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Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels

Titel: Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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in der Krönungszeremonie hinter euch gebracht habt. Euer Sohn muss ebenfalls daran teilnehmen. Holt ihn her.«
    »Und wie, bitte schön?«, versetzte ich spitz.
    Merasen bedeutete uns eisig, dass sei unser Problem und müsse vor dem Zeremoniell geregelt sein. Auf dem Weg nach draußen warf Emerson noch einen Blick in das Schlafzimmer und sagte den Damen Lebewohl. Statt einer Antwort kicherten sie im Duett.
    »Das war völlig überflüssig und sehr unhöflich«, krittelte ich.
    »Ich ziehe dieses kleine Frettchen nun mal für mein Leben gern auf.« Emerson grinste breit. »Ein grandioses Abkommen, nicht? Glaubt der wirklich, wir sind so naiv, dass wir ihm glaubten, er ließe uns frei, sobald er seine verdammten Gewehre hat?«
    »Wie so viele korrupte Menschen glaubt er, was er glauben will«, sagte ich bedachtsam. »Emerson – und wenn sein ständiges Gerede von irgendwelchen Waffen nur eine Finte ist? Wir brauchten Wochen, bis wir ihm Flinten und Gewehre hierher gebracht hätten. Nach meiner Einschätzung plant er einen vorgezogenen Coup, mit oder ohne Wissen seines Vaters. Ihm schien sehr daran gelegen, dass wir während der Zeremonie alle anwesend sind.«
    »Hmpf.« Emerson strich sich über sein perfekt rasiertes Kinn. »Vielleicht wollen sie uns hinterher umbringen.«
    »Wer weiß. Ich muss darüber nachdenken. Und über Captain Moroney. Bestimmt hat Merasen ihn einkerkern lassen. Auf alle Fälle irgendetwas Unangenehmes.«
    »Geschieht ihm recht«, fauchte Emerson. »Moroney interessiert mich im Augenblick am allerwenigsten. Wieso hast du dich bei Merasen nicht nach dem anderen Weißen erkundigt?«
    »Weil er mich dann treuherzig angeschaut und eiskalt gelogen hätte. Ah – da sind Selim und Daoud. Sie scheinen sehr zufrieden mit sich.«
    Wir trafen uns am Fuß der Treppe. »Ich habe eine Menge ausgezeichneter Photos gemacht«, verkündete Selim. »Soll ich die Kamera jetzt in die Kiste packen?« Die Kiste war leer. »Hat euch auch keiner beobachtet?«, flüsterte ich zu Daoud.
    »Nein, Sitt. Alle, die hier geblieben sind, wollten unbedingt von Selim photographiert werden. Dafür mussten sie sich mit dem Rücken zum Haus stellen.«
    Mir fiel es schwer, dem Haus den Rücken zu kehren, wohlwissend, dass Ramses so nah war und gleichsam unerreichbar. Hoffentlich waren er und Daria sicher und wohlauf.
    »Wir beeilen uns besser«, sagte ich. »Unsere Audienz mit dem König beginnt in Kürze.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich habe meine Armbanduhr dabei.« Ich zog sie aus der Tasche. »Halb vier.«
    »Ja, aber du weißt doch nicht, ob seine vierte Stunde gleichbedeutend mit vier Uhr nachmittags ist.« Emersons Gesicht nahm einen entrückten Ausdruck an. »Ich frage mich überhaupt, wie sie hier die Zeiteinteilung vornehmen. Die meisten Völker ohne mechanische Zeitmesser richten sich nach dem Stand der Sonne und ihre Stunden haben keine sechzig Minuten. Die Ägypter beispielsweise –«
    In seine wissenschaftliche Spekulation versunken, war er langsamer geworden. Ich verpasste ihm einen leichten Knuff mit meinem Schirm.
    »Beeilung, mein Schatz. Ich bin wahnsinnig aufgeregt und gespannt.«
    Die vierte Stunde Seiner Majestät war nicht gleichbedeutend mit vier Uhr am Nachmittag. Es wurde vier Uhr, es wurde fünf Uhr. Die Schatten wurden länger, verschmolzen mit der Dunkelheit. Die Spannung war Nervosität gewichen und schlug in Niedergeschlagenheit um, bevor ich endlich Schritte hörte. Ich sprang auf, sobald der Vorhang aufgerissen wurde und ein Bataillon Wachsoldaten hineinstürmte. Sie verteilten sich überall und inspizierten jeden Winkel, auch in den Nebenräumen. Erst als ihr Kommandeur erklärte, die Luft sei rein (ich übersetze wörtlich), gab der König sich die Ehre. Statt nach uns zu schicken, erschien er persönlich – und er hatte sie mitgebracht. Von Kopf bis Fuß verschleiert und von zwei Zofen begleitet, erkannte ich sie dennoch auf Anhieb, genau wie Emerson. Er schoss los, schob den König beiseite und riss sie stürmisch in seine Arme.
    »Du erdrückst sie ja, Emerson«, sagte ich bemüht gefasst. »Nefret, Liebes, willst du den Schleier nicht ablegen? Oder ist das verboten?«
    »Oh pardon«, murmelte Emerson. Er löste sich von ihr und strich ihr spontan die zarten Schleier aus dem Gesicht, die darauf heillos zerknittert waren. Als er Nefrets Lächeln sah, umarmte er sie erneut.
    Der König beobachtete das anrührende Schauspiel mit verschränkten Armen.
    »Nefret«, drängte ich schließlich.

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