Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost
Ich hätte dafür gesorgt, dass uns mithilfe der Signale irgendjemand folgt. Alexej hatte am meisten zu gewinnen. Es waren seine Diamanten, und es war seine Tochter.
Joe wiegt den Sender in seiner Hand. »Aber wie ist das Lösegeld in Ihrem Schrank gelandet? Irgendwas muss schief gelaufen sein.«
»Sagen Sie bloß! Ich wurde angeschossen.«
»Aber überlegen Sie mal. Sie waren zehn Tage im Krankenhaus. Wenn Alexej wüsste, dass Sie die Diamanten haben, hätte er sich das Zeug jederzeit holen können. Stattdessen hat er gewartet. «
»Vielleicht wollte er, dass ein anderer sie vor ihm findet – Keebal zum Beispiel.«
Beinahe sofort versuche ich, den Gedanken beiseite zu schieben. Ich glaube nicht an Verschwörungstheorien und habe abgesehen von seinem Job, der darin besteht, Kollegen nachzuspionieren, auch nichts gegen Keebal, aber jemand hat ihm die Sache mit den Diamanten gesteckt. Das muss Alexej gewesen
sein. Arbeiten die beiden zusammen oder versuchen sie nur, sich gegenseitig zu benutzen?
Der Professor betrachtet noch immer die Verpackung, als wollte er ihre ursprüngliche Größe rekonstruieren.
»Was machen wir jetzt?«, fragt Ali, als sie nach oben zurückkommt.
»Wir machen uns den hier zunutze.« Ich werfe ihr den Sender zu.
Sie grinst. Wir denken beide das Gleiche. »Hatten Sie an den Intercity Express gedacht?«
»Nee, viel zu schnell.« Ich gucke auf die Uhr. »In Wapping laufen gerade die Druckerpressen an. Und manche von den Zeitungslastern fahren bis nach Cornwall hinunter.«
Bon voyage!
13
Tropfen von Kondenswasser rinnen am Mansardenfenster hinab und malen Regenbogenmuster auf die Fensterbank. Welcher Tag ist heute? Donnerstag. Nein, Freitag. Ich liege auf dem Bett und lausche LKWs, Pressluftbohrern und rufenden Arbeitern, die Melodie der Morgendämmerung in London.
Wider besseres Wissen habe ich mich gestern Abend von Ali hierher bringen lassen – in das Haus ihrer Eltern in Milwall. In ihrer Wohnung konnten wir nicht bleiben – nicht nach den Ereignissen von gestern.
Alis Eltern schliefen schon, als wir kamen, und meine Erschöpfung trieb mich wenig später ins Bett. Ali zeigte mir das Zimmer und legte ein Handtuch und ein Stück Seife aufs Fußende des Bettes wie in einer noblen Pension.
Es muss Alis altes Zimmer sein. Auf den Regalen und Bücherschränken drängen sich Elefanten jedweder Art, von kleinen Glasfiguren bis zum großen pelzigen Mammut, das die Holztruhe am Bettende bewacht.
Es klopft leise. »Ich bringe Ihnen eine Tasse Tee«, sagt Ali und stößt die Tür mit der Hüfte auf. »Außerdem muss ich den Verband an Ihrem Bein wechseln.«
Sie trägt einen Morgenmantel mit ausgefranster Kordel und einem gestickten Elefanten auf der Tasche. Ihre Füße sind nach außen gewandt, und ihre Haltung erinnert, obwohl sie sich so anmutig bewegt, ein bisschen an einen Pinguin.
»Wie haben Sie geschlafen?«
»Großartig.«
Sie weiß, dass ich lüge. Sie setzt sich neben mich und legt Schere, Verband und Pflaster bereit. In der nächsten Viertelstunde
sehe ich ihr dabei zu, wie sie den Verband um meinen Oberschenkel wechselt.
»Die Fäden können bald gezogen werden.«
»Wo haben Sie Erste Hilfe gelernt?«
»Ich habe vier Brüder.«
»Ich dachte immer, die Inder seien friedfertig.«
»Sie fangen ja auch nicht an.«
Sie schneidet den letzten Klebestreifen ab und wickelt ihn um meinen Oberschenkel. »Tut es weh heute?«
»Nicht übermäßig.«
Sie will mich nach dem Morphium fragen, überlegt es sich jedoch anders.
Als sie sich vorbeugt, um nach der Schere zu greifen, öffnet sich ihr Morgenmantel. Ich sehe ihre Brüste unter einem T-Shirt und die dunklen, langen Spitzen der Brustwarzen. Sofort wende ich den Blick schuldbewusst wieder ab.
»Und was wollen Sie mit den Diamanten machen?«, fragt sie.
»An einem sicheren Ort verstecken.« Ich blicke mich um. »Sie scheinen Elefanten zu mögen.«
Ein verlegenes Lächeln tritt in ihr Gesicht. »Sie bringen Glück. Deswegen heben sie den Rüssel.«
»Und was ist mit dem da?« Ich zeige auf das Stoffmammut, dessen Rüssel herabhängt.
»Ein Geschenk von einem Exfreund. Den gibt es auch nicht mehr.«
Sie sammelt die Schnipsel ein und streicht ein Spitzendeckchen auf dem Nachttisch glatt. »Ich hatte heute Morgen einen Anruf wegen Rachel Carlyle.« Sie macht eine Pause, und meine Hoffnung schnellt in die Höhe. »Sie hatte eine Art Nervenzusammenbruch. Ein Nachtwächter hat sie in einem gestohlenen Wagen auf einer
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