American Gods
Schlacht«, sagte es mit klebriger Stimme.
»Es wird überhaupt keine Schlacht geben«, sagte der dicke Junge. »Was uns hier bevorsteht, ist nichts anderes als ein beschissener Paradigmenwechsel. Systemabsturz. Modalitäten wie Schlacht klingen so verdammt nach Lao-tse.«
Das krebsartige Ding blinzelte. »Abwarten«, war alles, was es darauf erwiderte.
»Na ja, egal«, sagte der dicke Junge. »Ich bin auf der Suche nach Mister World. Hast du ihn gesehen?«
Das Ding kratzte sich mit einem Skalpell und schob in konzentriertem Nachdenken die tumorige Unterlippe vor. Dann nickte es. »Da drüben«, sagte es.
Der dicke Junge ging, ohne sich zu bedanken, in die angegebene Richtung. Das krebsartige Ding wartete schweigsam, bis der Junge außer Sicht war.
»Und es wird doch eine Schlacht sein«, sagte das krebsartige Ding dann zu einer Frau, deren Gesicht voller Phosphorflecken war.
Sie nickte und lehnte sich näher zu ihm. »Und wie findest du das?«, fragte sie ihn mit einfühlsamer Stimme.
Es blinzelte, und dann hob es an, ihr die Sache auseinander zu setzen.
Towns Ford Explorer war mit einem GPS-Navigationssystem ausgestattet, einem kleinen Bildschirm, der mit Satelliten in Verbindung stand und dem Auto seinen Standort anzeigte; dennoch verirrte er sich, nachdem er südlich von Blacksburg auf die Landstraßen geraten war: Die Straßen, auf denen er fuhr, schienen wenig mit dem Gewirr von Linien auf der Bildschirmkarte zu tun zu haben. Schließlich hielt er auf einem Feldweg an, um das Fenster herunterzukurbeln und eine korpulente weiße Frau, die von einem Wolfshund zu seinem morgendlichen Auslauf gezogen wurde, nach dem Weg zur Ashtree-Farm zu fragen.
Sie nickte, zeigte in eine Richtung und sagte etwas zu ihm. Er konnte kein Wort verstehen, bedankte sich aber trotzdem vielmals, kurbelte das Fenster wieder hoch und fuhr in die Richtung weiter, in die sie gedeutet hatte.
So verbrachte er noch einmal vierzig Minuten damit, einer Landstraße nach der anderen zu folgen, ohne dass eine davon die gesuchte war. Town kaute immer heftiger an seiner Unterlippe.
»Ich bin zu alt für diesen Scheiß«, sagte er laut, um den Filmstarüberdruss der Äußerung auszukosten.
Er ging hart auf die fünfzig zu. Den Großteil seines Arbeitslebens hatte er in einer Regierungabteilung verbracht, die nur dem Namen nach existierte, und ob er nun eigentlich vor einem Dutzend Jahren aus seiner Staatsanstellung in den privaten Sektor übergewechselt war oder nicht, war Ansichtssache: Mal dachte er so, dann wieder anders. Egal, es war sowieso nur der Mann auf der Straße, der ernsthaft glaubte, dass da überhaupt ein Unterschied bestehe.
Er war drauf und dran, die Farm abzuschreiben, als er über einen Hügel kam und das handgemalte Schild am Tor sah. In aller Schlichtheit, so wie es ihm angekündigt worden war, sagte es: ASH. Er hielt den Ford Explorer an, stieg aus und bog den Draht auseinander, der das Tor geschlossen hielt. Er stieg zurück in den Wagen und fuhr hindurch.
Es ist, wie wenn man einen Frosch kocht, dachte er. Man steckt den Frosch ins Wasser, dann stellt man die Flamme an, und bevor der Frosch merkt, das irgendwas nicht stimmt, ist er schon gar. Die Welt, in der er, Town, arbeitete, war schon reichlich abgefahren. Es gab keinen festen Grund unter den Füßen, das Wasser im Topf brodelte wie verrückt.
Als er in die Organisation versetzt worden war, schien alles so simpel zu sein: Inzwischen war alles so … nicht komplex, überlegte er – einfach nur bizarr. Er hatte heute Morgen um zwei Uhr in Mister Worlds Büro gesessen und seine Anweisungen empfangen. »Haben Sie alles verstanden?«, hatte Mr. World gesagt, indem er ihm ein Messer in dunkler Lederscheide überreichte. »Sie schneiden mir einen Stock ab. Er muss nicht länger sein als drei Handspannen.«
»Wird gemacht«, sagte Town. Und dann sagte er: »Warum soll ich das tun, Sir?«
»Weil ich es Ihnen sage«, erwiderte Mr. World rundweg. »Finden Sie den Baum. Erledigen Sie Ihre Aufgabe. Wir treffen uns dann in Chattanooga. Vergeuden Sie keine Zeit.«
»Und was ist mit dem Arschloch?«
»Shadow? Wenn Sie ihn sehen, gehen Sie ihm einfach aus dem Weg. Rühren Sie ihn nicht an. Fangen Sie erst gar keinen Streit mit ihm an. Ich will unter keinen Umständen, dass Sie ihn zum Märtyrer machen. In unserem Konzept ist momentan kein Platz für Märtyrer.« Dann lächelte er sein narbenhaftes Lächeln. Mr. World war leicht zu belustigen, eine Tatsache, die Mr.
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