Amelia Peabody 17: Die Schlangenkrone
stammte und daß Emerson ein zäher Verhandlungspartner gewesen war.
Am späten Vormittag hatten wir das restliche Geröll gesiebt und gekennzeichnet, und ich konnte Emerson dazu bewegen, mich nach Hause zu einem schnellen Mittagsimbiß zu begleiten. Wir hatten kaum Zeit zu essen, da sprang er auch schon wieder auf und drängte zur Eile. »Ich hab mit Vandergelt ausgemacht, daß wir uns um halb eins treffen.«
»Ich komme später nach«, erklärte ich.
»Ich auch«, bekräftigte Sethos und streckte sich auf dem Sofa aus.
Aus Manuskript H
Seine Mutter verblüffte ihn doch immer wieder. Sie würde es zwar nie zugeben, trotzdem wußte Ramses genau, daß sie für Emersons geänderte Pläne verantwortlich war.
Cyrus fieberte der neuen Aufgabe genauso entgegen wie der Professor. Im Sattel seiner rundlichen Stute Queenie sitzend, erwartete er sie bereits an der Straße, die zu seinem erhöht liegenden Anwesen mit Blick auf das Tal führte. Jumana wirkte beinahe verloren auf dem riesigen Braunen aus Vandergelts Stall, doch Ramses wußte, daß sie die Pferde mit eiserner Hand führte. Bertie und Heinrich Lidmann verharrten neben ihnen. Cyrus hatte mithin keine Zeit verloren.
»Schätze, Sie kennen sich bereits«, sagte der Amerikaner. »Herr Lidmann hat netterweise umgehend auf meine Nachricht reagiert.«
»Sehr erfreut.« Lidmann verbeugte sich in die Runde. »Es ist mir eine solche Ehre. Ich kann nur hoffen, daß ich Ihnen von –«
»Sicher, sicher«, schnitt Emerson ihm das Wort ab. »Auf geht’s.«
Lidmann blieb mit Jumana hinter den anderen zurück. Er ritt gut für seinen beträchtlichen Leibesumfang, und sein Hang zur Redseligkeit schien sich vorübergehend verflüchtigt zu haben. Vielleicht kam er aber auch nicht zu Wort, weil Jumana pausenlos redete.
Cyrus lenkte seine Stute neben Ramses.
»Gestern abend ist mir eine eigenartige Sache passiert«, flüsterte er. »Ein Bursche namens Montague war bei mir. Aber das war doch nicht … ähm –«
»Sethos? Nein. Es war der echte Montague.«
»Das hab ich mir gedacht. Sie warnen ihn besser.«
»Er weiß Bescheid. Was wollte Montague von Ihnen?«
»Dreimal dürfen Sie raten. Wie ist – ähm – er denn aus der Sache rausgekommen?«
»Er hat seine Tarnung gewechselt, vermute mal, das bringt ein paar heikle Erklärungen mit sich.«
Sie ließen die Pferde auf der Eselkoppel zurück und passierten die Schranke ins eigentliche Tal.
»Ich habe Abu gesagt, daß ich morgen ein paar Leute anheuern will«, fuhr Cyrus fort. »Heute war es schon zu spät, um eine anständige Mannschaft zusammenzukriegen. Ich hab nicht mal gelesen, was anliegt.«
»Da gibt es nicht viel zu lesen«, erwiderte Emerson. »Die Crux an unserem Beruf sind die unzureichenden Veröffentlichungen, weil einem dafür die Zeit fehlt. Sie können praktisch bei Null anfangen. Genau das habe ich nämlich vor. Ah, da ist Selim.« Er winkte.
»Wo sind die anderen?« erkundigte sich Cyrus.
»Die brauch ich heute nicht. Ich werde mir einen groben Überblick verschaffen und dabei sicherstellen, daß nicht illegal gegraben wird. Das hab ich Carter zugesagt.«
»Verstehe.« Cyrus grinste wissend. »Was dagegen, wenn ich mich Ihnen anschließe?«
Sie marschierten bis zum Ende des breiter werdenden Tales und in das Seitenwadi, wo sich hoch über ihnen das in den Fels geschnittene Grab von Thutmosis III. befand. »Sieht aus, als wären diese Sch … die Simsahs wieder hiergewesen«, raunzte Emerson, einen Schutthaufen inspizierend. »Sie haben wohl nichts gefunden.«
»Gibt es denn hier noch was zu finden?« erkundigte sich Cyrus hoffnungsvoll.
»Wer weiß?« Emerson rieb sich nachdenklich das Kinn. »Man müßte das ganze Gebiet bis hinunter zum Sedimentgestein freilegen, und das ist eine verdammte Menge Geröll.«
Der Tag schleppte sich dahin. Die Sonne brannte vom Himmel; nirgends ein Fleckchen Schatten, und die Temperaturen stiegen rapide an. Emerson scheuchte Nefret und Selim mit der Kamera umher. Cyrus schlug vor, zum Tee ins Schloß zurückzukehren. Wie nicht anders zu erwarten, lehnte Emerson rigoros ab und schlug statt dessen den Weg in ein weiteres Seitenwadi ein. Unvermittelt drang eine vertraute Stimme zu ihnen.
»Da ist Mutter.« Ramses stieß seinen völlig geistesabwesenden Vater an. »Und Nasir, mit einem Picknickkorb. Na endlich. Ich bin am Verdursten.«
»Warum hast du denn nichts gesagt, mein Junge?« meinte Emerson vorwurfsvoll.
»Wer ist das da bei Mrs. Emerson?« fragte
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