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Amerika

Amerika

Titel: Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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Boden aufgeflogen. Die ganze kleine Dienstleistung hatte nichts genützt, denn der Portier hörte auch weiterhin mit seinen bösen Blicken nicht auf.
    Trotzdem war Karl gefaßter als früher. Schon daß seine Sache für den Oberkellner so wenig Wichtigkeit zu haben schien, konnte man für ein gutes Zeichen halten. Es war schließlich auch nur begreiflich. Natürlich bedeutet ein Liftjunge gar nichts und darf sich deshalb nichts erlauben, aber eben deshalb, weil er nichts bedeutet, kann er auch nichts Außerordentliches
    anstellen. Schließlich war der Oberkellner in seiner Jugend selbst Liftjunge gewesen – was noch der Stolz dieser Generation von Liftjungen war –, er war es gewesen, der die Liftjungen zum erstenmal organisiert hatte, und gewiß hat auch er einmal ohne Erlaubnis seinen Posten verlassen, wenn ihn auch jetzt allerdings niemand zwingen konnte, sich daran zu erinnern, und wenn man auch nicht außer acht lassen durfte, daß er, gerade als
    gewesener Liftjunge, darin seine Pflicht sah, diesen Stand durch zeitweilig unnachsichtliche Strenge in Ordnung zu halten. Nun setzte aber Karl außerdem seine Hoffnung auf das Vorrücken der Zeit. Nach der Bürouhr war es schon viertel sechs, jeden
    Augenblick konnte Renell zurückkehren, vielleicht war er sogar schon da, denn es mußte ihm doch aufgefallen sein, daß
    Robinson nicht zurückgekommen war, übrigens konnten sich
    Delamarche und Renell gar nicht weit vom Hotel Occidental aufgehalten haben, wie Karl jetzt einfiel, denn sonst hätte auch Robinson in seinem elenden Zustand den Weg hierher nicht
    gefunden. Wenn nun Renell Robinson in seinem Bett antraf, was doch geschehen mußte, dann war alles gut. Denn praktisch, wie Renell war, besonders wenn es sich um seine Interessen
    handelte, würde er schon Robinson irgendwie gleich aus dem Hotel entfernen, was ja um so leichter geschehen konnte, als Robinson sich inzwischen ein wenig gestärkt hatte und überdies wahrscheinlich Delamarche vor dem Hotel wartete, um ihn in Empfang zu nehmen. Wenn aber Robinson einmal entfernt war, dann konnte Karl dem Oberkellner viel ruhiger entgegentreten und für diesmal vielleicht noch mit einer, wenn auch schweren, Rüge davonkommen. Dann würde er sich mit Therese beraten, ob er der Oberköchin die Wahrheit sagen dürfe – er für seinen Teil sah kein Hindernis –, und wenn das möglich war, würde die Sache ohne besonderen Schaden aus der Welt geschafft sein.
    Gerade hatte sich Karl durch solche Überlegungen ein wenig beruhigt und machte sich daran, das in dieser Nacht
    eingenommene Trinkgeld unauffällig zu überzählen, denn es schien ihm dem Gefühl nach besonders reichlich gewesen zu sein, als der Oberkellner das Verzeichnis mit den Worten
    »Warten Sie noch, bitte, einen Augenblick, Feodor« auf den Tisch legte, elastisch aufsprang und Karl so laut anschrie, daß dieser erschrocken vorerst nur in das große, schwarze Mundloch starrte.
    »Du hast deinen Posten ohne Erlaubnis verlassen. Weißt du, was das bedeutet? Das bedeutet Entlassung. Ich will keine Entschuldigungen hören, deine erlogenen Ausreden kannst du für dich behalten, mir genügt vollständig die Tatsache, daß du nicht da warst. Wenn ich das einmal dulde und verzeihe, werden nächstens alle vierzig Liftjungen während des Dienstes
    davonlaufen, und ich kann meine fünftausend Gäste allein die Treppe hinauftragen.«
    Karl schwieg. Der Portier war näher gekommen und zog das
    Röckchen Karls, das einige Falten warf, ein wenig tiefer, zweifellos um den Oberkellner auf diese kleine Unordentlichkeit im Anzug Karls besonders aufmerksam zu machen.
    »Ist dir vielleicht plötzlich schlecht geworden?« fragte der Oberkellner listig.
    Karl sah ihn prüfend an und antwortete: »Nein.«
    »Also nicht einmal schlecht ist dir geworden?« schrie der Oberkellner desto stärker. »Also dann mußt du ja irgendeine großartige Lüge erfunden haben. Welche Entschuldigung hast du? Heraus damit.«
    »Ich habe nicht gewußt, daß man telephonisch um Erlaubnis bitten muß«, sagte Karl.
    »Das ist allerdings köstlich«, sagte der Oberkellner, faßte Karl beim Rockkragen und brachte ihn fast in der Schwebe vor eine Dienstordnung der Lifts, die an der Wand aufgenagelt war. Auch der Portier ging hinter ihnen zur Wand hin. »Da, lies!« sagte der Oberkellner und zeigte auf einen Paragraphen. Karl glaubte, er solle es für sich lesen.
    »Laut!« kommandierte aber der Oberkellner.
    Statt laut zu lesen, sagte Karl, in der Hoffnung,

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