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América

América

Titel: América Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Art - danke, auf Wiedersehen, tut mir leid; sie verstand es nicht -, dann knallte er die Tür vor ihr zu.
    Der Tag sank in ihre Adern wie ein Elixier, und sie arbeitete in einem Delirium aus Dämpfen, putzte eine Statue nach der anderen, die schmerzenden Hände durch den dünnen Gummifilm vor dem ätzenden Mittel geschützt. Ihre Augen tränten, ihre Kehle brannte, doch sie konzentrierte sich auf die Arbeit und die handfesten fünfundzwanzig Dollar, die der patrón ihr geben würde, wobei sie möglichst nicht an die Rückfahrt denken wollte und daran, wie es sein würde, neben ihm im Auto zu sitzen. Sie dachte lieber an den cocido, den sie vom Verdienst des Vortags mit Cándido gekocht hatte, stellte sich das Fleisch vor, die Chilischoten, die Bohnen und die Zwiebeln - und die Tortillas, den Käse und die hartgekochten Eier, die es dazu gegeben hatte -, alles sauber eingewickelt in die Plastiktüten aus dem Laden und gut versteckt unter einem Felsen, in einem kühlen Loch, das sie im feuchten Sand des Bachbetts gegraben hatte. Aber wenn nun irgendein Tier es entdeckte? Was gab es hier im Norden? Den mapuche, einen kurzschnäuzigen Cousin des Nasenbären, ein verschlagenes, schlaues Tier. Immerhin, der Stein war schwer, und sie hatte das Essen so fest wie möglich eingewickelt. Eher würden es schon die Ameisen entdecken - die kamen überall hin, diese heimtückischen Biester, schlimmer als Sandkörner -, und während sie einen von tausend schwarz angelaufenen Buddhas putzte, sah sie eine ganze Ameisenstraße vor sich, so dick wie ihr Unterarm, die in den Topf hinein und wieder hinausführte. Diese Vorstellung machte ihr Hunger, und sie zog die Handschuhe für einen Augenblick aus, um die mitgebrachten trockenen Cracker und die Käsescheibe zu verspeisen, und dann lief sie schnell ins Bad, um am Wasserhahn einen Schluck Wasser zu trinken und sich auf die Toilette zu setzen, wobei sie diesmal kurz spülte, aber schon wieder am Tisch saß, ehe das Rauschen des Wassers verklungen war.
    Sie arbeitete hart, arbeitete ohne Unterlaß bis zum Abend, kämpfte die Tränen und das Schwindelgefühl nieder, um zu zeigen, was sie wert war, um dem patrón zu beweisen, daß sie allein genauso viele Buddhas putzen konnte, wie sie und Mary am Tag zuvor zusammen geschafft hatten. Er würde es bemerken und ihr danken und sie am nächsten Tag und am Tag darauf wiederkommen lassen, und er würde wissen, daß sie mehr wert war als die Sorte Frau, die seine Hand auf ihrem Schoß ergriffen und sie an ihre Brüste gedrückt hätte. Als er dann endlich kam - um sechs Uhr, nach der rosettenförmigen Wanduhr -, schien er jedoch nichts davon zu bemerken. Er nickte ihr nur ungeduldig zu und ging mit schweren Schritten zum Auto, während sich die Garagentür wie von Geisterhand öffnete.
    Er legte ihr nicht die Hand auf den Schoß. Auch das Radio schaltete er nicht ein. Als er auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt anhielt, zog er die Brieftasche hervor, drehte sich ächzend auf dem Sitz herum, nahm einen Zwanziger und einen Fünfer heraus und sah dann aus seinen blauen Augen in die Ferne, während sie sich mit dem Türgriff abmühte und ausstieg. Die Tür knallte zu, der Motor heulte auf, und er war weg.
    Cándido war nirgends zu sehen. Der Parkplatz war voll mit Weißen, die in den Laden hinein- und wieder hinaushetzten, braune Plastiktüten unter die Arme geklemmt, und die Arbeitsvermittlung gegenüber lag verlassen da. Sie verspürte eine tiefe Enttäuschung - hier waren sie schließlich verabredet -, und lange Zeit stand sie mitten auf dem Parkplatz herum und sah unschlüssig in die Gegend. Und dann wurde ihr klar, daß Cándido Arbeit gefunden haben mußte. Natürlich. Wo sollte er sonst sein? Ein Gefühl wie Freude durchströmte sie, aber es war keine richtige, jedenfalls keine grenzenlose Freude - die konnte sie nicht empfinden, solange sie kein Dach über dem Kopf hatte. Doch wenn Cándido Arbeit hatte, dann hätten sie genügend Geld zum Essen für eine Woche, vielleicht für zwei, und wenn sie jetzt beide Arbeit fanden - wenn auch nur jeden zweiten Tag -, konnten sie anfangen, für eine Wohnung zu sparen.
    Einstweilen aber blieb ihr nichts anderes übrig, als zu warten. Sie ging über den Parkplatz, die Geldscheine in der Hand, und fand einen unauffälligen Baumstumpf an der Ecke des Gebäudes. Von dort konnte sie nach Cándido Ausschau halten und war aus dem Weg - die vielen Gringos machten sie nervös. Bei jedem Auto, das auf den Platz

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