Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost
bin. Er steigt zwei Treppenabsätze hinauf zu einer schweren Feuerschutztür. Er stößt sie auf, und wir betreten ein karges geteertes Rechteck, das Krankenhausdach. Eine Böe schlägt mir ins Gesicht, und Joe packt mich am Hemd, um mich festzuhalten. Der graue Himmel hängt schwer über uns. Eine flache Backsteinmauer mit weißer Krone markiert den Außenrand des Gebäudes. Darauf erhebt sich ein nach innen gewölbter Sicherheitszaun mit Stacheldraht.
Joe geht langsam daran entlang und wirft hin und wieder einen Blick auf die Gebäude der Umgebung, als wollte er seinen inneren Kompass einstellen. An der Nordostecke des Gebäudes beugt er sich nah an den Zaun. »Sehen Sie den Park da unten – den mit dem Brunnen?« Ich folge seinem Blick. »Das ist der Versammlungsort
im Fall einer Evakuierung. Dort sollten sich alle treffen, als das Krankenhaus geräumt wurde. Sie auch. Die können unmöglich gewusst haben, dass Sie drinnen zurückbleiben. «
Jetzt sind wir wieder auf derselben Frequenz. »Vielleicht sollte er sich in meinem Zimmer verstecken und mich bei meiner Rückkehr umbringen.«
»Oder man wollte Sie draußen töten.«
Joe geht in die Hocke und betrachtet die feine Rußschicht auf der Mauerkrone, diesen schwarzen Film, der bis zum nächsten Regen alles in London bedeckt. Auf der Oberfläche zeichnen sich drei kreisrunde Abdrücke von der Größe eines Pennys ab. Darunter finden sich zwei größere Abdrücke auf dem Boden.
Irgendjemand hat vor einem Stativ auf der Mauer gekniet – ein einsamer Scharfschütze mit dem Finger am Abzug und den Wimpern an der Linse hat den Parkplatz anvisiert. Die Härchen an meinen Unterarmen stehen zu Berge.
Eine Viertelstunde später ist das Dach abgeriegelt und ein Team der Spurensicherung bei der Arbeit. Campbell knabbert daran, von einem klinischen Psychologen blamiert worden zu sein.
Joe führt mich nach unten in die Cafeteria – eine dieser sterilen Abfütterungshallen mit gekacheltem Fußboden und Edelstahltresen. Cedric, der Leiter, ist ein Jamaikaner mit unglaublich dichten Locken und einem Lachen, als würde jemand Nüsse mit einem Ziegelstein knacken.
Er bringt uns Kaffee, zieht eine kleine Flasche Scotch aus seiner Schürzentasche und gießt mir einen Schluck ein. Joe scheint es nicht zu bemerken. Er ist zu beschäftigt damit, die fehlenden Mosaiksteinchen zu ergänzen.
»Scharfschützen sind ihren Opfern gegenüber emotional völlig unbeteiligt. Es ist wie bei einem Computerspiel.«
»Er könnte also jung sein?«
»Und isoliert.«
Typischerweise interessiert sich der Professor mehr für das Warum als für das Wer; er sucht nach einer Erklärung, während ich ein Gesicht für meinen leeren Bilderrahmen brauche, jemanden, den ich fangen und bestrafen kann.
»Ich hatte heute Morgen Besuch von Alexej Kuznet. Ich glaube, ich weiß jetzt, warum ich im Fluss war. Es ging um Lösegeld. «
Joe zuckt nicht mit der Wimper.
»Er wollte mir die Details nicht erzählen, aber es muss ein Lebenszeichen aufgetaucht sein. Ich muss geglaubt haben, dass Mickey noch lebt.«
»Oder Sie haben es sich gewünscht.«
Ich weiß, was er meint. Er hält mich für nicht ganz zurechnungsfähig.
»Okay, wollen wir uns ein paar Fragen stellen«, sagt er. »Wenn Mickey noch lebt, wo ist sie dann in den vergangenen drei Jahren gewesen?«
»Ich weiß nicht.«
»Und warum sollte irgendjemand drei Jahre warten, bis er ein Lösegeld fordert?«
»Vielleicht wurde sie ursprünglich nicht wegen des Lösegelds entführt.«
»Okay. Wenn nicht wegen des Lösegelds, warum dann?«
Ich gerate ins Schwimmen. Ich habe keine Ahnung. »Vielleicht wollte man Alexej bestrafen.«
Das klingt nicht sehr überzeugend.
»Für mich hört es sich eher an wie ein Schwindel. Irgendjemand aus der Umgebung der Familie oder der damaligen Ermittlung wusste genug, um verzweifelte Menschen davon überzeugen zu können, dass Mickey noch lebt.«
»Und die Schüsse?«
»Sie haben sich zerstritten, oder irgendjemand ist gierig geworden. «
Das klingt sehr viel vernünftiger als meine Theorie.
Joe nimmt sein Notizbuch heraus und fängt an, Linien zu zeichnen, als wollte er Schiffe versenken spielen.
»Sie sind doch in Lancashire aufgewachsen, oder?«
»Was hat das jetzt damit zu tun?«
»Ich stelle Ihnen bloß eine Frage. Ihr Stiefvater war im Krieg Pilot bei der Royal Air Force.«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich erinnere mich, dass Sie es mir einmal erzählt haben.«
Ich habe vor Wut einen Kloß im
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