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American Gods

American Gods

Titel: American Gods Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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glaube, dass jeder, der behauptet, Sex wäre eine überschätzte Sache, es einfach noch nicht richtig gemacht hat. Ich glaube, dass jeder, der behauptet, er weiß, was Sache ist, auch bei den kleinen Dingen lügt. Ich glaube an unbedingte Ehrlichkeit und an Notlügen aus Vernunft. Ich glaube an das Recht der Frauen zur Eigenbestimmung und an das Recht der Babys zu leben, ich glaube, dass zwar alles menschliche Leben heilig, gegen die Todesstrafe aber dennoch nichts einzuwenden ist, sofern man dem Rechtssystem blind vertrauen kann, aber nur ein Vollidiot würde dem Rechtssystem vertrauen. Ich glaube, dass das Leben ein Spiel ist, dass das Leben ein grausamer Witz ist und dass das Leben das ist, was passiert, wenn man lebt, und dass man sich ruhig zurücklehnen und es genießen sollte.« Sie brach ziemlich außer Atem ab.
    Shadow hätte beinahe die Hände vom Steuer genommen, um ihr zu applaudieren. Stattdessen sagte er: »Okay. Wenn ich Ihnen also erzähle, was ich weiß, werden Sie mich nicht für verrückt halten.«
    »Kann sein«, sagte sie. »Stellen Sie mich halt auf die Probe.«
    »Würden Sie glauben, dass alle Götter, die sich die Menschen je vorgestellt haben, heute immer noch unter uns sind?«
    »… unter Umständen.«
    »Und dass es da draußen neue Götter gibt, Götter des Computers, des Telefons und was auch immer, und dass sie alle der Ansicht zu sein scheinen, dass es auf der Welt nicht genug Platz für beide Seiten gibt? Und dass wahrscheinlich eine Art Krieg bevorsteht?«
    »Und diese Götter sollen die beiden Männer getötet haben?«
    »Nein, meine Frau hat die beiden Männer getötet.«
    »Ich dachte, Sie hätten gesagt, Ihre Frau ist tot.«
    »Ist sie auch.«
    »Dann hat sie sie also umgebracht, bevor sie gestorben ist?«
    »Danach. Fragen Sie nicht.«
    Sie hob die Hand und wischte sich die Strähnen aus der Stirn.
    Sie hielten in der Main Street vor der Kneipe an. Das Schild über dem Fenster zeigte einen überrascht dreinschauenden Hirsch, der auf den Hinterbeinen stand und in den Vorderläufen ein Glas Bier hielt. Shadow nahm die Tüte mit dem Buch und stieg aus.
    »Warum sollten sie Krieg führen?«, sagte Sam. »Das kommt mir irgendwie nutzlos vor. Was gibt es denn da zu gewinnen?«
    »Ich weiß nicht«, gestand Shadow.
    »Es ist leichter, an Außerirdische zu glauben als an Götter«, sagte Sam. »Vielleicht waren Mister Town und Mister Soundso ja Men in Black , nur von der außerirdischen Sorte.«
    Sie standen vor der Kneipe auf dem Bürgersteig, und Sam verharrte dort. Sie sah Shadow an, während ihr Atem wie eine blasse Wolke in der Abendluft hing. »Sagen Sie mir einfach, dass Sie einer von den Guten sind«, sagte sie.
    »Das kann ich nicht«, sagte Shadow. »Ich wollte, ich könnte es. Aber ich tue mein Bestes.«
    Sie biss sich auf die Unterlippe und ließ ihn nicht aus den Augen. Dann nickte sie. »Das reicht mir«, sagte sie. »Ich werde Sie nicht anzeigen. Sie dürfen mir jetzt ein Bier ausgeben.«
    Shadow stieß die Tür auf, und ein Schwall von Hitze und Musik schlug ihnen entgegen. Sie gingen hinein.
    Sam winkte einigen Bekannten zu. Shadow nickte in die Richtung einer Hand voll von Leuten, deren Gesichter – wenn auch nicht die Namen – er von der Suche nach Alison McGovern kannte oder die er morgens öfter bei Mabel’s sah. Chad Mulligan stand an der Bar und hatte den Arm um die Schultern einer kleinen Rothaarigen gelegt – die »entfernte Mischpoke«, vermutete Shadow. Er war neugierig, wie sie wohl aussah, aber sie hatte ihm den Rücken zugewandt. Chad hob die Hand zu einem spaßhaften militärischen Gruß, als er Shadow erblickte. Shadow winkte grinsend zurück. Er sah sich nach Hinzelmann um, aber der Alte schien an diesem Abend nicht anwesend zu sein. Shadow machte weiter hinten einen freien Tisch ausfindig und ging darauf zu.
    Dann begann jemand zu schreien.
    Es war ein Schrei, der Unangenehmes verhieß, ein Schrei aus voller Kehle, hysterisch, als hätte jemand einen Geist erblickt. Shadow drehte sich um, überzeugt, dass jemand einem Mord zum Opfer fallen sollte, aber dann bemerkte er, dass alle Augen auf ihn gerichtet waren. Selbst die schwarze Katze, die tagsüber auf der Fensterbank schlief, erhob sich mit aufgerichtetem Schwanz von der Jukebox und starrte Shadow an.
    Die Zeit verlangsamte sich.
    »Haltet ihn fest!«, schrie eine Frauenstimme kurz vorm Überschnappen. »Oh, um Gottes willen, jemand soll ihn aufhalten! Lasst ihn nicht entkommen! Tut doch was!«

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