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Amnion 2: Verbotenes Wissen

Amnion 2: Verbotenes Wissen

Titel: Amnion 2: Verbotenes Wissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Das verstand sie nicht: Ihre Kabine hatte gar keine derartigen Wände. Doch anscheinend geschah es wirklich.
    Andere Einzelheiten ihrer Umgebung vermochte sie genausowenig einzuordnen. Wieso befand sie sich in der Senkrechten? Warum hatte sie das Gefühl, an den Armen zu hängen? Sie konnte sich diese Eindrücke nicht erklären. Aber allem Anschein nach waren sie so sehr Wirklichkeit wie die Wände.
    Doch natürlich bewegten sich nicht die Wände: Sie selbst bewegte sich. Ihre Stiefel schleiften übers Deck. Man stützte, trug sie: Unter ihren Armen spürte sie harte Schultern.
    Diese Berührung erneuerte ihre Panik.
    Als sie zum Lift gelangte, war Morn wach genug, um Widerstand zu leisten.
    Aber sie war zu schwach. Unermeßliches Schlafbedürfnis zog sie nieder, raubte ihr die Kräfte; die dösige Benommenheit zwischen Wachen und Schlafen lähmte ihr die Muskeln. Trotzdem wehrte sie sich fortgesetzt, zwar schwach, aber starrsinnig. »Laß sie los«, sagte schließlich neben ihr eine Stimme. »Wir wollen mal sehen, ob sie stehen kann.«
    Die fremden Schultern wichen von ihren Seiten.
    Morn fiel beinahe der Länge nach aufs Gesicht.
    Mehr aus Glück als dank irgend etwas anderem schaffte sie es, sich an der Lifttür abzufangen.
    »Nimm dich zusammen!« sagte die Stimme. »Wir kriegen das schon hin. Wir bringen dich ins Krankenrevier.«
    Allmählich kam Morn die Stimme bekannt vor.
    Sie hielt den Atem an, um gegen ihr Schwanken anzukämpfen, drehte sich um und zwang sich, die Augen auf die zwei Männer zu heften, die auf einer Armlänge Abstand von ihrer abwarteten, sie beobachteten.
    Einer von ihnen war Vector Shaheed.
    Der andere Mann mochte derselbe sein, der auf der Brücke an der Datensysteme-Kontrollkonsole gesessen hatte. Sicher war Morn sich nicht. Die Körpergröße stimmte; auch die Deformiertheit der Gestalt…
    Keiner von beiden hatte das Kontrollgerät des Z-Implantats. Wenigstens nicht in der Hand, wo sie es hätte sehen können.
    Es war Vectors Stimme, die bekannt geklungen hatte.
    »Morn, sag was«, drängte Vector sie. »Zeig uns, daß du nicht verrückt bist.«
    Morn zwinkerte ihn an und versuchte zu überlegen, aber sie konnte seine Frage nicht verstehen. Es beschäftigten sie schon zu viele eigene Fragen, sie hatte zuviel Furcht; ein Wirrwarr, vergleichbar mit dem Lärm einer Menschenmenge, die rundum heranrückte, beherrschte ihr Gehirn. Der ganze Leib tat ihr weh; ihr war zumute, als hätte sie Stunden in einem Schlackepulverisator zugebracht. So fühlten sich die Folgen der G-Belastung an, der Schwerkraft und des Schlafs in völliger Hilflosigkeit…
    »Warum…?« krächzte sie mühsam.
    Warum bin ich hier?
    Wieso bin ich wach?
    »Wir müssen wissen, ob das Hyperspatium-Syndrom dich noch im Griff hat«, erklärte Vector. »Falls ja, bringen wir dich ins Krankenrevier und führen ’n paar Tests durch. Vielleicht stoßen wir auf ’ne Möglichkeit, um dir zu helfen.« Sein Lächeln wirkte etwas zu krampfhaft; er sah erschöpft aus. »Das ist Orn Vorbuld.« Er wies auf seinen Kameraden. »Einen MediTech haben wir nicht an Bord, aber er hat im Krankenrevier reichlich Erfahrung gesammelt.«
    Noch immer durchschaute Morn nicht, um was es ihm ging; ihr Hirn hinkte den tatsächlichen Ereignissen hinterher. Ihre Gedanken kamen nicht über den verhängnisvollen Ausblick hinaus, mit dem es sie konfrontierte, ins Krankenrevier geschafft zu werden.
    Jede Routineuntersuchung durch die cybernetischen Systeme eines einigermaßen tauglichen MediComputers müßte ihr Z-Implantat feststellen. Und die Käptens Liebchen hatte bestimmt einen brauchbaren MediComputer. Wenn Vector sie untersuchen ließ, erfuhr er die Wahrheit.
    Er mußte die Wahrheit schon wissen. Oder nicht? Wieso sonst könnte sie wach sein? Vector mußte das Kontrollgerät gefunden und abgeschaltet haben.
    »Nicht ins Krankenrevier«, stöhnte Morn ratlos, den Tränen nahe, in der Zeugung, so gut wie am Ende zu sein. »Bitte nicht…«
    »Weshalb nicht?« Vector musterte sie aufmerksam, aber ohne Ungeduld.
    Sein Kamerad dagegen glotzte sie an, als befürchtete er, sie könnte jeden Moment Feuer speien.
    Urplötzlich schuf die Spannung zwischen den gegensätzlichen Tendenzen ihrer Panik – der Furcht, schon ertappt zu sein, der Sorge, bald entlarvt zu werden – in der Mitte, ähnlich wie durch Coriolis-Kraft, einen Freiraum, einen mentalen Ort, an dem Morn wieder denken konnte.
    Vielleicht hatte Vector das Kontrollgerät doch nicht entdeckt. Er

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