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Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms

Titel: Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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ziemlich erfolglos versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Sie hatte einen schlimmen Fehler gemacht, aber das war jetzt unwichtig. Viel wichtiger war, was sie mit ihr machen würden – und wie sie sich davor schützen könnte.
    Ein bitteres Lächeln umspielte ihre ausgetrockneten Lippen. Sie hatte die von ihrer Schwiegermutter gesuchte Bande aufgespürt, und zwar exakt mit der Methode, die jene werte Dame bevorzugte. Wie viele gehörten wohl dazu? Sicherlich die gesamte Schiffscrew; ohne deren Mitwisserschaft hätte der Arzt sie nicht als Geisel nehmen können. Es war nicht auszuschließen, dass der Junge und seine Großmutter ahnungslose Mitläufer waren, ausgenutzt von einem Verbrechersyndikat. Beide waren unzurechnungsfähig. Das traf auf Maryam gewiss nicht zu, überdies war sie die Tochter ihrer Mutter.
    Mit dem Anlassen der Motoren vibrierte der Schiffsboden unter ihr unvermittelt stärker. Khattab hatte nicht gelogen. Das Hausboot legte ab. Nefret wollte aufstehen, verharrte dann aber auf den Knien. Sie hatte keine Ahnung, wie groß die Kabine, wie hoch die Decke war. Die Finsternis war fast spürbar, sie drückte auf ihre Augäpfel, ihr Gesicht, ihren gesamten Körper. Die heiße, abgestandene Luft roch metallisch. Sie trotzte dem Wunsch, einfach die Augen zu schließen und sich in Embryonalstellung zusammenzukauern, stattdessen tastete sie sich mit ausgestreckten Armen vor.
    Sie fühlte eine Wand und tastete sich weiter, um die Grö ße ihres Gefängnisses abzuschätzen, als die Tür aufgerissen wurde. Die Helligkeit war wohltuend nach der erdrückenden Schwärze, gleichwohl konnte sie nicht viel erkennen, da mehrere Personen die Öffnung blockierten. Nefret vernahm die hämische Stimme des Arztes: »Ich habe Gesellschaft für Sie, meine Teuerste, und zudem einen Patienten.« Ihr erster Gedanke war Justin. Allerdings wurde die schlaffe Gestalt von zwei Männern getragen. Sie warfen diese unsanft zu Boden und wichen zurück, da Nefret sogleich neben Emerson sank und sich einen Entsetzensschrei verbeißen musste. Seine Augen waren geschlossen, eine Gesichtshälfte blutig.
    »Mistkerle«, stöhnte sie. »Was habt ihr mit ihm gemacht?«
    »Was für eine Ausdrucksweise von einer Dame«, meinte der Mediziner mit einem schrillen Lachen. »Ich bedaure diese Maßnahme, aber er lässt sich genauso wenig bremsen wie ein wutschnaubender Elefant. Doch ich glaube nicht, dass er ernsthaft verletzt ist. Kümmern Sie sich um ihn.«
    »Warten Sie«, drängte Nefret verzweifelt. Die Tür wurde geschlossen. »Ich brauche Licht … Wasser … meinen Arztkoffer …«
    »Sie erwarten doch sicher nicht, dass ich Ihnen diesen Koffer mit seiner trefflichen Auswahl an chirurgischen Instrumenten überlasse?« Weiteres Gelächter. Mein Gott, dachte sie, der Mann ist genauso verrückt wie Justin. Er genießt dies hier förmlich.
    »Bitte«, flüsterte sie.
    »Ich könnte Ihnen eine Öllampe hier lassen«, überlegte Khattab. »Wasser steht dort. Das muss reichen, bis wir weitere Vorkehrungen getroffen haben. Er war nicht eingeplant, müssen Sie wissen.«
    Leise und auf Arabisch erteilte er Anweisungen. Einer der Männer stellte die Lampe auf den Boden. Die Tür fiel ins Schloss.
    Nefret sah sich hektisch in der Kabine um. In einer Ecke stand ein Wasserkrug, daneben ein einfacher Keramikbecher. Das reichte ihr. Sie goss Wasser in das Behältnis, befeuchtete ihr Taschentuch und hockte sich wieder neben Emerson.
    »Vater, Vater, bitte sag doch was«, wisperte sie.
    Das Blut stammte von einer einzigen Schnittwunde, die – normal für Kopfverletzungen – heftig geblutet hatte. Ihre Finger tasteten die Stelle ab, fühlten aber lediglich eine zunehmende Schwellung. In ihrer Aufregung drückte sie zu fest zu, worauf Emerson zusammenzuckte.
    »Hölle und Verdammnis«, knurrte er.
    »Ich bin’s, Vater.« Sie hörte ihr eigenes Lachen, so debil wie das des Arztes. »Oh, Vater, wie geht es dir?«
    »Ich bin ein unverbesserlicher Idiot«, schnaubte Emerson, flach auf dem Rücken liegend. »Einfach so hier hereinzuschneien. Peabody wird mir das nie verzeihen. Nefret, mein Schatz, weinst du etwa? Nicht weinen. Das halte ich nicht aus. Haben sie dir wehgetan?«
    »Nein. Entschuldigung, Vater, aber ich bin so erleichtert, dass du nicht …«
    »Ein Schlag auf den Schädel bringt mich noch lange nicht um«, schmunzelte Emerson selbstzufrieden. »Ich bin derjenige, der sich entschuldigen muss. Ich bin einfach hier hereinspaziert, wie eine Maus in

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