Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost
an der ich beinahe verblute. Ich habe acht Tage im Koma gelegen. Du glaubst, ich hätte die Diamanten genommen. Wie? Wann?«
Ein Ausdruck von Triumph stanzt sich in sein Gesicht. »Ich sage dir, wie: Sie haben dein Haus nie verlassen. Du hast geholfen, die ganze Sache zu arrangieren – die Briefe mit der Lösegeldforderung, die DNA-Tests … du hast alle reingelegt. Und die Leute, die um die Wahrheit wussten, sterben zufällig immer dann, wenn du in der Nähe bist. Zuerst Ray Murphy, dann Gerry Brandt …«
Das kann nicht Keebals Ernst sein. Er ist verrückt. Ich habe den Mann schon immer für einen Fanatiker gehalten, aber jetzt führt er sich auf, als würden Eichhörnchen mit Messern in seinem Kopf jonglieren.
»Ich wurde angeschossen.«
»Vielleicht weil du versucht hast, ein doppeltes Spiel zu treiben. «
»Du hast Alexej angerufen«, schreie ich ihn an. »Du hast ihm gesagt, wo er Gerry Brandt finden kann. Seit Jahren verfolgst du ehrliche Polizisten, und jetzt zeigst du dein wahres Gesicht – du bist ein mieser Feigling.«
In der nachfolgenden Stille kann ich meine Kleidung knittern hören. Keebal glaubt, er weiß es. Nichts weiß er.
Um kurz nach fünf holt mich der Professor ab.
»Wie geht es Ihnen?«
»Ich habe immer noch meine Gesundheit.«
»Das ist gut.«
Ich genieße den Klang meiner Schritte auf dem Asphalt und
das Gefühl der Freiheit. Keebal hatte nicht genug in der Hand, um mich festzuhalten, und es gibt in diesem Land keinen Richter, der mir bei meinen Dienstjahren eine Freilassung auf Kaution verweigern würde.
In Joes Praxis hängen die Mitglieder unserer bunt zusammengewürfelten Sondereinheit weiter am Telefon oder vor dem Bildschirm, durchforsten elektronische Register und Telefonverzeichnisse. Irgendjemand hat ein Foto von Mickey neben das Fenster gehängt, um alle daran zu erinnern, warum man hier ist.
Die vertrauten Gesichter begrüßen mich – Roger, Margaret, Jean, Eric und Rebecca –, dazu einige neue, darunter zwei von Alis Brüdern.
»Wie lange sind sie schon hier?«
»Seit heute Mittag«, sagt Joe.
Ali muss sie angerufen haben. Sie muss die OP also überstanden haben. Ich frage mich, ob sie die Neuigkeit von Gerry Brandt schon gehört hat.
Rachel, die auf der anderen Zimmerseite sitzt, entdeckt mich und sieht mich hoffnungsvoll an. Sie fummelt am Kragen ihrer Bluse herum.
»Haben Sie mit ihm gesprochen? Ich meine… hat er irgendwas gesagt?«
»Er hat gesagt, er hätte Mickey freigelassen.«
Der Atem bleibt ihr im Halse stecken. »Was ist mit ihr geschehen ?«
»Ich weiß nicht. Er ist nicht mehr dazu gekommen, es zu sagen.« Ich wende mich an die anderen, damit es alle hören. »Jetzt ist es noch wichtiger, dass wir Kirsten Fitzroy finden. Sie ist vielleicht die einzige verbliebene Person, die weiß, was mit Mickey passiert ist.«
Wir stellen die Stühle im Kreis auf und bilden ein »Küchenkabinett«.
Margaret und Jean haben ein Dutzend von Kirstens ehemaligen Angestellten aufgetrieben, alles Frauen zwischen zweiundzwanzig
und vierunddreißig, viele mit ausländisch klingenden Namen. Sie reagierten zunächst abwehrend und nervös und wollten nicht reden – Sexjobs sind etwas, das man nicht an die große Glocke hängt. Keine von ihnen hat Kirsten gesehen, seit die Agentur geschlossen wurde.
Derweil hat Roger die alten Büroräume der Agentur besucht. Der Verwalter hat zwei Kisten mit Akten aufbewahrt, die nach dem Auszug der Agentur zurückgeblieben waren. Neben anderen Unterlagen finden sich Rechnungen eines pathologischen Labors darin. Die Mädchen sind auf Geschlechtskrankheiten untersucht worden.
In einer anderen Akte sind Kreditkartennummern und Initialen kodiert. Kirsten hatte wahrscheinlich ein Adressbuch mit den Namen zu den Buchstaben. Ich fahre mit dem Finger über die Seite und suche nach Sir Douglas’ Initialen. Nichts.
»Wir haben mehr als vierhundert Kliniken und chirurgische Praxen angerufen«, sagt Rachel. »Niemand hat eine Schusswunde behandelt, aber am 25. September wurde in einer Apotheke in Southwark eingebrochen. Irgendjemand hat Verbandsmaterial und Schmerzmittel gestohlen.«
»Rufen Sie den Apotheker an und fragen Sie, ob die Polizei Fingerabdrücke sicherstellen konnte.«
Margaret gibt mir einen Kaffee. Jean nimmt ihn mir wieder ab und spült die Tasse aus, bevor ich einen Schluck trinken kann. Mir ist nach etwas Stärkerem, etwas Warmem, Gegorenem, Goldenem.
Joe sieht mich allein auf der Treppe sitzen und nimmt neben mir
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