Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels

Titel: Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
Vom Netzwerk:
wichen zurück, ihre Blicke starr auf Emerson gerichtet.
    »Zeit, dass wir den Spieß umdrehen«, grinste er. Sein Arm mit dem Speer holte aus. Er zielte auf den Offizier, der trotz seiner dunklen Hautfarbe sichtlich blass geworden war.
    »Emerson«, hauchte ich. »Du willst doch wohl nicht … Das würdest du doch nie tun, oder?«
    »Die Leute kennen die Geschichten«, erwiderte er. »Sieh sie dir doch an. Ramses, übernimm bitte das Dolmetschen.«
    Emerson holte zu einer eindrucksvollen Rede aus, die sein Sohn mit dem nötigen Pathos wiedergab.
    »Der Vater der Flüche ist zurückgekehrt! Der Fluch der Götter wird jeden treffen, der ihm nicht gehorcht. Er könnte euch mit diesem Speer durchbohren, aber er verschont euer Leben, denn er ist gnädig und allmächtig. Fallt vor ihm nieder!«
    Unvermittelt ertönte das schabende Geräusch von Knien, die den Sand berührten.
    Ramses atmete hörbar auf. »Meinen Glückwunsch, Vater. Ich schlage vor, wir verschwinden, bevor sie es sich noch anders überlegen.«
    »Was dagegen, wenn ich lächle und winke?«
    »Lächle und winke, so viel du magst, Vater – während wir uns langsam und würdevoll verziehen.«
    Als der Tumult losbrach, hatten sich die meisten Zuschauer in die nahen Häuser und Basare geflüchtet, die Frauen zerrten ihre Kinder mit sich, die alten Herren humpelten so schnell sie konnten von dannen. Eine schmächtige, dunkelhäutige Rekkit-Frau war in ihrem Hauseingang stehen geblieben. Ihre schwarzen Haare waren von grauen Fäden durchzogen, unter dem Saum des groben braunen Gewands schauten die vom Rheuma geschwollenen Fußknöchel hervor. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Ihre schwarzen Augen wanderten von mir zu Ramses und dann zu Emerson. Als der sie freundlich angriente, fiel sie auf die Knie und hob grüßend die Hände. »Wir dienen dem König«, rief sie. »Der König, der unser Freund ist.«
    Sie hatte, ob nun zufällig oder beabsichtigt, schlichte Worte gewählt. Emersons Augen blitzten auf. »Auch wir dienen ihm«, verkündete er lautstark. »Ähem. Ramses, sag ihr –«
    »Jetzt nicht, Vater. Bitte, lass uns gehen.«
    Emerson ließ sich widerstandslos von ihm wegführen. Über meine Schulter sah ich, dass die Frau uns in ihrer knienden Haltung beobachtete.
    »Und, weißt du jetzt mehr?«, fühlte ich meinem Sohn auf den Zahn.
    »Es war ein konstruktives Zusammentreffen.« Er fasste meinen Arm und half mir die Stufen hoch. »Ich würde mich zwar gern noch einer Sache vergewissern, bin mir aber ziemlich sicher, dass ich richtig liege.«
    »Und die wäre?«, bohrte ich.
    Wir hatten den Treppenabsatz erreicht. Ramses drehte sich um und spähte hinunter ins Tal. »Es gibt Wege, die nach Norden führen, von dem Dorf in die Felder und weiter hinaus. Früher hatten die Rekkit ungehindert Zugang zum Nordtal und zu ihren Verwandten in den Siedlungen dort. Wie wir gesehen haben, ist der Pass inzwischen gesperrt und unter Bewachung. Schätze, auf den Wegen patrouillieren ebenfalls Soldaten. Sollen wir zum Haus zurückkehren? Wir haben noch einiges zu planen.«
    »Ist dir das wirklich ernst mit heute Nacht?« Es kostete mich mental einige Mühe, ihn nicht vom Gegenteil zu überzeugen.
    »Ja. Ich habe eine merkwürdige Vorahnung«, sagte Ramses schmunzelnd zu mir, »dass euer Aktionsradius nämlich künftig noch stärker eingegrenzt wird.«
    Man beachte das Pronomen.
    Seine Vorahnung, die ich im Übrigen teilte, war korrekt. Wir saßen beim Abendessen – Braten, Brot und Zwiebeln –, als wir Besuch bekamen. Der arme übergewichtige Graf Amenislo stapfte schweren Schrittes und mit einer Leidensmiene herein, als wäre er überall lieber als bei uns. Kurzatmig verkündete er seine Botschaft. Der König erwarte uns am nächsten Morgen zu einer Audienz. Bis dahin dürften wir unsere Räumlichkeiten nicht verlassen.
    Sein Versuch eines überstürzten Rückzugs wurde von Emerson durchkreuzt, der den Burschen wohl mit Wonne piesackte. Er packte Amenislo am Kragen, hob ihn auf Zehenspitzen und fauchte ihn wütend an. Der König habe uns hinters Licht geführt und wir wollten ihn auf der Stelle sehen und uns darüber beschweren.
    »Nicht jetzt«, keuchte Amenislo. »Der König hat sich zurückgezogen. Er ist bei seinen Frauen. Der König speist. Der König –«
    »Pah.« Emerson ließ den Adligen los. »Verschwindet, Ihr mieser kleiner Verräter.«
    Er versetzte dem Grafen einen Stoß, worauf der durch die Türöffnung taumelte.
    »Du hattest wohl Recht«,

Weitere Kostenlose Bücher