Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht
seine Vorbehalte hinwegsieht. Und wahrscheinlich kennen Sie ’n paar Geheimnisse, die Sie ihm verkaufen können, und wenn bloß zur Sicherheit. Wir haben während eines langen Zeitraums wiederholt zusammengearbeitet. Deshalb habe ich Ihrerseits etwas Entgegenkommen verdient.« Allem Anschein nach beunruhigten ihn die Observationsgeräte weniger als Angus; dennoch wählte er seine Worte sorgfältig. »Darum behaupten Sie nicht, Sie könnten mir nicht helfen, bevor Sie wissen, was ich von Ihnen will.«
»Na schön.« Taverner stieß einen Seufzer aus. Er paffte so hektisch, daß er gehörig die Luft verpestete. »Machen Sie’s nicht so spannend. Raus mit der Sprache! Wenn ich endgültig nein sagen muß, möchte ich’s hinter mich bringen. Worum geht’s Ihnen?«
Aus den Bühnenlautsprechern gellte ein Scheppern, das wohl Zimbelklang sein sollte. Die grelle Helligkeit, die erstrahlte, als die Scheinwerferkegel sich zu einem Schlaglicht vereinten, schuf ringsum für einige Augenblicke tiefe Dunkelheit. Die Männer und Frauen an den Tischen und am Tresen schauten erwartungsvoll hinüber zur Bühne.
Angus lehnte sich an die Wand, als ob er sich von Succorso und Taverner distanzierte, ließ beiderseits des Stuhls die Arme hinabbaumeln.
»Ich bin in einige Schwierigkeiten verwickelt worden«, gestand Nick Succorso, als wäre diese Einlassung erforderlich. »Das haben Sie sich vielleicht schon gedacht. Meinetwegen parkt eine gottverdammte Amnion›Defensiveinheit‹ an der Station, und eine zweite schwebt oben in ’m Orbit, aus dem sie uns bis in unsere subatomaren Partikel zertrümmern kann.« Er blickte zur Bühne, als wollte er, ehe er zur Sache kam, den Anfang der Vorstellung abwarten. »Ich stecke tief in der Scheiße, so tief, daß ’s gar nicht so leicht ist, sich daraus freizukämpfen. Ich glaube, man muß sagen« – die Narben unter seinen Augen waren fahl, hatten die Farbe der Furcht angenommen – »ich habe mich in letzter Zeit ’n paarmal ernsthaft verrechnet. Verschaffe ich mir nicht bald Hilfe, muß ich alles verkaufen, was ich habe, bloß um am Leben zu bleiben.«
Was verkaufen? überlegte Angus. Was hatte Nick Succorso anzubieten? DA-Geheimnisse? Angus’ Magen krampfte sich zusammen. Oder Morn?
Bei dem bloßen Gedanken, Scheißkapitän Schluckorso könnte Morn verkaufen, um sein dreckiges Leben zu retten, befiel Angus der Wunsch, ihm das Genick zu brechen.
Wir haben ein Verbrechen…
Hatte Angus nicht das gleiche getan? Hatte nicht auch er sich auf Morns Kosten gerettet?
Nein. Nein. Er war mit ihr eine Abmachung eingegangen. Und er hatte sie eingehalten.
Jedenfalls bis Lebwohl ihm Elektroden in den Schädel gepiekt und aus ihm die Wahrheit hervorgequetscht hatte.
Damit muß Schluß sein.
»Wieviel Geld haben Sie?« erkundigte Succorso sich bei Taverner.
Der Ex-Sicherheitsdienstleiter schnaubte. »Wie kommen Sie auf die Idee, daß ich das Ihnen verrate?«
Aus den Bühnenlautsprechern drang ein weiteres Klirren. Im Schlaglicht erschien eine Frau, als ob die Finsternis rundherum sie ausspiee. Emissionen durchflirrten wie ein Aufschrei Angus’ Blickfeld. Rings um das Herz und tief im Bauch der Frau wurden für seine artifiziell verstärkte Sicht wie Sterne elektromagnetische Nodi erkennbar. Eine Melderin jedoch war die Person nicht; für Kommunikationszwecke hatte sie die falsche Aura. Die ihr implantierten Geräte dienten einem anderen Zweck.
Sie trug eine gesteppte Jacke und ebensolche Hose, die aussahen, als hätte man sie zum Schutz gegen Stunnerknüppel geschaffen. Ein sorgsam geflochtener Zopf war um ihren Kopf gewunden, spiegelte das Licht wider, glänzte hell. Auch hatte sie ein reizendes Gesicht, zierlich und hübsch geschnitten. Aber ihren Mund verzerrte ein Ausdruck, als stünde sie kurz vor dem Losschluchzen, und in ihren Augen stand die Erinnerung an vergangene Schmerzen.
Nick Succorso drehte sein Glas zwischen den Handflächen. »Der Kassierer hat etwas, das mir gehört«, sagte er. »Ich hab’s den Amnion versprochen, aber er will damit nicht rausrücken. Das ist der Grund, wieso ich mich mit Schwierigkeiten rumärgern muß. Ich habe zuwenig Geld, um zu blechen, was der Kassierer verlangt, und erhalten die Amnion nicht, was sie von mir fordern, verhackstücken sie mich zu Hundefutter. Ich möchte, daß Sie mir soweit helfen, damit ich den Kassierer bezahlen kann.«
Angus verkniff es sich, ihn zu unterbrechen. Eigentlich kümmerte es ihn nicht, was Succorso und Taverner
Weitere Kostenlose Bücher