Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels

Titel: Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
Vom Netzwerk:
sagte ich zu Ramses. »Wir haben heute irgendwas gemacht, was Seiner Majestät unangenehm aufgestoßen ist.«
    Die nötigen Vorbereitungen nahmen einige Stunden in Anspruch. Wir gingen unser Gepäck durch, auf der Suche nach unverzichtbaren Gegenständen für Ramses. Wie nicht anders zu erwarten, steuerte Daoud die nützlichsten Utensilien bei: einen Kapuzenumhang, wie ihn die Kameltreiber tragen, und eine Seilrolle. Als er Ramses jedoch seine Waffen aufschwatzen wollte, lehnte unser Sohn ab. »Ich hab mein Messer und ihr braucht sie nötiger als ich. Trotzdem danke, Daoud. Das Seil ist prima. Wie bist du denn auf die Idee gekommen, eins mitzunehmen?«
    »Die Sitt Hakim hat immer ein Seil dabei, um Gefangene zu fesseln«, erklärte Daoud. »Ich dachte, auf so einer langen, gefahrvollen Reise würden wir viele Gefangene machen.«
    Es war schon spät, die Lampen nahezu heruntergebrannt, als wir sämtliche Pläne diskutiert hatten. Zweifellos vermochten wir nicht jede Eventualität abzudecken, aber immerhin hatten wir uns einen möglichen Kommunikationsweg erschlossen. Ramses hatte die Schlucht unterhalb der begrünten Felswand inspiziert und hielt es für möglich, vom breiteren Ende dort hinabzusteigen. Die rankenden Pflanzen auf beiden Seiten waren zwar nicht stark genug, um sein Gewicht zu halten, allerdings könnte er uns so eine Nachricht zukommen lassen.
    Als unser Sohn mit einem knielangen Rock bekleidet aus seinem Zimmer kam, ein Messer im Gürtel, stockte mir der Atem. Wenigstens wirkte er authentisch; ich hatte ihm das Haar geschnitten, dass es aussah wie die kurzen Lockenperücken, und im Dämmerlicht hatte er eine frappierende Ähnlichkeit mit den Männern des Heiligen Berges. Er steuerte auf mich zu und schloss mich nach kurzem Zögern in eine hastige, ungelenke Umarmung. »Keine Sorge, Mutter. Es wird alles gut.«
    Selim und Daoud umarmten ihn nach arabischer Sitte, dann drehte er sich zu seinem Vater und hielt ihm die Hand hin. »Lebewohl, Vater.«
    »Nichts da, von wegen Lebewohl«, sagte Emerson rau. »Bis bald. Viel Glück, mein Junge.«
    Ramses schwang sich das Bündel auf den Rücken, streifte den langen Umhang über und zog sich die Kapuze über den Kopf. »Ich bin bereit. Geh voraus, Vater.«
    Mit einem knappen Nicken strebte der Professor zur Tür. Wie wir bereits festgestellt hatten, war diese von außen verriegelt.
    Jeder Schritt war geplant. Emerson schlug gegen die Tür. »Hilfe! Hilfe! Mörder! Diebe! Überfall! Beeilung! Mord und Totschlag!«
    Wir vernahmen das Schaben des zurückgeschobenen Riegels und hektisches Gebrüll. Daoud, Selim und ich liefen schreiend auf und ab. Die Tür wurde aufgerissen und ein halbes Dutzend Männer stürmte in den Raum. Wir stürzten uns völlig aufgelöst, mit wild rudernden Armen auf sie. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie ein schlanker, dunkler Schatten hinter dem Wandbehang hervorglitt und im Gang verschwand.
Aus Manuskript H
    Während Ramses sich geräuschlos entfernte, verfolgte ihn die aufgebrachte Stimme seines Vaters, ein verzerrtes, unheimlich hallendes Echo. »Erst meine Tochter und jetzt mein Sohn! Anubis soll euch holen; was habt ihr mit meinem Sohn gemacht?«
    Seine Mutter hatte vorgeschlagen, so zu tun, als wäre er auf ebenso mysteriöse Weise wie Nefret verschwunden. Ramses drückte sich in eine Nische neben die Statue der löwenköpfigen Gottheit Apomatek, da weitere Soldaten in Richtung des Tumults liefen. Als der schwache Lichtschein ihrer Fackeln verebbte, schlich er sich weiter. Womöglich ging der König sogar davon aus, dass Tareks Leute diverse Sabotageakte in der Stadt planten. Bestimmt hatte Tarek überall Sympathisanten – und Ramses war sich inzwischen ziemlich sicher, wo er den einen oder anderen finden könnte.
    Er schob sich durch das Dunkel der verzweigten Gänge und betrat die Terrasse, wo er beruhigt feststellte, dass die Familie ihm tatsächlich sämtliche Wachen vom Hals hielt. Grinsend lauschte er dem bellenden Brummbass seines Vaters, der sich mit einem schrillen, stechenden Sopran vermischte. Die Nachtluft war kühl, die Sterne funkelten hell und er empfand es als unglaublich befreiend, ohne Beeinträchtigung durch die königlichen Wachen und – offen gestanden – unabhängig von seinen Eltern zu handeln.
    Der Mond zeigte sich als schmale Sichel am dunklen Firmament. Er wusste, was er zu tun hatte, gleichwohl wandte er sich nur widerwillig von dem kleinen Schrein der Isis ab, perlmuttschimmernd im Sternenschein. Die

Weitere Kostenlose Bücher