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Amelie und die Liebe unterm Regenschirm

Amelie und die Liebe unterm Regenschirm

Titel: Amelie und die Liebe unterm Regenschirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Molden
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vorbei und schlug die Tür des Salettls hinter sich zu. »Gerettet«, sagte sie laut und wusste im selben Augenblick, dass das Gegenteil der Fall war. Nichts war so gelaufen, wie sie es geplant hatte. Nicht sie, sondern Hermann hatte die Marschroute festgelegt. Nun saß sie da und hatte ihn noch immer am Hals. »Irgendetwas mache ich falsch«, seufzte sie und fügte erbittert hinzu: »nicht einmal verzweifelt ist er gewesen!«
    Am Sonntag ging Amelie in den Laden, kramte in ihren Papieren und versuchte, über Internet ihre anstehenden Reisen zu buchen. Schweiz und England. Die wichtigsten Auktionen. Als es ihr nicht gleich gelang, ins Netz zu kommen, holte sie einen Zeichenblock und Buntstifte hervor und begann zunächst absichtslos, später zielgerichtet, Männergesichter zu zeichnen. Bärtige, faltige, glatte, schmale, vierschrötige. Sie probierte Hakennasen und Knollennasen, hohe und niedrige Stirnen, Hamsterbacken und hohle Wangen. Sah er so aus, der Galoschenmann, oder so…? Versuche ohne Anhaltspunkte, sie mussten unbefriedigend bleiben. Anders die rasch skizzierten Rückenansichten. Durchwegs große Männer, flatternde Mäntel, langes, dunkles Haar. Mit der grafischen Darstellung der Galoschen hatte sie allerdings Schwierigkeiten, und mit dem Hinken kam sie gar nicht zurande.
    Irgendwo in den Tiefen ihres ladenreichen Schreibtisches musste es Transparentpapier, rote Tusche und Federn in verschiedenen Breiten geben – jawohl! Sie legte die Zeichnungen zur Seite und begann auf den durchscheinenden Bogen Listen zu kalligrafieren.
    Erster Bogen: Anhaltspunkte. Größe: groß! Sicher 1,80 Meter, wahrscheinlich mehr. Brustbreite: breit, wie Hermanns zirka, fühlt sich aber besser an. Stimme: Angenehm. Dunkel. Lacht. Geruch: Acqua die Parma. Mantel: beige, könnte Ballonseide gewesen sein. Hosen: nass, aber ziemlich sicher grau. Galoschen: schwarzgrün. Zweiter Bogen: Grundsatzfragen: Will ich X wirklich finden? Warum will ich X finden? Habe ich eine Chance, X zu finden, und wenn ja, welche? Dritter Bogen: Wo suche ich? Wann suche ich? Wie lange suche ich?
    Das Erstellen der Listen nahm Amelie restlos gefangen. Mit rosigen Wangen betrachtete sie die fertigen Schriftstücke. Hübsch sahen sie aus, wäre schade, sie in einer Lade abzulegen… Auch aus praktischen Gründen besser, sie vor Augen zu haben… Sie sah sich um. Kein geeigneter Platz? Doch, die Wand vor der Tür, welche auf den Hof führt, gegenüber vom kleinen Spiegel. Nicht für jedermann ersichtlich, dennoch leicht einzusehen. Mit Reißnägeln befestigte Amelie die Listen, darüber heftete sie jene Rückenansicht des X, die sie für die gelungenste hielt. Ehe sie den Laden verließ, trat sie vor den Spiegel, um ihre Mütze aufzusetzen. Hinter ihrem Gesicht leuchteten die Listen. Rot auf Weiß. »Ich seh Spiegelschrift«, kicherte sie. Ihre Geschäftsreisen hatte sie über all dem vergessen.
    Am Montag gegen Mittag stürzte Uli in den Laden herein. »Hühnchen, ich muss dringend aufs Häusl, bis ins Theater schaff ich es nicht mehr, darf ich auf deins?« Er schnappte sich den Kloschlüssel und verschwand wie der Blitz im Hof. Sichtlich erleichtert kehrte er wieder, blieb vor dem Spiegel stehen, strich sich übers Haar, betrachtete sich zufrieden und stutzte. »Was ist das«, fragte er argwöhnisch und drehte sich auf den Absätzen um. Amelie zuckte mit den Achseln und gab keine Antwort. Uli trat dicht an die Wand, las die Listen rauf und runter, deutete auf die Zeichnung und sagte ohne Wärme: »Was soll das werden, eine Rasterfahndung?«
    »Blödsinn«, schnappte Amelie und tat, als suche sie nach etwas auf ihrem Schreibtisch. »Ist doch bloß eine Spielerei.«
    »So. Eine Spielerei. Und die hängst du dir an die Wand?«
    »Warum nicht, ist ja meine Wand«, fauchte sie, während sie Laden hektisch aufriss und wieder zuschmiss.
    Uli trat auf sie zu, fasste sie an beiden Schultern und rüttelte sie sanft. »Amelie Lenz, lass den Unsinn mit dem Galoschenmann. Du verrennst dich in etwas, das zu nichts führen kann. Noch bist du den Cherusker nicht los, und schon tappst du in die nächste Falle.«
    Amelie schüttelte seine Hände ab. »Da irrst du dich aber!«, sagte sie heftig. »Hermann bin ich seit vergangenen Samstag los – naja, so gut wie los. Und der Galoschenmann ist… ist…ist bloß ein Kopfabenteuer. Du selbst hast mir doch immer wieder vorgehalten, dass es in meinem Leben nichts Spannendes gibt. Also gut, ich finde die Geschichte mit Mr X

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