América
sich zu entspannen.
Außerdem war sie seit langem neugierig auf Dominick Flood. Erna erwähnte ständig seinen Namen, und es war immer etwas Geheimnisvolles, ein Flüsterton um diese ganze Geschichte - seine Verurteilung, dieser Fußreifen, den er tragen mußte, daß seine Frau ihn verlassen hatte -, und obwohl er dafür bekannt war, daß er oft Leute zu sich einlud (was konnte er sonst schon tun?), hatte Kyra ihn bis jetzt noch nicht kennengelernt und war auch nie in seinem Haus gewesen. Sie mußte zugeben, daß sie positiv beeindruckt war. Das Haus war geschmackvoll, nichts Protziges oder Aufdringliches, stilistisch reiner Südwesten, mit ein paar wirklich hübschen Details, wie etwa den Talavera-Fliesen in der Küche zu den beiden antiken retablos, die einen betenden Heiligen darstellten, und es war auch interessant zu sehen, was er mit einem Grundriß angefangen hatte, der identisch mit dem ihres Hauses war. Der Mann selbst war auch keine Enttäuschung. Äußerst charmant. Und mit einem gefährlichen Blitzen in den Augen, wenn er sie flüchtig ansah, dazu dieser sprühende Tonfall. Eine Eroberung hatte er jedenfalls schon gemacht - ihre Mutter war ihm nicht von der Seite gewichen, seit sie eingetroffen waren. Zu schade, daß er nicht zum Essen mitkommen konnte.
Kyra wanderte lässig von einer Gruppe zur nächsten und fühlte sich fast wie zu Hause, als wäre es ihre eigene Party. Sie kannte mindestens die Hälfte der Anwesenden, und sie war neugierig auf die, die sie nicht kannte - Dominicks Freunde von außerhalb Arroyo Blanco -, so wie sie auch auf ihn neugierig war. Falls sie Gangstertypen oder schlitzohrige Börsenhaie erwartet hatte, wurde sie enttäuscht. Die Fassade zeigte keine Risse. Mit einem Paar aus Brentwood unterhielt sie sich über Kakteen, japanische Holzschnitte aus dem neunzehnten Jahrhundert, den Grundstücksmarkt und Segelyachten, und dann sprach sie mit einem zerstreuten Brillenträger von Mitte Dreißig, der eine Art Forscher zu sein schien und sich im Vatikan durch uralte Handschriften arbeitete, allerdings fand sie nicht heraus, zu welchem Zweck. Und dann war da noch eine Dreiergruppe - zwei Schwestern und der Mann der fülligeren der beiden (oder der schlankeren?) -, die ihr dauernd Wein nachschenken wollten, obwohl ein Glas ihr Limit war, und mit denen sie Tennis, Nahuatl-Figurinen, den Grundstücksmarkt und das NAFTA-Freihandelsabkommen diskutierte. Ein capo oder consigliere war nirgendwo in Sicht.
Sie hatte ihr Glas mit Evian gefüllt und stand mit Erna und Selda Cherrystone vor den Canapés, und so spaltete sich ihre eigene kleine Party allmählich ab, auch wenn ihre Mutter immer noch auf der anderen Seite des Raums den Gastgeber mit Beschlag belegte, und Kyra fühlte sich gut, wirklich gut, zum erstenmal seit langer Zeit. Zumindest für diesen Tag hatte der Grundstücksmarkt Pause - den Rest des Wochenendes allerdings würde es mit Volldampf weitergehen, es war das letzte wichtige Wochenende der Saison, und die Leute versuchten, in den dreißig Tagen vor Weihnachten noch schnell ihr Eigenheim abzustoßen -, und das Da-Ros-Haus war sicher für den Feiertag, alle Türen und Fenster fest verschlossen. Sie hatte es noch niemandem gesagt - weder Delaney noch Jordan -, aber jetzt, da es die Mauer gab und der ganze Ärger hinter ihnen lag, überlegte sie - einstweilen überlegte sie nur -, ob sie einen neuen Hund kaufen sollten, vielleicht einen Sheltie, zu Jordans Geburtstag. Das würde den Kreislauf wieder schließen. Und die Wunden heilen lassen.
Sie sah aus dem Fenster, wo die Sonne als goldenes, wohltuendes Wesen die üppigen Blätter der Kamelien saftig grün schimmern ließ, und in einem Augenblick der Erkenntnis wurde ihr bewußt, daß es diesen Himmelskörper zu verehren und genießen galt, war er doch der größte Verbündete des Maklers, und sie vergaß die Stürme, die Hitze der letzten Tage, den schrecklich trockenen, durstigen Wind, der durch den Cañyon zum Meer hinabfegte, vergaß all das, bis auf einmal jemand auf einen Tisch sprang und »Feuer!« brüllte, worauf der Tag um sie herum in Stücke zerfiel.
Delaney war nicht der ängstliche Typ, aber beim ersten Gellen der Sirenen mußte er sofort an Jordan denken, der allein im Haus zurückgeblieben war. Er fand sich mit den übrigen Partygästen auf dem Rasen vor Dominick Floods Haus wieder und starrte auf die wirbelnde schwarze Rauchsäule hinab, die unheilverkündend aus dem Cañyon unter ihnen aufstieg. Es bestand
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