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Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost

Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost

Titel: Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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Schwerkraft ihren Lauf. Mein Kopf holpert über das Kopfsteinpflaster und prallt gegen die Mauer.

    Die Rampe ist leer. Die Leute haben sich zerstreut wie Kakerlaken. Nur Gerry Brandt liegt reglos da, und die Jacke, die seinen Kopf halb bedeckt, saugt sich langsam mit Blut voll.
    Es fallen keine weiteren Schüsse. Einer war genug.

33
    Fachleuten zufolge wird die Welt in fünftausend Millionen Jahren enden, wenn die Sonne sich aufbläht, die inneren Planeten verschlingt und den Rest verglühen lässt. Ich persönlich denke mir das Ende der Welt immer als eine Art doppelte Wiederkunft von Jesus Christus und Charlton Heston, die miteinander um das letzte Wort wetteifern. Vermutlich bin ich dann nicht mehr dabei.
    Das geht mir durch den Kopf, als ich auf der Rückbank des Polizeiwagens sitze und zusehe, wie sie Gerry Brandts Leiche fotografieren. Bewaffnete Polizisten schreiten paarweise von Haus zu Haus, durchsuchen Läden, Büros und Wohnungen. Sie werden nichts finden. Der Scharfschütze ist längst verschwunden.
    Campbell hat sich ebenfalls schnell verdrückt, um mir zu entkommen. Ich bin ihm bis zu seinem Wagen gefolgt und habe gebrüllt : »Wem hast du es gesagt? Wer wusste es?«
    Gleich nachdem ich Verstärkung angefordert hatte, muss irgendjemand Alexej einen Tipp gegeben haben. Wie hätte der Scharfschütze sonst wissen können, wo Brandt zu treffen sein würde? Es ist die einzig logische Antwort.
    Ein Dutzend Polizisten marschieren hintereinander die Rampe hinunter und blicken auf die Pflastersteine und das feuchte Laub zwischen ihren polierten Stiefeln. Eine Hand voll städtischer Arbeiter beobachtet das Geschehen, als würden sie später darüber geprüft.
    Die ganze Geschichte riecht nach einer abgekarteten Sache. Die Schuldigen werden niedergeschossen, unschuldige Menschen geraten ins Kreuzfeuer. Möglicherweise ist Howard einer
von ihnen. Ich verstehe immer noch nicht, wie er in das Szenario passt, aber ich kann mir vorstellen, dass er auf seiner Gefängnispritsche liegt und seine ersten Tage in Freiheit plant.
    Im Gefängnis schlafen Kindesmisshandler den Schlaf der Verdammten. Ihr Name geht von Zelle zu Zelle, wird zu einem Schlachtruf und schließlich zu einer Symphonie des Grauens, bei der ihnen der Schließmuskel flattern muss wie ein Schmetterlingsflügel.
    Die Leute von der Spurensicherung, alle in weißen Overalls, haben an fahrbare Kräne Bogenlampen montiert, die groteske Schatten an die Mauern werfen. Noonan leitet das Team und brüllt in einen Kassettenrekorder: »Das Opfer ist weiß, männlich, gut entwickelt und gut genährt. Blassviolette Kontusion auf der linken Stirnseite, desgleichen auf dem Nasenrücken. Möglicherweise verursacht durch den Sturz nach dem Schuss oder durch vorher erlittene Schläge ins Gesicht …«
    »New Boy« Dave bringt mir einen Kaffee. Er schmeckt wie Teer und weckt Erinnerungen an Überwachungseinsätze und endlose Nachtschichten.
    Noonan dreht die Leiche um, überprüft Jackentaschen und Futter und findet ein kleines, in Silberfolie gewickeltes Päckchen, das er zwischen zwei Fingerspitzen hochhält.
    Dave verzieht das Gesicht. »Also, ich bin froh, dass der Typ tot ist.«
    In Anbetracht dessen, was mit Ali geschehen ist, kann man das verstehen. Er begreift nicht, warum ich Gerry lebend gebraucht hätte. Dave lockert seine Krawatte und knöpft den obersten Hemdknopf auf.
    »Es heißt, Sie würden versuchen, die Verurteilung von Howard Wavell anzufechten.«
    »Nein.«
    »Außerdem sagt man, Sie hätten Alexej Kuznets Diamanten gestohlen. Korrupt sind Sie angeblich auch.«
    »Und was glauben Sie?«

    »Ali denkt das nicht.«
    Oben rumpelt rot und gelb glänzend ein Doppeldeckerbus vorbei. An den Scheiben der erleuchteten Kabine lehnen Köpfe, Gesichter blicken gelangweilt auf uns herab. Aus dieser Perspektive wirkt London wahrscheinlich nicht besonders aufregend. Die Dämmerung nimmt den Sehenswürdigkeiten die Konturen, und die bloße Aufzählung von Straßennamen, die man von Monopoly kennt, hat keinerlei Zauber.
    Ich bin verhaftet worden. Campbell hat darauf bestanden. Wenigstens hat Dave die Handschellen weggelassen, offenbar zählt meine Vergangenheit doch noch irgendwas. Ich könnte sogar die Blicke der anderen Polizisten ertragen, wenn Ali unter ihnen wäre und sie nie in die Geschichte verwickelt worden wäre.
    Nachdem die Spurensicherung am Tatort fertig ist, werde ich zur Harrow Road Police Station gefahren und durch eine Hintertür zur Meldestelle

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