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Amelie und die Liebe unterm Regenschirm

Amelie und die Liebe unterm Regenschirm

Titel: Amelie und die Liebe unterm Regenschirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Molden
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Viertel der Wiener Innenstadt, das wegen seiner auf nächtlichen Vergnügungen beruhenden Anziehungskraft das Bermuda-Dreieck genannt wurde. Laden war für den gräflichen Second-Hand-Shop wahrhaftig das falsche Wort. Es handelte sich in der Tat um zwei weite, lichte Hallen. Im ersten Stock eines Eckhauses gelegen, ursprünglich für eine Manufaktur gedacht, war hier jahrelang eine bekannte Kunstgalerie untergebracht gewesen. Als das Geschäft mit der Kunst vor ein paar Jahren zu stagnieren begann, war die Second-Hand-Gräfin eingezogen.
    Ulis Handkuss konnte Amelie nicht bestellen, denn die Gräfin war nicht zugegen. An ihrer Stelle amtierte eine ätherische junge Person, welche blasiertes Desinteresse an den Tag legte und die wenigen Worte, zu denen sie sich herabließ, durch die Nase sprach.
    »Ich komme auf Empfehlung von Uli Hahn«, hatte Amelie sich leicht befangen eingeführt.
    Die Ätherische hatte bloß herablassend genickt.
    »Ich suche ein Cocktailkleid, nein, eher ein kurzes Abendkleid…«
    »Dort drüben«, lispelte die Ätherische und wedelte mit matter Hand Richtung Fenster.
    Es war neun Uhr morgens, die Strahlen der Frühlingssonne trafen schräg auf die prächtig glänzenden Textilien. Valentino. Lagerfeld. Gucci. Armani. Chanel… Alles da. Unschlüssig schob Amelie die kostbaren Stücke auf dem Kleiderständer hin und her. Hatte Uli »günstige Preise« gesagt? Eher saftig, fand Amelie. Zu saftig für ihr Budget. Und keines der Kleider erweckte ihre Begehrlichkeit. Zu extravagant dies, zu aufgedonnert jenes…das vielleicht? Ja, das noch am ehesten…Calvin Klein. Raffinierter Schnitt, trotzdem schlicht. Schönes Rot. Sauteuer. Amelie nahm das Kleid vom Haken und hielt es sich vor einem der Standspiegel an. Elegant, tolle Linie, das Rot biss sich nicht mit ihren Augen. Ob sie es anprobieren sollte? Als sie sich nach der Ätherischen umwandte, um zu fragen, wo sie sich umziehen könne, entströmte dem Kleid, das sie über dem Arm hielt, ein schwacher Geruch. Das Parfum der Vorbesitzerin.
    Amelie hängte das Kleid zurück. Nein, keine Federn fremder Frauen auf meiner Haut. ›Nicht auf meiner Haut.‹ Auch nicht für Bartenberg. Schon gar nicht für Bartenberg. Nicht auszudenken, wenn sie in dem roten Kleid ankäme und dort zufällig jener Frau gegenüberstände, die es bei der Böheimstetten verscherbelt hatte.
    Der Entschluss, hier nichts zu kaufen, stimmte sie frei und heiter. Weiter umsehen wollte sie sich dennoch. Schon Ulis wegen, der mit Sicherheit einen Bericht von ihr einfordern würde.
    Langsam schritt sie die Parade der Kleiderständer ab. Pelze. Mäntel, Kostüme, Kleider. Sogar Negligés! Wie konnte man auch nur daran denken, ein Kleidungsstück mit unbekannter intimer Vergangenheit erwerben und in es hineinschlüpfen zu wollen? Kopfschüttelnd bog Amelie um eine stumpfe Ecke in die zweite Halle. Und riss die Augen auf.
    Kein Zweifel, das war sie, Ulis Höhle des Ali Baba. Accessoires aller Art. Und Restbestände aus adeligen Häusern. Attraktiv zur Schau gestellt auf Tischen und Podesten.
    Prächtige alte Spazierstöcke. Ein grauer Zylinder. Fächer, einer davon aufgespannt, ein Traum aus Elfenbein und weißen Straußenfedern. Spitzenfichus. Broschen und Hutnadeln aus Strass. Zwei Federboas. Bestickte Abendtäschchen…
    Und dort drüben alles für die Jagd: ein aufklappbarer Hocker, Plaids, Feldstecher in ledernen Futteralen, Patronentaschen, eine Haube mit Ohrenschützern aus weichstem Leder mit Biberpelz gefüttert…
    Ganz hinten im Raum war ledernes Reisegepäck aufgebaut. Schwere, kostbare Koffer, die sich längst überlebt hatten. Gemacht für Herrschaften, die selbst keinen Finger krümmten, um die schweren Trümmer auch nur einen halben Meter zu befördern.
    Museal, aber erlesen, dachte Amelie, während sie die von Hand gearbeiteten Stücke eins ums andere betrachtete. Ein Köfferchen mit Henkel, das sich öffnen ließ wie ein zweitüriger Schrank, darin zwei Kristallflaschen für geistige Getränke, dazu silberne Trinkbecher. Ein Reisenecessaire mit Kristallflacons, silbernen Bürsten und Schildpattkämmen. Ein lederner Rucksack, ein Sattel, ein paar Reitpeitschen. Und Reisekoffer in allen Größen und Farben. Hutkoffer, Koffer für den Herrn, Koffer für die Dame. Fast beschämt dachte Amelie an ihr Allerweltsgepäck der Marke Samsonite, griff nach einem weinroten Kalbslederkoffer mit Messingbeschlägen, ächzte unter seinem Gewicht und stellte ihn sofort wieder ab. Da erst

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