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Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms

Titel: Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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zweitbesten Hut aufgesetzt, mit rosafarbenen Rosen und Chiffonschleifen. Bewaffnet mit meinem Schirm marschierte ich über die Gangway der Isis, wo ich mich bei dem wachhabenden Offizier meldete und in den Salon geführt wurde.
    Der Tee stand bereit, und alle waren zugegen – Justin und Maryam, Mrs. Fitzroyce und der Arzt. Der Mediziner schien als Einziger erfreut, mich zu sehen; er erhob sich breit lächelnd. Seine bestickte Weste war ein Feuerwerk der Farben. Die Hände auf ihren Stock gestützt, musterte Mrs. Fitzroyce mich von oben bis unten, von meinen staubigen Stiefeln zurück zu meinem rosenüberwucherten Hut, wie Ihre verblichene Majestät vielleicht eine Promenadenmischung beäugt hätte.
    »Verzeihen Sie mein Eindringen«, sagte ich. »Ich will auch nicht lange stören. Ich komme mit der Bitte, ob ich Miss Underbill für den heutigen Abend entführen darf. Ein alter Freund hat uns unverhofft besucht und würde sie gern begrüßen.«
    Ein unmerkliches Schlucken von Maryam blieb die einzige Resonanz. Das Lächeln des Arztes war wie eingemeißelt; Mrs. Fitzroyce rührte sich keinen Zentimeter. Ich bin nicht leicht aus der Fassung zu bringen, aber als das Schweigen anhielt, wurde mir doch ein wenig mulmig. Da war etwas Unheimliches an dem dämmrigen Raum, den reglosen Gestalten und den katzenhaft schimmernden Augen von Justin.
    Schließlich räusperte sich die alte Dame. »Ich gestatte nicht, dass Miss Underhill sich entfernt. Sie wusste bei Antritt ihrer Stellung, dass sie rund um die Uhr im Dienst sein wird.«
    »Soll das heißen, sie hatte die ganze Zeit keinen freien Tag – nicht eine Stunde zur freien Verfügung?«
    In meiner Stimme schwang Unglaube und Kritik, schienen mir die Arbeitsbedingungen doch völlig unannehmbar. Mrs. Fitzroyce antwortete schroff: »Das ist korrekt.«
    »Aber sicherlich …« Ich mäßigte meine Entrüstung. »Da sie die ganze Zeit eine zuverlässige Betreuerin war, können Sie sie doch sicher ein paar Stunden entbehren? Ich wäre Ihnen sehr verbunden. Wir werden sie auch gleich nach dem Nachtessen zurückbringen.«
    Unvermittelt verzerrte sich Mrs. Fitzroyces Gesicht zu einem breiten Grienen, was eine Vielzahl weiterer Falten enthüllte. Ich vermutete, sie hatte einen weiteren »Anfall«. »Sehr schön«, murmelte sie. »Gehen Sie und holen Sie Ihren Hut, Miss Underhill. Den hübschen, den Mrs. Emerson Ihnen vermacht hat.«
    Maryam erhob sich zögernd. Mir war klar, dass sie um die Identität des »Freundes« wusste. Ich konnte ihre Züge nicht recht deuten, doch ihr gesenkter Kopf und die hängenden Schultern vermittelten mir, dass sie sich damit abgefunden hatte, ihren Vater zu treffen.
    »Sie laden Miss Underhill zu sich nach Hause ein?« Aus Justins heller Stimme sprach Verblüffung. »Dann komme ich auch mit.«
    »Tut mir Leid«, hob ich an.
    Die alte Dame unterbrach mich mit einem boshaften Kichern. »Nein, Justin, du bist nicht eingeladen.«
    »Aber sie ist nur eine Bedienstete«, protestierte Justin. »Warum darf ich nicht mitgehen? Ich möchte die hübsche Mrs. Emerson und die Kinder und die Katzen sehen.«
    Die Tür ging auf und enthüllte einen der Wachleute, einen feisten Burschen mit Turban und gestreifter Robe. Er schien außer Atem. »Da ist ein Gentleman …«
    »Ja, ja«, sagte besagter Gentleman und schob ihn aus dem Weg. »Verzeihung, Madam. Ich wollte meine Gattin holen.«
    So ungebührlich und unerwartet Emersons Auftreten sein mochte, es zerstreute die unbehagliche Atmosphäre wie ein frischer Wind den Nebel. Er wäre nie auf die Idee gekommen, angemessene Kleidung anzuziehen; gleichwohl sieht Emerson in Arbeitsgarderobe blendend aus, sein Hemdkragen offen, seine muskulösen Arme bis zu den Ellbogen entblößt. Mrs. Fitzroyce begutachtete ihn aufmerksamer als mich. Emerson hat diese Wirkung auf die Damenwelt, das weiß ich aus Erfahrung.
    »Wollen Sie und Mrs. Emerson nicht zum Tee bleiben, Professor?«
    »Nein«, sagte Emerson. Er hüstelte vielmeinend und setzte einlenkend hinzu: »ähm … danke vielmals, aber wir haben keine Zeit. Grob unhöflich von Mrs. Emerson, hier einfach so hereinzuplatzen, aber die Umstände … Hmpf. Amelia, können wir jetzt gehen? Wo ist das Mädchen? Tsts, ich meine Miss …«
    Ich stieß ihn mit meinem Schirm, bevor er sich noch ärger verplapperte.
    Maryam schlüpfte aus dem Raum. Ich hoffte, dass sie nur ihren Hut holen wollte, allerdings wollte ich nicht riskieren, dass sie mir entwischte. Ich verabschiedete mich

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