Amelia Peabody 14: Die goldene Göttin
Bertie?«
»Oh – dass ich etwas wirklich Einzigartiges für Cyrus entdecken könnte. Eher unwahrscheinlich«, fügte er wenig selbstbewusst hinzu. »Ich bin wirklich fleißig, Mrs Emerson, aber ich werde nie so gut werden wie Ramses. Oder wie Sie, Madam.«
»Man kann nie wissen«, erwiderte ich. »Viele große Entdeckungen beruhen auf Zufällen. Von daher ist nicht einzusehen, warum Sie nicht genauso erfolgreich sein sollten wie die anderen.«
Nach der Teezeit kehrten wir nach Deir el-Medina zurück, um Selim und Daoud zu konsultieren. Daoud hatte keine Meinung zu diesem Thema – Emersons Entscheidungen waren für ihn Gesetz. Selim verschränkte die Arme und musterte Emerson mit gestrengem Blick.
»Wir haben hier einen guten Anfang gemacht, Emerson.«
»Cyrus und Bertie können die Arbeit fortsetzen«, erwiderte Emerson ungerührt. »Der Junge entwickelt sich zu einem recht guten Exkavator.«
Selim spähte zu Jumana, die Ramses half, die am Morgen entdeckten Inschrifttäfelchen einzusammeln. »Wollt ihr sie hier bei Effendi Vandergelt lassen?«
Emerson grinste. »Stört sie dich?«
»Sie redet immer sehr laut. Und ich traue ihr nicht.«
»Du wirst schon genauso zynisch wie dein Vater«, schmunzelte ich. »Ich bin sicher, Jumana würde uns erzählen, wenn Jamil wieder mit ihr Kontakt aufzunehmen versuchte. Eure Nachforschungen in Gurneh haben nichts Neues ans Licht gebracht, oder?«
»Nein«, räumte Selim ein.
»Also, wenn du keine weiteren Einwände hast, Selim, werden wir unseren Plan umsetzen«, mischte Emerson sich ein. »Du und Daoud mit uns in Medinet Habu, und Jumana natürlich auch.«
»Effendi Vandergelt wird hier nach Gräbern suchen wollen«, murrte Selim verdrossen.
»Zweifellos.« Emerson griente. »Was ist daran schlimm?«
Cyrus’ Soiree war wie alle seine Partys – elegant und vornehm. Als überaus aufgeschlossener Gastgeber lud er immer jeden ein, dessen er habhaft werden konnte, sodass sich eine bunt gewürfelte Gesellschaft einfand: Freunde, die das ganze Jahr in Luxor lebten, Touristen, einige Kollegen – zu wenige, leider, in diesen schrecklichen Zeiten – und Angehörige des Militärs. Ich war an dem Punkt angelangt, wo mich allein der Anblick einer Uniform depressiv stimmte, und ich betete, dass endlich der Tag kommen möge, an dem die Männer diese ablegen und wieder ein normales Leben führen könnten.
Diejenigen, die überlebt hatten.
Ich nahm einen Schluck von dem Champagner, den Cyrus mir reichte, und sagte mir: Kopf hoch! Kein Schatten zeichnete Cyrus’ faltiges Gesicht, und in der Tat war er einer der glücklichsten Männer. Reich und respektiert, glücklich verheiratet, konzentriert auf die geliebte Arbeit, hatte ihm nur eines gefehlt, und Bertie hatte es ihm gegeben – die tiefe Zuneigung eines Sohnes, der auch sein Mitstreiter bei der Arbeit war.
»Was überlegen Sie, Amelia?«, fragte Cyrus. »Sie wirken so nachdenklich. Ist dieser junge Halunke Jamil wieder aufgetaucht?«
»Nein, wir haben nicht mehr von ihm gehört. Tut mir Leid, wenn ich den Eindruck erweckt habe, dass ich mich nicht amüsiere. Ich bin natürlich gern bereit, Ihre Gäste zu unterhalten, Cyrus. Ist jemand darunter, der besänftigt, erheitert oder provoziert werden müsste?«
Cyrus schmunzelte. »Vor allem Letzteres. Ganz wie Sie möchten, Amelia; aber wenn Sie sich jemanden herauspicken wollen, dann würde ich Joe Albion vorschlagen. Vor Jahren war er ein geschäftlicher Konkurrent von mir, und er besitzt eine der weltweit besten privaten Antiquitätensammlungen. Ich möchte ungern raten, wie er das eine oder andere Stück erworben hat.«
»Ich wusste nicht, dass er ein Bekannter von Ihnen ist«, sagte ich, die rundliche Gestalt und das dralle rote Gesicht von Mr Albion unter den Gästen registrierend.
»Er und seine Familie waren auf demselben Schiff wie wir, und sie sind uns neulich in der Nähe von Deir el-Bahari über den Weg gelaufen. Eine offen gestanden merkwürdige Familie. Mr Albion bat uns, ihn doch mit einigen Grabräubern bekannt zu machen.«
Cyrus gab einen inbrünstigen amerikanischen Stoß seufzer von sich. »Heiliger Strohsack! Das klingt mir ganz nach Joe.«
»Ich dachte, er würde scherzen. Er ist so ein juxiger, kleiner Mann.«
»Juxiger Joe.« Cyrus grinste, strich dann aber betreten über seinen Spitzbart. »Nichts für ungut, Amelia. Er genießt den Ruf, über Leichen zu gehen.«
»Seine Gattin scheint ihm treu ergeben zu sein.«
»Es ist eine sonderbare
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