragen.«
    »Papperlapapp«, sagte Emerson und stapfte zu dem mit Seilen eingegrenzten Gelände, wo Cyrus’ Männer arbeiteten.
    Cyrus begrüßte uns vergnügt und bot Tee an, den Emerson schnöde ablehnte.

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