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Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels

Titel: Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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»Soso, Ihr wollt zurück in die Stadt? Was versprecht Ihr Euch davon?«
    »Meine Eltern sind Gefangene, genau wie Nefret. In vier Tagen ist eine Zeremonie im Großen Tempel angesetzt. Man will, dass mein Vater seine Verbundenheit mit dem Usurpator bekundet.«
    »Das wird der Vater der Flüche niemals tun«, beteuerte Tarek seelenruhig. »Keine Sorge, mein junger Freund. Wir befreien sie noch rechtzeitig. Für den fraglichen Abend plane ich meinen Angriff.«
    Milchiges Sternenlicht umflutete Tareks gestählte, stolz gereckte Gestalt. In den vergangenen zehn Jahren hatte er etwas zugelegt, gleichwohl war er immer noch schlank und sehnig.
    »Hört mir zu«, sagte Ramses eindringlich. »Wenn Ihr angreift, werden viele Menschen sterben, nicht zuletzt auch meine Mutter und mein Vater. Der Despot wird sie eher töten, als sie Euch zu überlassen. Es gibt noch eine andere, eine bessere Lösung.«
    Tarek hielt ihm grinsend die Hand hin. »Hier können wir nicht reden. Sobald wir über den Pass und in meinem Hoheitsgebiet sind, planen wir gemeinsam. Wenn Ihr dann noch umkehren möchtet, halte ich Euch nicht auf.«
    Der Vorschlag machte durchaus Sinn. Er wusste so gut wie nichts über Tareks Territorium, seine Truppenstärke, Verteidigungsstrategie und Methoden der Informationsgewinnung – um nur einiges zu nennen. Er hatte keinen Schimmer, wieso er noch zauderte.
    »Kommt«, drängte Tarek. »Es dauert auch nicht lange, versprochen.«
    Genau deshalb zögere ich, überlegte Ramses. Er redet mit mir, als wäre ich immer noch ein Zehnjähriger. Vielleicht geschieht mir das ganz recht. Für kindisches Herumdrucksen war jetzt wahrlich nicht die Zeit.
    »In Ordnung«, versetzte er. »Lasst uns aufbrechen.«
    Der weitere Aufstieg gestaltete sich noch dramatischer – über schroffe, nackte Felsen, an eine Wegmarkierung war nicht zu denken. Harsetef hatte ein Seil mitgebracht und Ramses pfiff auf seinen Stolz und benutzte es. Er war froh, dass Tarek sich um Daria kümmerte, ihr das Tau behutsam um die schmale Taille band und es festhielt, während er sie mit ermutigenden Worten zum Weiterklettern bewegte. Bei Sonnenaufgang erreichten sie den Bergkamm, wo sie von drei Spähern Tareks begrüßt wurden.
    »Ruht euch ein Weilchen aus«, meinte der Exmonarch. »Der Abstieg ist um einiges leichter.«
    Ramses hätte sich auf dem felsigen Boden am liebsten lang hingestreckt, aber eine Mischung aus Stolz und Neugier hielt ihn auf den Beinen. Der Blick war wahrhaft spektakulär. Die Felsformationen, die den Pass bildeten, waren niedriger als die ringsum aufragenden Berge. Ihre Ausläufer reichten bis in das nördliche Tal und hoben sich wie ausgezackte Zähne in einem gähnenden Mund ab. Es war ein klarer Morgen, in der Ferne, auf den Anhöhen, bemerkte er riesige Monumente, nicht auszuschließen, dass es Tempel oder Häuser waren. Ehemalige Landsitze, vielleicht? Die Talsenke war ein angenehm friedlicher Ort, eine grüne Oase in der schroffen Gebirgslandschaft. Er konnte sogar das riesige Bollwerk vor einem der Seitenwadis ausmachen – eine Festung, in der sich die Verteidiger im Ernstfall verschanzten.
    Kein Wunder, dass der Usurpator es nicht geschafft hatte, den Pass zu überwinden. Wo er sich verbreiterte, auf Tareks Seite, wurde er von Steinmauern eingefriedet, die wie auf einer mittelalterlichen Burg mit Erkern versehen waren. Mögliche Angreifer, die sich dorthin vorwagten, waren den Pfeilen, Speeren und Steinschleudern der Gegner hoffnungslos ausgeliefert.
    Tarek würdigte die Passlandschaft keines Blickes.
    Breitbeinig, die Schultern gestrafft, beobachtete er, wie sich ein glutroter Sonnenball über den östlichen Bergen erhob. »Die Gottheit kommt wieder«, sagte er andächtig.
    Welche Gottheit?, sinnierte Ramses. Chepre, der Skarabäus, Symbol für die aufgehende Sonne, der Urgott Atum für die untergehende Sonne oder der Sonnengott Re, Wächter des Horizonts?
    Als könnte er Ramses’ Gedanken lesen, bemerkte Tarek:
    »Er hat viele Namen, aber er ist der Eine, der Einzige.« Sein Vater wäre auf diesen faszinierenden theologischen Aspekt bestimmt angesprungen. Sympathisierte Tarek etwa mit einer Form des Monotheismus? Dergleichen interessierte Ramses im Moment jedoch am allerwenigsten.
    Als sie die grob gezimmerte Garnison schließlich erreichten, trug Tarek Daria, und Ramses versuchte trotz seiner Erschöpfung, auf Harsetefs unerschöpfliche Fragen zu antworten. Erinnerte sich der Vater der Flüche noch an ihn? Wusste er, dass

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