Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition)
außerdem wurde er von den Großunternehmen und vom amtierenden Präsidenten unterstützt.
John F. Kennedy – von Vertrauten Jack genannt – galt dagegen fast als Playboy, der noch kaum Nennenswertes geleistet hatte: Während seiner dreizehn Jahre in Repräsentantenhaus und Senat hatte er keinen einzigen wichtigen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht. Und von seinen Gegnern wurde gezielt die Sorge geschürt, mit einem Präsidenten Kennedy würden die Vereinigten Staaten praktisch vom Papst regiert werden – man fühlt sich an das Märchen vom »Muslim« Obama erinnert –, denn schließlich, so das Argument, hielten Katholiken den Papst für unfehlbar, müssten ihm also unbedingt Gehorsam leisten.
Außerdem stand der Name Kennedy für den systematischen Kauf von Einfluss und politischer Macht. Die Kennedys waren typische Emporkömmlinge. Vater Joseph hatte in den zwanziger Jahren an der Wall Street ein Vermögen gemacht und dieses Vermögen dann auch noch ohne größere Verluste durch Börsenkrach und Depression gerettet. Vieles deutet darauf hin, dass er Kontakte zum organisierten Verbrechen unterhielt, doch das konnte nie bewiesen werden. Trotz seines zweifelhaften Rufs wurde er von Roosevelt 1934 zum ersten Direktor der neuen Börsenaufsichtsbehörde Securities and Exchange Commission ernannt. Dort lernte Joseph Kennedy die Vorzüge öffentlicher Ämter schätzen. Er beschloss, einen Teil seines Vermögens in Macht und Ansehen zu investieren, für die gesamte Familie. Mit einem enormen finanziellen Beitrag zu Roosevelts zweitem Präsidentschaftswahlkampf – schon im ersten hatte er ihn massiv unterstützt – wurde er mit der Berufung zum Botschafter in London belohnt.
Kennedy und Roosevelt blieben aber nicht mehr lange Freunde. Dem Schriftsteller Gore Vidal hat Eleanor Roosevelt später von einem Zwischenfall in ihrem Landhaus berichtet. Das Präsidentenpaar hatte Joseph Kennedy, der seinen Urlaub in den Vereinigten Staaten verbrachte, zu sich eingeladen. Kaum war Kennedy angekommen, setzte Roosevelt ihn jedoch nach einem Gespräch unter vier Augen praktisch vor die Tür. Der vor Wut zitternde Präsident habe nur gesagt, dass er Kennedy nie wiedersehen wolle. Ein außergewöhnlicher Vorfall, auch weil Roosevelt sonst immer sehr beherrscht war.
Vermutlich hatte Kennedy, ein Appeaser, der eine Einigung mit Hitler befürwortete, in London entgegen klarer Anweisungen durch Roosevelts Regierung Kontakte zu Repräsentanten des Naziregimes gepflegt. Eleanor sagte nichts über die Ursache des Zwischenfalls. In dem Gespräch mit Vidal erzählte sie nur, dass sie Kennedy nach dem Hinauswurf noch stundenlang hatte fahren müssen, bis sie ihn in den nächsten Zug nach Hause setzen konnte; es seien die schrecklichsten vier Stunden ihres Lebens gewesen, fügte sie lachend hinzu. Sie frage sich, ob die wahre Geschichte von Joe Kennedy jemals bekannt werden würde.
Dass die ältere Generation von Politikern und Publizisten – einschließlich Steinbeck – John F. Kennedy skeptisch beurteilte, war also verständlich. Trotzdem wurde er schon vor seiner Wahl mit Franklin D. Roosevelt, Churchill und anderen großen Staatsmännern verglichen. Er besaß offensichtlich Begabung und Mut – für seine Dissertation Why England Slept hatte er den Pulitzer-Preis bekommen, und im Pazifikkrieg hatte er sich als Schnellbootkommandant ausgezeichnet –, das Wichtigste aber war, gerade in jenen unsicheren Zeiten, sein Charisma. »Eben noch wirkte er älter, als er war, achtundvierzig oder fünfzig, ein großer, schlanker, gebräunter Professor mit einem angenehmen, wettergegerbten Gesicht, nicht einmal besonders gut aussehend«, schrieb Norman Mailer, der für Esquire über Kennedys Wahlkampf berichtete. »Und fünf Minuten später, als er auf seinem Rasen eine Pressekonferenz gab, vor sich drei Mikrophone und eine laufende Fernsehkamera, hatte er sich vollkommen verwandelt und sah wieder wie ein Filmstar aus […] mit starken, schnellen Gebärden und erfüllt von jener geballten Vitalität, die erfolgreiche Schauspieler immer auszustrahlen scheinen.«
Beide Kandidaten waren keine unbeschriebenen Blätter. Das Gespenst McCarthys ging noch um, seine Themen spielten weiterhin eine wichtige Rolle. Der alte Kennedy, obwohl Demokrat, hatte die Kommunistenjagd immer entschieden gerechtfertigt. McCarthy war bei den Kennedys ein gerngesehener Gast gewesen, Robert hatte für ihn gearbeitet, die Schwestern waren mit ihm ausgegangen, und auch
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