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Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms

Titel: Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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sich. »Lass ihn sofort los, Emerson.« Unvermittelt fiel mir ein, wie er neulich reagiert hatte.
    »Ich bring ihn schon nicht um«, blökte Emerson und fügte sich meinen Worten. »Tun Sie, was ich Ihnen sage, Justin. Rühren Sie ja nichts an, verstanden? Sie müssen Selim gehorchen. Wenn Sie ihm irgendwelche Scherereien machen, dürfen Sie uns nie wieder besuchen. Selim, du lieferst den jungen Mann höchstpersönlich auf der Dahabije ab.«
    »Das ist nicht nötig«, wandte Maryam ein. »Er wird mir nicht weglaufen, was, Justin?«
    »Bestimmt nicht.« Er lächelte verschmitzt. »Einen schönen Tag noch. Ich werde Sie bald wieder sehen.«
    Nicht ohne Genugtuung beobachtete ich, wie das Automobil in einer Staubwolke verschwand. Es schien fabelhaft zu funktionieren. Darauf bat ich Fatima, den Kinderfrauen auszurichten dass sie die Kleinen zu Bett bringen sollten. Die Eltern machten keinerlei Anstalten, sich an dieser Aktion zu beteiligen; alle blieben schweigend sitzen und warteten darauf, dass ich das Wort ergriff. Ich ließ mich ein wenig schwerfällig in einen Sessel sinken. »Es ist zwar noch früh, aber wenn mir jemand einen Whisky-Soda anbieten würde, wäre ich nicht abgeneigt.«
    Emerson verstand meinen Wink und mixte sich selbst auch einen. Als er Walters bestürztes Gesicht gewahrte, drückte er ihm ebenfalls ein Glas in die Hand.
    »Kopf hoch, Walter. Das ist die bislang letzte unbekannte Verwandte, die du kennen lernst.«
    »Das will ich auch schwer hoffen.« Walter nahm einen tiefen Schluck. »Haben wir denn keine seriöseren verschollenen Angehörigen?«
    »Meines Wissens ist Maryam absolut seriös«, erwiderte ich, wie immer bestrebt, nah an der Wahrheit zu bleiben. Ich hatte zwar gewisse Vermutungen, sicher war ich mir jedoch nicht.
    »Aber sie ist …«
    Ich unterbrach ihn mit einer schroffen Handbewegung, denn ich ahnte bereits, welches Wort ihm auf der Zunge lag. Sennia hielt sich nicht mehr für »eins von den Kindern«; sie war geblieben und lauschte andächtig. Unehelichkeit war aber kein Thema, das ich in ihrem Beisein zu erörtern gedachte. Sie hatte den Begriff – und sogar Schlimmeres – von ihren ungehobelten Mitschülern in Kairo aufgeschnappt; als sie irgendwann völlig verstört zu mir gekommen war und ihn erklärt haben wollte, hatte ich sie zu überzeugen versucht, dass sich nur ignorante Menschen über solche Dinge aufregen würden.
    »Was hältst du von ihr, Sennia?«, fragte ich.
    Sennia spitzte die Lippen und sortierte die Armreifen an ihren schlanken, braunen Handgelenken. »Ich mag sie nicht. Ich mochte sie schon damals nicht.«
    »Wir dürfen nicht nachtragend sein, Sennia. Sie hat eine harte Zeit hinter sich, und letztlich gehört sie zur Familie.«
    »Wie ist sie mit mir verwandt?«
    »Nicht mehr als Hekabe mit Hamlet«, murmelte Ramses. »Vermutlich eine Cousine irgendwelchen Grades. Stimmt’s, Mutter?«
    »Lass mich überlegen. Sennias Vater war mein Neffe, und Maryam ist …« Leicht konfus leerte ich mein Glas. »Ach, was spielt das für eine Rolle?«
    Sennia ließ sich nicht abwimmeln. »Wie ist sie mit Ramses verwandt?«
    »Zeit fürs Bett, Sennia.« Ich gab es auf.
    »Ihr wollt bloß über Dinge reden, die ich nicht hören soll.« Sennia erhob sich würdevoll und glättete ihre Röcke. »Ich habe verstanden. Gute Nacht allerseits. Ich mag sie trotzdem nicht.«
    »Es ist bedauerlich.« Evelyn schüttelte den Kopf. »Emerson hat uns von ihr erzählt, als du bei ihr warst, Amelia. Hat sie dir geschildert, wie es zu dieser Anstellung gekommen ist?«
    »Kurz.« Ich nippte an meinem Whisky. »Ihr Mann ist überraschend gestorben – er war um einiges älter als sie – und hat ihr nichts hinterlassen. Anscheinend hatte er unklug spekuliert. Sie musste ihren Verlobungsring verpfänden, um ihn beerdigen zu können.«
    »Nach der Beschreibung des Diamanten zu urteilen, muss es ein extravagantes Begräbnis gewesen sein«, murmelte Nefret.
    »Wie dem auch sei, Nefret, sie musste eine Lösung finden. Gesellschafterin war die einzige Beschäftigung, für die sie sich eignete, allerdings stellte sie ziemlich schnell fest, dass ihr jugendliches Aussehen nachteilig war. Von daher die grauen Haare und das auf ältlich geschminkte Gesicht. Ich schätze, diesbezüglich hat sie das Geschick ihres Vaters geerbt. Trotzdem fand sie keine Anstellung, bis sie auf die Anzeige einer Dame stieß, die den Winter in Ägypten verbringen wollte und eine Reisebegleiterin suchte, die das Land kennt.

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