América
er.
»Du kannst nicht hierbleiben.«
»Ich will nicht mitfahren.«
»Mußt du aber.«
»Mom kommt doch gleich.«
»Steig ins Auto.«
Den Cañyon hinunter fuhr um diese Zeit niemand - es war fast sechs -, und Delaney schaffte es in acht Minuten, obwohl zwei Autos vor ihm an dem Tor standen, das am Nachmittag errichtet worden war, um das Gesindel von den elysischen Gefilden von Arroyo Blanco Estates fernzuhalten. Der Parkplatz war allerdings ziemlich voll, voll genervter Pendler, die ihre steifen Glieder schüttelten, während sie aus den Autos wankten und durch die Ladentür stolperten, auf der Suche nach Sechserpacks, Fertigsalaten (nur noch die Fertigsoße hinzufügen) und Kartons mit Magermilch. Jordan saß sicher angeschnallt auf dem Vordersitz, über seinen Gameboy gebeugt. »Kommst du mit rein?« fragte Delaney.
Zack, peng, zing-zing-zing. »Nö.«
Und dann kam Delaney in Gang, stürmte auf leichten Füßen los - und was brauchten sie sonst noch: Milch? Brot? Kaffee? -, die Schultern defensiv eingezogen, während er Lücken zwischen den Körpern und sperrigen Wagen der anderen Kunden suchte. Die Pasta hatte er schon unter dem Arm - Perciatelli, Importware, die in der blaugelben Schachtel -, zwei Baguettes, ein Stück Pecorino, eine große Tüte Milch und ein Glas mit eingelegten Peperoni hielt er gegen die Brust gepreßt, als er auf Jack Jardine stieß. Er hatte gerade an die Krötenechse (die meisten Leute nannten sie fälschlicherweise Hornkröte) gedacht, die er auf seiner nachmittäglichen Wanderung gesehen hatte, und an ihre erstaunliche Fähigkeit, einen potentiellen Angreifer aus den Augenhöhlen mit Blut zu bespritzen, und er erkannte Jack erst, als er direkt vor ihm stand.
Es war eine peinliche Situation. Nicht nur, weil Delaney praktisch im Laufschritt unterwegs war und Jack beinahe umrannte, sondern auch wegen des Vorfalls auf der Versammlung vor anderthalb Wochen. Rückblickend hatte Delaney den unangenehmen Verdacht, sich dort zum Narren gemacht zu haben. »Jack!« stieß er hervor und spürte wie sein Gesicht alle möglichen Mienen durchspielte, bis es sich auf ein bedauerndes Lächeln festlegte.
Jack stand leicht nach hinten gelehnt, zugeknöpftes Jackett, tadellose Krawatte, ein Einkaufskorb aus Plastik lässig von den Fingern baumelnd. Darin lagen zwei Flaschen Merlot, ordentlich nebeneinander, mit dem Hals nach vorn. Wie üblich sah er fabelhaft aus in einem hellen Zweireiher, der seine Sonnenbräune betonte und den Farbton seines dichten blonden Barts aufgriff. »Delaney«, begrüßte er ihn und griff nach einem Glas mit marinierten Artischockenherzen. Sein Lächeln wirkte würdevoll und zugleich etwas abwesend. Er stellte das Glas in den Korb und richtete sich auf. »Du warst ja neulich ziemlich aufgeregt«, bemerkte er und entblößte nun auch seine Zähne, das volle, strahlende Grinsen, das ganze Geschworenenbänke hypnotisierte. »Sogar ich war überrascht.«
»Ja, meine Nerven sind wohl mit mir durchgegangen.«
»Nein, nein, du hattest ja recht. Völlig recht. Aber du kennst unsere Nachbarn doch ebenso gut wie ich: Wenn man sich da nicht an die Tagesordnung hält, dann gibt's schlicht und einfach Chaos. Und die Sache mit dem Tor war wichtig, wahrscheinlich der wichtigste Punkt, den wir in meinen zwei Jahren als Vorsitzender debattiert haben.«
Einen Augenblick lang sah Delaney das Phantom-Auto wieder vor sich, wie es den Piñon Drive entlangschlich, die wummernden Lautsprecher wie das Pochen eines monströsen Herzens. Er zwinkerte, um das Bild zu verscheuchen. »Glaubst du wirklich? Ich würde sagen, es ist unnötig - und, ich weiß nicht, irgendwie auch verantwortungslos.«
Jack musterte ihn verwundert. »Verantwortungslos?«
Delaney verschob seine Lasten ein wenig, die Milch von der rechten in die linke Hand, die Baguettes unter den Arm, die Pasta gegen die Brust. »Ich weiß nicht. Ich hänge mehr der Idee an, daß wir in einer Demokratie leben, so wie es der Typ in der kurzen Hose auf der Versammlung gesagt hat ... Ich meine, wir sitzen doch alle im selben Boot, und wie willst du rechtfertigen, daß wir uns vom Rest der Gesellschaft abschotten?«
»Zur Sicherheit. Zum Selbstschutz. Aus Weisheit. Dein Auto schließt du doch auch ab, oder? Und deine Haustür?« Ein Zungenschnalzen, das Gewicht von einer Hüfte auf die andere verlagert, die blauen Augen hart wie Stein. »Delaney, glaub mir, ich weiß, wie du dich fühlst. Aber du hast doch gehört, was Jack Cherrystone zu
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