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Amelie und die Liebe unterm Regenschirm

Amelie und die Liebe unterm Regenschirm

Titel: Amelie und die Liebe unterm Regenschirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Molden
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mit ihren kurzen, fleischigen Fingern in einem Adressbuch zu blättern begann. Als sie das Gesuchte gefunden hatte, kritzelte sie einen Namen, eine Adresse und eine Telefonnummer auf ein Blatt Papier und reichte es Amelie. »Es widerspricht meinem Geschäftsethos. Ich weiß auch nicht, warum ich es tue. Aber Sie haben so ein Gesicht…« Sie lächelte ein klein wenig ironisch, als sie hinzufügte: »Ich hoffe, Sie finden, was Sie suchen, meine Liebe.«
    Gregor Freytag. Wien, 4. Bezirk, Wohllebengasse… Das Phantom hatte einen Namen, eine Adresse und eine Telefonnummer. Das Phantom nahm Konturen an.
    Gregor Freytag…Mit der linken Hand presste Amelie den Plastiksack mit den Gamaschen an ihr Herz, mit der rechten hielt sie den Zettel der Böheimstetten umklammert, als hätte sie Angst, dass man ihn ihr stehlen könnte. Langsam, fast feierlich ging sie zu Fuß in ihren Laden. Während sie den Rollbalken hinaufschob und die Tür aufsperrte, hielt sie den Adresszettel mit den Lippen fest. Noch ehe sie die Beleuchtung angedreht hatte, trat sie an ihren Schreibtisch, auf dem die immer noch in Arbeit befindliche Puppenstube stand. Sie schob den Zettel mit der Adresse unter das Puppentischchen, barg die Gamaschen in einem der Schreibtischfächer, richtete sich auf und atmete tief durch. Nein, sie würde nicht hudeln nach den verwirrenden Monaten ihrer Suche nach X, jetzt, da sie ihn gefunden hatte, nichts überstürzen.
    »Gregor Freytag…er heißt Gregor Freytag, Augustle«, teilte sie dem Bären mit, als sie ihn aus der Auslage hob. Eine Weile stand sie mit hängenden Armen mitten im Raum und überlegte, welches ihrer Stücke als Auslagendekoration außergewöhnlich genug wäre, um diesen außergewöhnlichen Tag würdig zu begehen. Ihre Wahl fiel auf ein Glücksspiel. Das Kakelorum. Ein kunstvoll gestaltetes rundes Holzbrett, in das hundert mit Nummern versehende Mulden eingearbeitet waren. Am Rand des Brettes war eine bemalte hölzerne Figur mit Krönchen angebracht. Steckte man eine Kugel in das Krönchen, rollte dieselbe über eine in den Körper der Figur eingearbeitete Spirale nach unten, um auf das Brett zu kullern und schließlich, vom Zufall geleitet, in einer der – Gewinn oder Verlust anzeigenden – Mulden liegen zu bleiben.
    Amelie holte das Spiel aus einem der versperrbaren Kästen, trug es zur Auslage und setzte es gemessen, als zelebriere sie eine kultische Handlung, auf den verspiegelten Boden der Auslage. Klein und kostbar sah es darauf aus. Etwas für Bartenbergs Neffen, ging es ihr flüchtig durch den Kopf. Dann setzte sie sich an den Schreibtisch, nahm den Adresszettel zur Hand und sammelte sich. ›Ich werde ihn anrufen, seine Stimme endlich wieder hören…Und was sage ich, wenn er sich meldet? Am besten nichts. Noch nicht, ich würde sicher stottern vor Aufregung…nein, ich höre mir seine Stimme an und lege auf, melden werde ich mich beim nächsten Mal.‹
    Während sie Gregor Freytags Nummer wählte, klopfte ihr Herz laut und dumpf und in ihren Ohren rauschte es. Fünfmal ratschte das Telefon in der Wohllebengasse, ehe sich die Beatles meldeten. We all live in a yellow submarine, yellow submarine, yellow submarine, we all live in a yellow submarine, yellow submarine, yellow submarine … Auch die Beatles rauschten, schlechte Tonqualität. Nach ein paar Knacksern eine Stimme, die scheinbar aus weiter Ferne kam: Hallo Fremdling! Ciao Bella! Servus Freund! Bin zurzeit außer Landes. Erbitte Name, Telefonnummer und Anliegen. Werde mich nach meiner Rückkehr melden . Knacks.
    Schwer zu sagen, wie oft Amelie Gregor Freytags Nummer in den folgenden Tagen wählte, um seine Stimme zu hören. Sie wählte sie morgens nach dem Aufstehen, mittags statt Essen, abends, um entspannt einschlafen zu können, und zwischendurch, um festzustellen, ob zur Abwechslung der leibhaftige Gregor an der Strippe sein würde. Dass das Tonband so beharrlich lief, erfüllte sie nicht mit Ungeduld, nun, da sie ihren Gamaschenmann enttarnt hatte. Irgendwann würde er selber antworten, dann würde sie sich ihm locker vorstellen, der Rest würde sich ergeben. Mittlerweile prägte sie sich seine helle, kecke Stimme ein. Sie deckte sich nicht mit der Stimme, die sie in Erinnerung hatte. Dass Gregor Freytag auch dem Bild des kantigen Brünetten, das sie seinerzeit von X entworfen hatte, nicht entsprach, dessen war sie jetzt ebenfalls sicher.
    Am Palmsonntag rief Lizzi aus Salzburg an, um zu fragen, ob Josef und sie die geplante Reise

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