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Amelie und die Liebe unterm Regenschirm

Amelie und die Liebe unterm Regenschirm

Titel: Amelie und die Liebe unterm Regenschirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Molden
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sich vor, um allzu viel Körperkontakt zu vermeiden, und küsste sie auf die Stirn. Letzteres tat er mit Innigkeit, während er dem Knutschen von Mitmenschen, seine nächsten mit eingeschlossen, wenig abgewinnen konnte.
    Er sei eben aus Salzburg angekommen und werde in vier Stunden wieder dahin zurückfahren. »Ich möchte mit eigenen Augen sehen, wie es dir geht. Deine telefonischen Befindlichkeitsberichte sind mir unter den gegebenen Umständen nicht genug.« Er musterte seine Tochter mit Bedacht. Dann nickte er, als sei er zu einem Schluss gekommen, und schlug vor, zu dem nahe gelegenen Wirt – »du weißt schon, der mit dem guten Gulasch« – zu gehen.
    Josefs Schwäche für die Wiener Küche entlockte Amelie ein Schmunzeln. Ehe sie das Geschäft mit ihm verließ, legte sie das Kommegleich-Schild deutlich sichtbar in die Auslage. Eine Mühe, die sie sich in letzter Zeit nur mehr sporadisch machte, die für Lenz, einen Geschäftsmann sterbenden Stils, jedoch unerlässlich war. »Aus Höflichkeit dem Kunden gegenüber. Dein Kunde ist dein König« – würde er gesagt haben.
    Arm in Arm gingen sie die Josefstädterstraße hinauf. Das Lokal, das sie aufsuchten, war um diese Tageszeit, wochentags, 11.30 Uhr, ziemlich leer. Während sie auf das Essen warteten, kam der Vater auf Amelies Situation zu sprechen.
    »An sich bin ich nach Wien gekommen, um dich zu fragen, ob du meine Hilfe brauchst. Aber ich habe den Eindruck, dass du ganz gut zurechtkommst«, stellte er fest.
    Der Kellner brachte das Gulasch und eine Semmel. Josef schloss kurz die Augen und sog den Duft der Speise ein. Er nahm die Semmel, drückte sie prüfend und nickte zufrieden, als sie krachte. »Handsemmel«, sagte er anerkennend. »Maschinensemmeln sind das halbe Vergnügen.«
    ›Vater ist ein Sinnenmensch‹, schoss es Amelie durch den Kopf. ›Obwohl er nicht so aussieht. Andererseits…‹ Rasch unterdrückte sie den keimenden Gedanken an Gregor Freytag und antwortete: »Danke nein«, sie werde mit der Sache allein fertig, das wolle und das müsse sie, schließlich habe sie sich die Misere ja auch ohne tätige Mithilfe der Familie eingebrockt.
    Josef nickte. »Mutter will wissen, ob du sie brauchen kannst. Ein Wort genügt, und sie kommt nach Wien, hilft dir einpacken, umsiedeln…«
    »Nein, nein! Lieb von ihr, aber danke nein«, wehrte Amelie rasch ab.
    Josef nahm einen Schluck von seinem Bier, dann tunkte er ein Stück der Semmel in den Saft. Er wartete darauf, dass der Bissen sich restlos vollsaugte und fragte bedächtig: »Wirst du zu Weihnachten nach Hause kommen?«
    Amelie überlegte eine Weile, dann schüttelte sie den Kopf. »Nein, Vater. Ich möchte den Laden am Heiligen Abend bis siebzehn Uhr offen halten. Es ist sein und mein letzter gemeinsamer Tag. Eine Art Abschiedszeremoniell, wenn du so willst. Und vielleicht kommt ja noch jemand vorbei, der in letzter Minute ein Geschenk braucht.« Klingt nicht lebensbejahend, dachte sie und setzte munterer fort. »Außerdem war ich zu Weihnachten noch nie in Wien, ich möchte das einmal erleben. Christmette im Stephansdom und so. An den Feiertagen muss ich eh meine letzten Trümmer aus dem Laden räumen, und bis zum 31. muss ich an die neue Mieterin übergeben. Eine nette Frau übrigens. Du würdest sie mögen. Sie und ich, wir haben uns auf einen fliegenden Wechsel geeinigt.«
    Josefs Teller war blank geputzt, als wäre er frisch gewaschen. Er lehnte sich zurück, sah seiner Tochter in die Augen und nickte anerkennend. »Ich verstehe dich gut. Im Übrigen möchte ich dir sagen, dass ich stolz auf dich bin. Du jammerst nicht, du tust, was getan werden muss. Ohne Lamento ziehst du die Konsequenzen aus deinem geschäftlichen Fehlverhalten. Einen Misserfolg mit Umsicht und Würde zu bereinigen, deutet darauf hin, dass du trotz allem das Zeug zu einer hervorragenden Geschäftsfrau hast.«
    Es war der Zeitpunkt, an dem Amelie schließlich doch Tränen in die Augen traten. Sie streckte die Hand aus, legte sie auf die des Vaters und murmelte: »Das mit der Geschäftsfrau glaube ich eher nicht. Aber eines weiß ich sicher: Ich habe ein Mordsglück mit meinen Eltern.«
    Es war an einem der letzten Oktobertage: Amelie hatte beschlossen, den Nachmittag im Salettl zu verbringen, um Lagerplatz für die zu erwartende Ware aus dem Laden zu schaffen. Das Wetter war trocken und relativ warm, das Küchenfenster stand offen. Amelie hockte vor der Schrankwand im Gang und versuchte, sich dem zu lösenden

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