Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels
du so prüde bist.«
Ramses machte keinerlei Anstalten, sich gegen diesen unberechtigten Vorwurf zu verteidigen. »Ich darf dich daran erinnern«, sagte er betont ruhig, »was sie in der Nacht, als sie bei mir war, gesagt hat. Sie meinte, sie habe ihre Gründe, weshalb sie bei Newbold bleibt. Sie wollte partout keine Hilfe von mir.«
»Sie hat ihre Meinung geändert«, versetzte Nefret. »Vielleicht konntest du sie mit deinem umwerfenden Charme nachhaltig beeinflussen.«
»Jetzt ist es aber genug, Nefret«, krittelte ich. »Ich kann mir zwar nicht vorstellen, wie sie uns gefährlich werden könnte, aber ich stimme Ramses zu, dass wir vorsichtig sein müssen. Vertraue niemandem, auch keinem harmlosen Unbeteiligten. Das war es, was Abdullah … was Abdullah immer sagte.«
»Ich entsinne mich nicht, dass er das je gesagt hätte«, bemerkte Emerson.
»Er hat es nur mir gesagt.«
Ich bin um Ausflüchte nie verlegen, aber das war wirklich die reine Wahrheit.
7. Kapitel
Dass Newbold nicht aus seiner Hütte kam, um sich von uns zu verabschieden, ließ sich durchaus verschmerzen. Gemeinsam mit einigen Dienern, die unser Handgepäck trugen, führte man uns zu dem Platz am Rande der Oase, wo die Karawane wartete.
Die Kamele waren bepackt, und als die Sterne verblassten und die ersten Sonnenstrahlen über den Horizont zwinkerten, stellte ich fest, dass unsere Begleiter statt der obligatorischen Uniformen lange Kapuzenumhänge aus feingewebter Kamelhaarwolle trugen. Zudem bemerkte ich auf einem Kamelrücken einen seltsam ballonförmigen Aufbau, eine Art Sänfte, wie sie Beduinenfrauen benutzten, wenn sie mit ihren Männern unterwegs waren.
»Grundgütiger«, entfuhr es mir. »Sollen wir in diesem Ding sitzen?«
Har nickte bekräftigend. Ich gab zunächst nach, da der Hauptmann zum Aufbruch drängte, hatte aber nicht die Absicht, die ganze Zeit in dieser Kiste zu verbringen. Bestimmt ging es Nefret ähnlich. Ausstaffiert mit Teppichen und weichen Sitzkissen und umgeben von luftigen Vorhängen, war es zwar recht bequem, aber extrem beengt für drei. Als Emerson verkündete, dass er zur Sicherheit das Gepäck kontrollieren wolle, stieß Daoud Selim an, der darauf verschämt äußerte: »Es ist Zeit zum Gebet, Emerson.«
»Hölle und Verdammnis«, knurrte Emerson. »Dann macht schnell. Ramses, du kommst mit mir.«
Schätzungsweise die Hälfte der ursprünglichen Eskorte war bei uns, der Rest bewachte vermutlich die Oase. Emerson bestätigte dies, als er zurückkehrte. »Scheint alles in bester Ordnung. Komm, Peabody, ich helf dir hoch.«
Ich möchte die Geduld der werten Leser nicht überstrapazieren, indem ich den letzten Teil unserer Reise in allen Einzelheiten schildere. Offen gestanden gab es auch nicht viel zu sehen, nachdem wir die blühende Oase verlassen hatten – Sand und steinigen Untergrund, Felsen und den einen oder anderen kreisenden Raubvogel am wolkenlos blauen Firmament. Ein Zwischenfall unterbrach die Monotonie: ein Sandsturm, der am Vormittag einsetzte und bis zum Sonnenuntergang tobte. An Haltmachen war kein Denken; ein unbewegtes Objekt wäre alsbald von Sandmassen begraben worden. Die Kamele wussten das. Gelegentlich, wenn Wind und Sand besonders wüteten, bewegten sie sich zwar im Schneckentempo, blieben aber nie stehen. Als der Sturm irgendwann wie aus heiterem Himmel nachließ, blieb unser Reittier stehen.
Kurzerhand öffnete ich die Vorhänge und steckte den Kopf hinaus. Das Erste, was ich sah, war Emerson. Er trug einen der Kapuzenumhänge, der ihn bis zu einem gewissen Grad vor dem Treibsand geschützt hatte, trotzdem war sein Gesicht rot und rissig. »Alles in Ordnung mit dir, Peabody?«, fragte er rau.
»Ja, mein Schatz. Was ist mit den anderen?«
»Sind alle wohlauf und munter. Halt dich gut fest da oben, ich glaube, dein Kamel geht in die Knie. Kann ich dem armen Vieh nicht verdenken.«
Har schlenderte entlang der Karawane auf uns zu. Er erkundigte sich höflich nach Nefrets und meinem Wohlbefinden und verkündete, dass wir vorübergehend Rast machen würden. Zum ersten Mal war ich mit den Kamelen einig, von denen einige bereits am Boden kauerten.
Wir setzten uns um das kleine Lagerfeuer, das Selim entfacht hatte. Das intensive Glutrot der untergehenden Sonne wurde von einem feinen Staubnebel abgemildert.
»Sind wir denn noch richtig?«, erkundigte ich mich. »Ich meine, man konnte doch die Hand nicht vor Augen sehen, und der Sturm hat sämtliche Hinweise vernichtet.«
»Ich habe
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